Duisburg. Die Karnevalsgesellschaft Blau-Rot Sonniger Süden ist im Aufwind. Weil sie in vielen Bereichen neue Wege ging. Auch beim Präsidentenwechsel.
Für Willi Garohn (67) und Oliver Wolters (51) ist die Session, die in diesen Tagen startet, eine besondere. „Für uns ist das ein seltsames, neues Gefühl“ versucht Wolters die Gemütszulage zu umschreiben. Denn der eine stand 47 Jahre an der Spitze der Karnevalsgesellschaft Sonniger Süden Blau-Rot. Der andere ist sein Nachfolger. Beide haben sie auf beispielhafte Weise schon vorher gemeinsam dafür gesorgt, dass der Verein aus einer Flaute kam.
Es gibt zwei Sätze, mit denen man jeden Verein ruinieren kann, da sind sich die beiden Karnevalisten einig: „Das haben wir immer so gemacht“ und „Das haben wir aber nie so gemacht.“ Und so machten sie es halt anders.
Gezielt junge Leute ins Boot geholt
Zum Beispiel beim Präsidentenwechsel. Willi Garohn gab vor geraumer Zeit bekannt, dass die vergangene Session, in der Blau-Rot sein 66-jähriges Bestehen feierte, seine letzte an der Spitze des Vereins sein würde. Schließlich war der gelernte Starkstromelektriker der jüngste Vorsitzende einer Duisburger Gesellschaft, als er den Posten Anfang der 70-er Jahre im Alter von 20 übernahm. Karneval, das war neben der Familie und der Berufstätigkeit bei der Deutschen Bahn, sein Leben. „Aber ich habe zuletzt gemerkt, dass nach all den Jahren ein bisschen die Luft raus war“, meint er selbstkritisch.
Doch für die neuen Impulse gab es andere. „Zum Beispiel meinen Sohn Björn, der ebenfalls in ganz jungen Jahren 1. Vorsitzender wurde“, so Garohn. Sein Stammhalter sorgte für den ersten frischen Wind, indem er für die inzwischen weithin bekannte Elferratsshow junge Leute mit ins Boot holte. Und dann war da auch noch Oliver Wolters, der 1995 zu den Blau-Roten gestoßen war, und der von Anfang an ein Händchen dafür bewies, jüngere Mitstreiter an den Verein zu binden.
Mitgliederzahl verdoppelte sich in wenigen Jahren
Da konnte der gelernte Kfz-Mechaniker so richtig austoben, seitdem er 2010 zum Geschäftsführer gewählt wurde. Wolters hatte so manche Idee, die im Verein zunächst auf Skepsis stieß. Dazu gehörten die Gründung einer Tanzgarde, die aktuell auch noch durch eine Mini-Garde erweitert wurde, und eine Kindersitzung, die vom Publikum seit zwei Jahren begeistert angenommen wird. „Willi hat mich machen lassen, stand oft zunächst als einziger hinter mir.“
Das Resultat: Von 80 stieg die Zahl der Mitglieder in wenigen Jahren auf über 170 an. Was nicht zuletzt an der Auftragstaktik lag, mit welcher der jüngere Karnevalist Wolters auch den alten Hasen Garohn überzeugte. „Wenn im Verein etwas getan werden soll, dann gucken wir keinen aus und sagen, du musst das jetzt genau so und so machen“, erläutert Wolters. „Wir sagen, wir könnten uns vorstellen dieses und jenes zu machen, ob das wohl jemand übernehmen könne.“ Die sich dann melden, haben bei der Umsetzung freie Hand. „Mehr als schief gehen kann es ja nicht“, grinst Wolters. Was aber selten passiere. „Und wenn es klappt, sind die Mitglieder natürlich motiviert.“ So könne man inzwischen auf viele junge Akteure zählen, darunter auch Eltern der Kinder in der Tanzgarde.
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„Wir machen modernen Karneval.“
„Wir machen modernen Karneval“, betonen beide. Da gebe es für Eitelkeiten nicht so viel Platz. So ist sich Willi Garohn nicht zu fein, als Ehrenpräsident weiter den Kartenverkauf und das Aufstellen der Tische bei den Sitzungen zu regeln. „Ich kenne das doch ganz genau.“ In die Vereinsführung allerdings wolle er sich nicht mehr einmischen. „Oli ist jetzt der Boss“, strahlt Garohn. Und so ein Satz eines langjährigen ehemaligen Vereinsvorsitzenden ist, jedenfalls ohne ironischen Unterton, im Karneval auch nicht alltäglich.
Noch ein Tipp vom Fachmann
Erfolg könne man leicht verspielen, meinen Oliver Wolters und Willi Garohn. „Deshalb sollten wir schön am Boden bleiben.“ Gemeint ist: Die Blau-Roten wollen sich hüten, nun großspurig aufzutreten, noch mehr Veranstaltungen zu machen oder teure Stars zu verpflichten.
„Wir machen weiter unseren, weitgehend handgemachten Karneval für unser Publikum in der Pausenhalle der Schule an der Falkstraße“, betont Oli Wolters. Bodenhaftung sei aber auch deshalb wichtig, weil es nicht nur immer aufwärts gehen könne. „Irgendwann kommt mit Sicherheit auch mal wieder ein Rückschlag.“