Duisburg. Die neue Doppelspitze der Filmwoche, die vom 4. bis 10. November im Duisburger Filmforum läuft, setzt das Motto: „Wer erstickt, wo wir atmen?“

Mit einer neuen Leitung, einer neuen Sichtungskommission und einem brisanten Thema in NRW und global beginnt die 43. Duisburger Filmwoche am Montag, 4. November, im Filmforum am Dellplatz unter dem Motto „Wer erstickt, wo wir atmen?“. Eröffnungsfilm ist „Hambi – Der Kampf um den Hambacher Wald“ von Lukas Reiter.

„Die Auswahl setzt neue Akzente und bleibt zugleich der Tradition des Festivals treu, eigenwilligen Positionen Raum zu geben. Neugierig machen die vielfältigen ästhetischen Zugänge und persönlichen Handschriften der Autoren – quer durch die Generationen, Länder und Produktionskontexte“, erklären Gudrun Sommer und Christian Koch, das Leitungsteam des Festivals.

Entgegengesetzte Blickwinkel: oben Baumhäuser, unten Polizei

Die neue Doppelspitze: Gudrun Sommer und Christian Koch leiten die Filmwoche und Doxs.
Die neue Doppelspitze: Gudrun Sommer und Christian Koch leiten die Filmwoche und Doxs. © Lars Heidrich / FUNKE Foto Service

„An die Leute, die nicht an den Klimawandel glauben: Fangt mal an Euer Geld zu zählen und dabei die Luft anzuhalten.“ Im Film über den Kampf um den Hambacher Wald, der vom ZDF/Das Kleine Fernsehspiel produziert wurde, treffen entgegengesetzte Blickwinkel aufeinander: Oben in den Baumhäusern und unten bei den Polizeiaufmärschen, bei den Protestliedern umgeben von gepanzerten Fahrzeugen im Waldstück Hambacher Forst. Es wird mit schwerem Gerät geräumt. An diesem Ort kulminiert der Konflikt um die Zerstörung der Natur durch den RWE-Konzern und den friedlichen Widerstand, so die Ankündigung.

Unter den insgesamt 24 Filmen im Programm des Festivals finden sich außerdem aktuelle Produktionen von in Duisburg bereits bekannten Namen wie Thomas Heise, Lukas Marxt, Bernd Schoch oder Katrin Schlösser. Daneben werden zahlreiche junge Filmschaffende, etwa Katharina Kraft, Therese Koppe oder Matthias Lintner erstmals Arbeiten in Duisburg vorstellen.

Autowerkstatt in den Alpen: „Bewegung eines nahen Bergs“

Im Programm sind unter anderen: In „Bewegung eines nahen Bergs“ vom österreichischen Regisseur Sebastian Brameshuber geht es um Rohstoffe, Verwertungsketten und Heimat. Der selbstgelernte Mechaniker Clifford betreibt unweit einer Erzmine in den Steirischen Alpen eine Autowerkstatt. Er kauft Autos an und handelt mit ihnen: Entweder er versilbert sie im nahen Grenzgebiet zu Ungarn oder schlachtet die Pkw aus, um die Ersatzteile in seine nigerianische Heimat zu verkaufen.

Syrer im Trabbi: „Fortschritt im Tal der Ahnungslosen“

„Fortschritt im Tal der Ahnungslosen“ zeigt zunächst irritierende Bilder: Syrische Asylbewerber fahren mit einem Trabbi durch Ostsachsen, hissen kichernd und in FDJ-Uniform die DDR-Flagge und präsentieren Mähdrescher aus dem Kombinat „Fortschritt“. In das Tal, in dem der Film spielt, drang zu DDR-Zeiten kein Westfunk vor. Nun sind dort Fremde angekommen, die mit den Dortgebliebenen die Geschichten des jeweils anderen erkunden. Fortschritt im Tal der Ahnungslosen ist der Abschlussfilm von Florian Kunert an der Kunsthochschule für Medien Köln.

Von Kunst, Freiheit und Liebe: „Im Stillen Laut“

In „Im Stillen Laut“ von Therese Koppe öffnet sich eine Kellertür, der Blick fällt auf bunte Skulpturen, dann weites Land. Gefängnis, Kunst, Freiheit – zwischen diesen Polen bewegen sich die Biografien von Erika und Tine, 81, und seit 40 Jahren ein Paar. Mehr leise als laut erzählen ihre Fotografien, Videoaufnahmen, Tagebuchnotizen und Briefe von kreativer Verwirklichung, Liebe und selbstgeschaffenen Freiräumen vor und nach der Wende.

Die Geschäftsfrau und der Filmemacher: „Madame“

„Madame“ vom Schweizer Filmemacher Stéphane Riethauser ist ein doppeltes Porträt. Von Caroline, der hochbetagten Grand Dame und Geschäftsfrau, und Stéphane, dem geliebten Enkel und Regisseur des Films. Gegen die Gesetzlichkeiten ihrer bourgeoisen Genfer Familie wollte sie keine Gattin sein und er kein „echter“ Mann. Aus alten und jüngeren Archivaufnahmen treten zwei Menschen hervor, die schillern im Grau der Konvention.

Die Teefabrik läuft weiter: „Taste of Hope“

Die in Bern lebende Regisseurin Laura Coppens beschreibt in „Taste of Hope“ das hoffnungsvolle Engagement von Arbeiterinnen und Arbeitern einer Teefabrik, nachdem ein Großkonzern längst anderswo billigere Arbeitskraft gefunden hat. Organisiert zur Kooperative betreibt die Belegschaft der Teefabrik ihre Produktion und ihr Geschäft weiter. Immer auf der Schwelle zwischen sozialer Mission und pragmatischer Profitmaximierung, diskutieren die Arbeiter gemeinsam, nach welchen Regeln sie spielen wollen.

26 Filme beleuchten Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen

26 Filme stehen auf dem Programm von Doxs, dem 18. Dokumentarfilmfestival für Kinder und Jugendliche, das vom 5. bis 10. November im Filmforum läuft. Die Themen reichen vom letzten männlichen Nashorn der Erde über virtuelle Trolle und Mobber bis hin zu Einblicken in Lebenswelten von Kindern in Colorado/USA, China, Mexiko, Marseille oder dem berüchtigten Brüsseler Stadtteil Molenbeek.

Szene aus der Doku „Der letzte seiner Art
Szene aus der Doku „Der letzte seiner Art" von Floor van der Meulen. In Kenia ist 2018 das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn gestorben. © Doxs-Festival

Am 8. November ist die Preisverleihung, die wieder von der „Große Klappe“-Jugendjury präsentiert wird. Zu den bisherigen Preisen, dem europäische Filmpreis „Großen Klappe“ und dem Ecfa Doc Award für den besten europäischen Kinderdokumentarfilm, kommt zum ersten Mal der Preis für den besten fremdsprachigen Kinderdokumentarfilm, den die „Selbst.Los! Kulturstifung – Annelie und Wilfried Stascheit“ mit 6000 Euro dotiert hat; er wird alle zwei Jahre vergeben.

Alle Informationen zu Programm und Preisen unter www.duisburger-filmwoche.de