Rumeln-Kaldenhausen. Manfred Lütz liest aus den Erinnerungen seines Großonkels Paulus van Husen. Dieser war ein Widerstandskämpfer und wurde im April ‘45 verurteilt

Es sind dramatische Wochen in Berlin. Im Untergangsszenario der Nazi-Diktatur kommt der Volksgerichtshof am 19. April 1945 zum letzten Mal zusammen, um die letzten Widerstandskämpfer des 20. Juli anzuklagen. Die NS-Fanatiker verurteilen Paulus van Husen zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe. Eine Woche später, am 25. April 1945, befreien ihn sowjetische Truppen aus dem Strafgefängnis Berlin-Plötzensee.

Viele Jahre später, in den 1960er Jahren, schreibt der Jurist, der in die Attentatspläne zwar eingeweiht war, dem das Gericht aber nichts nachgewiesen konnte, auf 977 Seiten seine Memoiren. Weitere 30 Jahre vergehen, bis van Husens Großneffe, der Buchautor, Psychotherapeut und Theologe Manfred Lütz, das Manuskript wiederentdeckt - mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem gescheiterten Hitler-Attentat. Was er darin liest, elektrisiert ihn sofort. Der bis dahin unbekannte Bericht eines Zeitzeugen, den es immer wieder an die Brennpunkte der Geschichte des 20. Jahrhunderts verschlagen hatte, ist von großer historischer Bedeutung und glänzend geschrieben.

„Wir brauchen Menschen, die Mut haben“

In einem Interview hat Lütz mal auf die Frage: „Kann jemand wie Paulus van Husen für uns heute ein Vorbild sein?“ gesagt: „Das Buch ist deswegen so aktuell, weil wir heute wieder Menschen brauchen, die den Mut haben, sich gegen Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit einzusetzen, gegen menschenverachtende Trends, die heute wieder zunehmen, damit nicht die Trumps, die Dieter Bohlens und Heidi Klums die Atmosphäre einer Gesellschaft bestimmen, für die nur Erfolg, Geld und der Größte-Sein eine Rolle spielen, so dass die Würde des Menschen, jedes Menschen, auf der Strecke bleibt.“
Das Forum Mittendrin des Katholischen Bildungsforum im Kreisdekanat Wesel hat Manfred Lütz eingeladen, am 21. November (Einlass 19 Uhr, Beginn 19.30 Uhr) im Kulturspielhaus in Rumeln an der Dorfstraße 19a, aus seinem Buch zu lesen. Das im Frühjahr erschienene Buch „Paulus van Husen – Als der Wagen nicht kam – Eine wahre Geschichte aus dem Widerstand“ ist spannend zu lesen wie ein Krimi. In seiner Einleitung der ausgewählten Erinnerungen seines 1971 verstorbenen Onkels lässt Manfred Lütz nicht nur den Menschen Paulus van Husen noch einmal lebendig werden, „er verweist auch auf die hohe Aktualität der abenteuerlichen Lebensgeschichte eines Mannes, der sich erhobenen Hauptes der Barbarei entgegenstellte“, wie der Herderverlag in seiner Ankündigung schreibt.

Spannend wie ein Krimi

Van Husen gehört zu den fast vergessenen katholischen Widerstandskämpfern, obwohl er selbst in der Nachkriegszeit wichtige Funktionen bekleidete: Zwischen 1949 und 1959 ist er Präsident des Oberverwaltungsgerichtes und des Verfassungsgerichtshofes von Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Münster. Er war einer der Mitbegründer der CDU in Berlin. Zwischen 1934 und 1940 war er als Oberverwaltungsgerichtsrat Oberverwaltungsgericht in Berlin tätig, weil er wiederholt den Eintritt in die NSDAP ablehnt und wegen seiner sehr ausgeprägten katholischen Gesinnung wird van Husen nicht befördert.