Buchholz. Die Löschgruppe 701 aus Duisburg-Buchholz gibt es seit 112 Jahren. Ein Rekordeinsatz: 1000 Grad heiße Flammen löschen – bei minus 15 Grad.
Die Zahl 112 ist für die Feuerwehr von großer Bedeutung. Denn dies ist die Telefonnummer, unter der die Wehrleute ausrücken, wenn jemand in Not ist. Für die Freiwillige Feuerwehr Buchholz ist diese Zahl ein Jubiläum; ihr Löschzug 710 wird in diesem Jahr 112 Jahre alt.
Die Zugführer heißen heute Alexander Spitzer (50) und Kai Kappertz (29). Sie und Alterspräsident Peter Muziol (66) erzählen von den Anfängen des Brandschutzes in Buchholz.
Bis in die 1940er Jahre rückten die Männer mit einem Ziehkarren aus
Muziol, der auch jahrelang Sprecher der Freiwilligen Feuerwehren in Duisburg war, zeigt das älteste aller Protokollbücher, in die noch bis in die 90er Jahre alle Einsätze eingetragen wurden. „Dokumentiert ist hier auch die Gründung des Löschzugs am 3. Oktober 1907.“ Der damalige Gemeinderat hatte die Kosten für Gespanne mit 3 Mark pro Pferd und 60 Pfennig pro Stunde für Übung und Brandwachen genehmigt. In den 1920er Jahren wurde ein Radfahrrettungskorps eingeführt. Passende Anhänger bauten die Wehrleute selbst. „Und noch bis in die 40er Jahre hinein rückten die Männer mit einem Ziehkarren aus“, erzählt Muziol. In dieser Zeit war die Truppe auch sozial aktiv. „Als es in den 20er Jahren zu Engpässen bei den Lebensmitteln kam, haben die Männer für die Armen im Stadtteil gesammelt. Sowas wie Arbeitslosengeld gab es ja erst ab 1923“, sagt er.
Die Wehrleute traten in der Nazizeit mit Hakenkreuzflagge auf
Die Einträge des ersten Protokollbuchs reichen bis in die Nazi-Zeit hinein. „Das wurde teilweise in Sütterlin geschrieben, ich hatte oft Schwierigkeiten, das zu entziffern“, sagt Muziol. Eines aber konnte er sehr deutlich entziffern: „In der Nazi-Zeit stand unter den Einträgen immer ,Heil Hitler’.“ Auch die Wehrleute traten mit Hakenkreuzflagge auf. Viele der 20 Männer wurden damals eingezogen und fielen im Kampf. Viel mehr weiß auch der Alterspräsident des Löschzugs nicht über das dunkelste deutsche Kapitel. „Nach dem Krieg hat einfach niemand mehr drüber gesprochen“, sagt er.
In den 60ern Jahren herrschte großer Nachwuchsmangel. „Da waren hier nur noch zwölf Mann aktiv. Erst Anfang der 70er wurden es mehr – ab da konnte man nämlich dem Wehrdienst entgehen, wenn man sich zehn Jahre bei der Feuerwehr verpflichtete. Da kamen 15 Leute auf einen Schlag und sind größtenteils bis zur Rente geblieben“, erzählt er. Fluktuation habe es beim Personal immer gegeben. „Aber wir waren nie wieder weniger als 20.“
Heute sind es viel mehr Einsätze als früher
In den 80ern und 90ern fuhren die Wehrleute nur rund zehn Einsätze pro Jahr, heute sind es weitaus mehr. „Das liegt daran, dass die Alarmschwellen gesenkt wurden“, erklärt Kappertz, heißt: Die Pieper ertönen schon bei kleineren Gefahrenlagen. Schon seit 1911 befindet sich das Gerätehaus an seinem heutigen Ort an der Münchener Straße. Bis auf einen Mannschaftswagen stehen jedoch alle Fahrzeuge quer gegenüber bei den Kollegen der Berufsfeuerwehr.
Zu den größten Einsätzen des Löschzugs gehört der Brand in einer Krefelder Düngemittelfabrik vor sieben Jahren. Die Buchholzer Feuerwehr wurde damals als Unterstützung gerufen. „Da haben Düngerberge gebrannt, in gelben und grünen Farben habe ich noch nie ein Feuer brennen sehen“, sagt Spitzer. „Unsere Uniformen mussten danach dekontaminiert und teilweise sogar entsorgt werden“, erinnert sich Kappertz.
Viel zu tun gab es auch nach Orkan Kyrill im Januar 2007. „Da waren wir zwei bis drei Tage im Einsatz, immer hieß es: Baum auf Auto, auf Straße, auf Haus“, sagt Spitzer. „Das war total gefährlich, weil wir noch während des Sturms ausgerückt sind.“
Feuer löschen bei Hornitex: über 1000 Grad heiße Flammen
Im Februar 1996 brannte es bei Hornitex in Homberg. Die Temperatur des Feuers: über 1000 Grad – die Außentemperatur: minus 15 Grad. „Wir haben das Löschwasser aus dem Rhein gepumpt. Wenn das mal zwei oder drei Minuten nicht floss, sind die Schläuche eingefroren. Da mussten wir am Ende die Kupplungen durchsägen, um sie auseinander zu bekommen“, sagt Muziol.
Auch am 24. Juli 2010 war die Buchholzer Feuerwehr im Einsatz – als im Tunnel der Karl-Lehr-Straße 21 junge Menschen im Gedränge der Loveparade starben. „Wir hatten eine mobile Wache an der Hebbelschule in Neudorf eingerichtet und wurden einmal wegen Rauch an der DJ-Anlage gerufen. Dann hieß es, es gebe Tote“, sagt Muziol. „Ich habe später erfahren, dass meine Tochter auch im Tunnel war. Ihr ist aber zum Glück nichts passiert.“