Duisburg. Der junge Regisseur bringt bereits die dritte große Oper auf die Bühne. Im März hatte seine Inszenierung von Gounods „Romeo et Juliette“ Premiere

Mit Anfang 30 die dritte große Operninszenierung: Sogar Philipp Westerbarkei scheint sich über seine Karriere an der Deutschen Oper am Rhein zu wundern. Auf Gounods Tragödie „Romeo et Juliette“, die im März in Düsseldorf Premiere hatte und im Februar nach Duisburg kommt, folgt am 8. November die Premiere von Puccinis „La Boheme“. Bereits 2018 hat Westerbarkei in Coburg Mozarts „Zauberflöte“ inszeniert.

In seiner ersten Spielzeit als Intendant des Landestheaters Coburg hat Bernhard F. Loges, bis 2018 Dramaturg an der DOR, den jungen Mann mit der Regie der „Zauberflöte“ betraut, den er zehn Jahre zuvor vom Studium der Theaterwissenschaften in Bochum in die Rheinoper-Dramaturgie geholt hatte. Philipp Westerbarkei hat dann so ziemlich alles gemacht, was an einem Opernhaus anfällt, bevor er 2013 Spielleiter wurde.

„La Boheme ist wie Bundesliga: Jeder weiß es besser als der Trainer“

Er hat fürs junge Publikum unter anderem eine „Zauberflöte“ und die „Wo die wilden Kerle wohnen“ inszeniert, er hat in der „Young Directors“-Reihe Leonard Bernsteins Einakter „Trouble in Tahiti“ vorgestellt und sich dann den „Riesenherausforderungen“ dreier „A-Opern“ gestellt. Die auch deswegen herausfordernd seien, weil die Erwartungshaltung des Publikums aufgrund der langen Tradition groß sei. „La Boheme“ gehört zu den weltweit am häufigsten aufgeführten Opern und war auch an der Rheinoper erst 2010 von Robert Carsen als spritzige Komödie inszeniert worden.

„La Boheme ist wie Bundesliga. Jeder weiß es besser als der Trainer“, sagt Philipp Westerbarkei. Er versuche, der ursprünglichen Intention des Stoffs nachzuspüren. Dazu habe er sich auch den Fortsetzungsroman von Henri Murger vorgenommen, der das Leben einer im Grunde verirrten Generation schildere. Die zentrale Frage laute: Was bedeutet es für einen Künstler, Kunst zu machen?

Die Schattenseiten der Liebe und die Zerrissenheit der Charaktere zeigen

Auch den Liebesbegriff will Westerbarkei hinterfragen. Schließlich bedeute Liebe nicht nur eitel Sonnenschein, sondern habe auch ihre Schattenseiten. Wie wichtig ist Liebesleid für Rodolfos Kunst? Überhaupt ist Rodolfo für ihn die zentrale Figur; der draufgängerische Maler Marcello, der trocken kommentierende Philosoph Colline und der verschmitzte Musiker Schaunard sieht er als die anderen Seiten von Rodolfos Persönlichkeit. „Wie zerrissen sind die Charaktere?“, fragt Westerbarkei.

Und schließlich geht es ihm ums Erinnern. Rodolfo habe seinen Roman geschrieben, er bewege sich zwischen Fantasiewelt und Realität, Mimi sei die, die versuche, ihn an die schönen Seiten der Liebe zu erinnern. Wie schon häufig, arbeitet Westerbarkei wieder mit Bühnenbildnerin Tatjana Ivschina zusammen

Die musikalische Leitung hat Antonino Fogliani, es spielen die Duisburger Philharmoniker. Neu im Ensemble sind Liana Alksanyan als Mimi und Eduardo Aladren, der sein Rollendebüt als Rodolfo gibt.