Duisburg. Die Duisburger Filmwoche hat am Samstagabend die herausragenden Werke ausgezeichnet. Valentina Primavera ist bei Ehrung zu Tränen gerührt.
Die herausragenden Filme der Duisburger Filmwoche wurden am Samstagabend prämiert. Während die Macher ein Plädoyer für den Dokumentarfilm hielten, sorgte eine junge Frau für den bewegendsten Moment der Preisverleihung.
Duisburg-Preis geht an kluge Inszenierung einer Familiengeschichte „Un cuento sin ti
Doch alles der Reihe nach: Der Preis der Stadt Duisburg ging in die Hände von Michael Fetter Nathansky für die Dokumentation seiner eigenen Familien-Geschichte „Un cuento sin ti“. Die Jury lobt die Art, wie der Regisseur die Wohnung als Theaterbühne und als Erinnerungsort an den patriarchalen Vater inszeniert: „Dieser Prozess jedoch verläuft klug und lustvoll, nicht zuletzt dadurch, dass der Regisseur auch sich selbst zum Gegenstand seiner performativen Untersuchungen macht, verwundbar auftritt.“
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Wie steht es um das Genre des dokumentarischen Films, angesichts der unzähligen Memes und lustigen Kurzfilmen, die dank Handy-Kamera und „Influenzer“ virenartig in den sozialen Medien und auf Youtube die Festplattenspeicher füllen? Abnutzungserscheinungen will Wolfgang Bergmann, Geschäftsführer bei Arte, deshalb aber nicht erkennen: „Der Dokumentarfilm boomt, weil gute Dokumentationen Orientierung geben – sie sind eine Gegenbewegung zum Bilderkonfetti.“
Arte prämiert Dokumentation über rumänische Pilzsammler
Arte will dieses Genre künftig weiter ausbauen. Der Fernsehsender kürt Bernd Schochs Dokumentation über die prekäre Arbeit rumänischer Pilzsammler in den Karpaten zum Sieger unter 16 Nominierungen. „Olanda“ macht die „ökonomischen Verflechtungen dieser Parallelwirtschaft sichtbar“ und sei vor allem durch die „magische, wirklichkeitsentrückten Bilder für Menschen wie Landschaften“ kinematografisch herausragend. Schoch zeigt sich kopfkratzend und von dem Lob und dem Preisgeld von 6000 Euro sichtbar überrascht: „Ich bin geplättet.“
Auch 3sat-Koordinatorin Natalie Müller-Elmau unterstreicht die Bedeutung des non-fiktionalen Films. Die Jury hat sich hier entschieden für Sebastian Brameshubers Verwebung einer mythischen Erzählung über den Beginn des Eisenabbaus am österreichischen Erzberg mit dem Job des Nigerianers Clifford Agu, der Maschinen in Einzelteile zerlegt und verkauft. Der Film „Bewegungen eines nahen Bergs“ ergründe, „was mitschwingt im Dazwischen: Entwurzelung, Migration, Anpassung, Leben und Überleben“, lobt die Jury die filmische Form, „die – unprätentiös und elaboriert – einen magischen Materialismus einfordert“.
Rührende Momente bei der Auszeichnung von „Una Primavera“
Rührende Momente gibt es bei der Verleihung der „Carte Blanche“ – dem Nachwuchspreis des Landes NRW. Der Preis von 5000 Euro soll ambitionierten Filmemachern einen Anschub geben, ihre Arbeit fortsetzen zu können. Jungregisseurin Valentina Primavera setzt sich in ihrem bewegenden Film „Una primavera“ mit ihrer patriarchal geprägten Familienstruktur auseinander. „Er führt beispielhaft vor, warum die Konsequenzen des Patriarchats und der strukturellen Gewalt nicht einfach vergessen werden können – und auch nicht vergessen werden wollen“, lobt die Jury.
Dabei ,erwischt’ es „Una primavera“ gleich doppelt, denn schon zuvor hatte sich die Arte-Jury begeistert geäußert über ihre „sehr persönliche Arbeit von großer geschlechterpolitischer Tragweite“. Regisseurin Valentina Primavera kämpft ob des allseitigen Lobes sichtbar mit ihrer Rührung: „Es ist für mich die Bestätigung, dass es Räume gibt für Menschen, die versuchen, ein Tabu zu lösen.“