Rheinhausen. Der 82-jährig Rezitator Georg Adler ließ Theodor Fontane (1819-1898) am Mittwochabend im Lehrerhaus lebendig werden. Es las auch aus Effi Briest
Jetzt also Fontane: Nachdem Georg Adler schon beim letzten literarischen Dinner den Dichter Eduard Mörike abgefeiert hatte, begab er sich dieses Mal auf das von Fontane beschriebene „weite Feld“. „Fontane gilt als einer der bedeutendsten Balladendichter deutscher Sprache“, weiß Georg Adler über ihn. Der 82-jährige Schauspieler und Rezitator hat sich gut vorbereitet für seinen balladesken Vortrag beim Verein Lebendige Grafschaft im alten Friemersheimer Lehrerhaus.
Macbeth diente ihm als Vorlage
Mehr als 40 Zuhörer lauschen ihm andächtig: die Biografie über den nordostdeutschen Dichter von Helga Bemmann hat Adler akribisch gewälzt und dazu passende Gedichte, Balladen und Fragmente ausgesucht, die er geschickt in seiner halb lyrischen, halb epischen Darbietung verwebt.
Mit Händen gestikuliert der Rezitator und verstellt seine Stimmen passend zu den verschiedenen Rollen, die er liest, in der Ballade „Die Brück‘ am Tay“. In die Rolle der drei Hexen schlüpft der 82-Jährige: „Wann treffen wir drei wieder zusamm?“ „Um die siebente Stund am Brückendamm.“ Das Ganze klingt schon nach Shakespeare. „Ja, den Macbeth hat Fontane dafür auch als Vorlage gehabt“, erklärt Adler später.
Erzählt wird die Geschichte zu einem Brückeneinsturz in Schottland aus der Perspektive des Brückenpersonals, von der Fontane am 31. Dezember 1879 in einem Zeitungsartikel las. Im Januar 1880 ist sie dann erschienen. Auszüge aus Fontanes wohl bekanntestem Roman „Effi Briest“ folgen. Unterhaltsam bleibt es für das Publikum, weil Georg Adler geschickt den Lebensweg Fontanes, von seinem Geburtsort Neuruppin, durch die Mark Brandenburg, hoch nach Svinemünde, bis hin nach Berlin skizziert. Dort saß er gerne in Kaffeehäusern und las die aktuellen Zeitungen, war aufgeschlossen für liberale Gedanken.
Wanderungen durch Brandenburg
Und Fontane entdeckte seine nähere Umgebung.„Sehr gelungen sind die Reisebücher „Wanderungen durch die Mark Brandenburg““, empfiehlt Adler. Darin erschließt der Dichter als bedeutender Vertreter des Realismus seine Heimat mit ihren Burgen und Schlössern literarisch.
Adler verliest heitere Lebensweisheiten als Schnipsel, kurze Aphorismen: „Wer schaffen will, muss fröhlich sein“. Oder: „Man wird nicht besser mit den Jahren, wie soll man auch, man wird bequem.“
Vom Apotheker bis zum Pharmazielehrer
Schließlich erklärt Adler Fontanes abenteuerlichen beruflichen Werdegang. Vom Apotheker, bis Journalisten für die Preußische Regierung in England, Pharmazielehrer im Bethanien, Theaterkritiker für den Berliner Figaro und die Vossische Zeitung, in der er für das moderne Theater von Ibsen und Hauptmann warb. Alle möglichen Festanstellungen verwarf Fontane irgendwann. „Sehr zur Unbill seiner Frau“, weiß Georg Adler. „Er wollte immer freier Schriftsteller werden.“
Erst 1878 erschien sein erster Roman „Vor dem Sturm“. 1895 dann „Effi Briest“ und „Der Stechlin“ von 1899 erschien bereits nach seinem Tode. Warum gerade Fontane jetzt? „Es ist sein 200. Geburtstag in diesem Jahr und im vorigen war sein 120. Todestag“, so Adler. Theodor Fontane wurde 1819 in Neuruppin geboren, er starb 1898 in Berlin.