Neudorf. Obwohl die Zahl der Flüchtlinge sinkt, bleibt die Nachfrage nach Kleidung kontinuierlich hoch. Flüchtlinge und Neudorfer versorgen sich hier.

„Wir brauchen dringend Nachschub. Es wird kälter und die Leute stehen Schlange“, erklärt Anke Loss, die sich mit vielen Ehrenamtlichen in der Kleiderkammer der Flüchtlingshilfe Neudorf engagiert.

Es ist ein Hilferuf: Das Lager ist leer gefegt – nicht nur Mäntel, Pullover und andere warme Kleidung wird benötigt, sondern ebenso Haushaltsgegenstände. Obwohl die Zahl der Geflüchteten, die in der Asyl-Unterkunft an der Memelstraße wohnen, nur noch rund ein Viertel beträgt, im Vergleich zu Spitzenzeiten, sei die Nachfrage nach Hilfe gleichbleibend hoch.

Ein Shirt kostet 50 Cent - ganz gleich, ob es ein Trend-Teil ist oder altmodisch

Anke Loss sitzt vor fast leeren Regalen.
Anke Loss sitzt vor fast leeren Regalen. © FUNKE Foto Services | Foto: DANIEL ELKE

Rund zehn Frauen und Männer inspizieren die Kleidung, die die Ehrenamtlichen in die Regale einsortiert haben. Schuhe stehen unter den Tischen, gerade ist ein prachtvolles Abendkleid gespendet. „Das ist innerhalb von einer Minute weg“, vermutet Karin Bräunling. Ein Shirt kostet 50 Cent, das Kleid geht für 1,50 Euro weg – dabei wird nicht unterschieden, ob die Klamotten im Trend liegen oder altmodisch sind.

Die meisten Geflüchteten wissen genau, bei welcher Kleidung es sich um Markenware handelt. „Wenn wir nicht aufpassen, kommen einige jeden Tag. Aber wir achten schon immer darauf, dass Männer nur Männerschuhe bekommen und keine Frauensachen“, betont Anke Loss. Auch eine Obergrenze, wer wie viele Teile aussuchen und mitnehmen darf, wurde eingeführt. So soll unterbunden werden, dass die Spenden zum Beispiel weiterverkauft werden. Bisher mussten sich diejenigen, die die Hilfe in Anspruch nehmen, nicht ausweisen oder nachweisen, dass sie bedürftig sind. So soll es auch bleiben. „Es ist uns wichtig, den Nutzern der Kleiderkammer auf Augenhöhe zu begegnen und niemanden dazu zu zwingen, sich aufgrund seiner Lebenssituation bloßstellen zu müssen“, erklärt Stephan Koch, Vorsitzender der Flüchtlingshilfe Neudorf. „Mindestens so wichtig wie unsere Regeln sind jedoch der erfahrene Blick der etwa 15 Ehrenamtlichen, die sich meist schon seit Jahren kontinuierlich in der Kleiderkammer engagieren. Niemand weiß besser als sie, wenn vereinzelt Nutzer der Kleiderkammer versuchen, sich Vorteile zu verschaffen.“ Stelle sich jemand als „Wiederverkäufer“ heraus, werde auch schonmal ein Hausverbot ausgesprochen. Das sei man den hilfsbereiten Menschen in der Stadt, die regelmäßig spenden, schuldig.

Auch die Bahnhofsmission wurde bereits versorgt

Die Öffnungszeiten der Kleiderkammer

Die Kleiderkammer in Neudorf (Bismarckstraße 32) hat immer montags von 10 bis 12 Uhr und von 16 bis 18 Uhr sowie am Dienstag von 10 bis 12 Uhr, Mittwoch von 16-18 Uhr und Freitag von 16.30 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. In dieser Zeit können Spenden abgegeben werden. Dazu gehören gut erhaltene Pullover, Hosen, Schuhe, aber auch Handtücher oder Vorratsdosen für den Haushalt.

Da den Ehrenamtlichen Kosten für die Räume der Kleiderkammer, die sich neben der ev. Gemeinde Neudorf-West befindet,entstehen, wird die Kleidung nur gegen einen kleinen Obolus abgegeben.

Die Kleiderkammer stehe aber nicht nur Flüchtlinge, sondern allen Neudorfern offen. „Wir brauchen oft Kleidung für junge, schmale Männer. Wenn wir große Größen bekommen, holt die Diakonie und die Gemeinde St. Peter aus Hochfeld ab, was wir nicht gebrauchen können. Es wird nichts weggeworfen“, so Anke Loss. Stephan Koch ergänzt: „Auf Anfrage von Stadtverwaltung und Bahnhofsmission konnten wir in den letzten Jahren vereinzelt auch Obdachlosen mit Material aus der Kleiderkammer helfen, wenn dringender Bedarf bestand.“