Duisburg. Der strikte Sparkurs und Steuererhöhungen hätten Duisburgs Haushalt nicht gerettet. Das meiste Geld brachte der gute Lauf der Wirtschaft.
Der Entwurf für den Doppelhaushalt 2020/21, den Martin Murrack am Montag dem Rat vorlegte, markiert für das Jahr 2021 einen finanzpolitischen Wendepunkt für Duisburg. Wenn es so kommt, wie der Kämmerer erwartet, wird die Stadt erstmals seit 1992 ohne Hilfe der Stärkungspakt-Millionen Einnahmen und Ausgaben in Einklang bringen können. Bei der Bewältigung von 1,3 Milliarden Euro Altschulden, aufgehäuft durch Liquiditätskredite in den vergangenen fast 30 Jahren, bleibt Duisburg aber auf die Hilfe von Bund und Land angewiesen.
Städte zahlen für Gesetze aus Düsseldorf und Berlin
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Der Blick auf die Zahlen seit Anfang der 1990er Jahre zeigt: Städte wie Duisburg – strukturell unterfinanziert wegen hoher Soziallasten bei gleichzeitig unzureichenden Steuereinnahmen – verweisen bei der Suche nach Verantwortlichen mit Recht auf Verletzungen des Konnexitätsprinzips in Düsseldorf und Berlin: Die Finanzierung von Gesetzen, etwa im Sozial- und Bildungsbereich, blieb an den ohnehin klammen Kommunen hängen. Denen blieb nichts übrig, als die Ausgaben, zu denen sie gesetzlich verpflichtet waren, über Kredite zu finanzieren. Verheerend wirkte auch der Solidarpakt für Duisburg: 722 Millionen überwies der Kämmerer seit Anfang der 1990er Jahre, die Hälfte davon für den Aufbau Ost.
Aber es waren nicht nur die anderen Schuld, wie CDU-Fraktionschef Rainer Enzweiler am Montag im Rat durchaus selbstkritisch erinnerte: „Wir haben viel zu lange zugesehen, wie es immer mehr wurde, weil wir dachten, die Schulden tun doch niemandem weh.“ Dabei war längst das Gegenteil der Fall: Rund 52 Millionen Euro berappte die Stadt etwa im Krisenjahr 2008, allein um ihre Kassenkredite zu bedienen – das entsprach etwa sechs Prozent des Haushaltsvolumens.
Zinslast für Altschulden verhindern Investitionen
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Obwohl es seit 2012 gelang, die Überziehung des kommunalen „Girokontos“ von rund 1,7 Milliarden auf rund 1,3 Milliarden Euro zurückzufahren, engt die jährliche Zins- und Tilgungslast im mittleren zweistelligen Millionenbereich die finanzielle Beinfreiheit der Stadt erheblich ein. Erwirtschaftete Überschüsse müssen in den Schuldenabbau fließen, denn solange nicht weitere rund 360 Millionen Altschulden abgetragen sind, gilt die Stadt weiterhin als bilanziell überschuldet. „Selbst bei einer anhaltend günstigen Wirtschaftsentwicklung wie zuletzt würden wir für die Entschuldung aus eigener Kraft aber noch Jahrzehnte benötigen“, rechnet Kämmereichef Frank Schulz.
„Licht am Ende des Tunnels“, sah OB Sören Link am Montag bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs im Rat. Die Lampe knipste vor acht Jahren die damalige rot-grüne Landesregierung an. Innenminister Ralf Jäger (SPD) legte den „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ auf, als in der Finanzkrise die Kreditwürdigkeit erster Städte ernsthaft infrage stand.
Doch die anfänglichen 50 Millionen Euro pro Jahr, sie werden bis 2021 auf Null zurückgefahren, hätten den Haushalt ebensowenig gerettet wie der Griff in die Tasche der Bürger und Unternehmen durch die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuern.
Stärksten Rückenwind brachte die Hochkonjunktur
Auf die Beine geholfen hat dem maroden Haushalt die anhaltende Hochkonjunktur. So liegen etwa die so genannten Schlüsselzuweisungen – die Steueranteile der Städte, die Bund und Land verteilen – allein in diesem Jahr um fast 350 Millionen Euro über dem Wert von 2009.
altschulden im revier- druck auf landesregierung wächstVergleichsweise bescheiden nehmen sich daneben die Steigerungen bei der Grundsteuer B (57 Mio. €) und der Gewerbesteuer (122 Mio €) aus. Gleichzeitig senken anhaltende Niedrigzinsen die Zinslast und erleichtern die Finanzierung von Investitionen.
Kluges Haushalten reiche allein nicht aus, um nach einer solch tiefen Krise die Kehrtwende zu schaffen, räumt Kämmerei-Leiter Frank Schulz deshalb auch unumwunden ein: „Dazu gehört auch Glück.“