Duisburg-Rahm. Zwischen Rahm und Angermund soll ein großes Neubaugebiet entstehen. Duisburg stimmt dem zu – aber äußert auch überraschend deutliche Kritik.

Fast 500 neue Häuser will Düsseldorf an der Stadtgrenze zu Duisburg bauen, im Grenzgebiet zwischen Rahm und Angermund, teilweise auf Rahmer Gebiet. Die Nachfrage nach Wohnraum in Düsseldorf soll so bedient werden. Die Duisburger Verwaltung betrachtet die Fläche zwar als dazu geeignet – sie äußert aber auch überraschend deutliche Kritik am Vorhaben der Nachbarstadt.

45.000 zusätzliche Wohneinheiten müssen bis 2040 gebaut werden, um die Nachfrage für die Planungsregion Düsseldorf zu befriedigen. „Mehr Wohnbauland am Rhein“ nennt daher die 1. Änderung des Regionalplans Düsseldorf als Ziel: 100 zusätzliche Flächen mit einer Gesamtgröße von 1.500 Hektar sollen als Allgemeiner Siedlungsbereich dargestellt werden; eine Ausweisung, die eine spätere Wohnbebauung ermöglicht. Eine dieser Flächen: DU_01, 10,7 Hektar zwischen Angermund und Rahm. „Mindestens 481 Wohneinheiten“ sollen hier gebaut werden, geplant ist eine Mischung aus Reihenhäusern und Geschosswohnungsbau.

Die Stellungnahme der Stadt Duisburg zu diesem Ansinnen liest sich zunächst zustimmend: „Aus Sicht der Stadt Duisburg ist die Fläche durchaus geeignet, lokale Düsseldorfer Belange zu decken“, heißt es dort. Die Zustimmung der Verwaltung bezieht sich auf die Erschließung des Gebiets: Der S-Bahnhof Rahm ist in der Nähe und je nach Standort im neuen Gebiet fußläufig zu erreichen; das garantiere eine komfortable Anbindung sowohl an Düsseldorf als auch an Duisburg. Allerdings folgen einige Sätze, die in ihrer deutlichen Kritik selten sind in Verwaltungsvorlagen.

Duisburg: Warum nicht erst in Düsseldorf bauen?

Nach derzeitigem Stand wäre das Bauvorhaben eine Siedlungsinsel im Grünen.
Nach derzeitigem Stand wäre das Bauvorhaben eine Siedlungsinsel im Grünen. © Funkegrafik NRW | Selina Sielaff

Nur mit einer Spitze grenzt das geplante Neubaugebiet an bisherige Bebauung an, und das in Rahm. Hierzu merkt die Duisburger Verwaltung an: „Unklar bleibt, weshalb nicht angrenzend an die vorhandene Bebauung am Nordrand von Düsseldorf-Angermund neue ASB (allgemeine Siedlungsbereiche, Anm. d. Red.) dargestellt werden.“

Zumal die Fläche in einem Ranking der infrage kommenden zusätzlichen Siedlungsgebiete gerade einmal 34,4 von möglichen 100 Punkten erreicht – ausgedrückt in Schulnoten wäre das ein Mangelhaft. Nur zwei von zehn Flächen auf Düsseldorfer Stadtgebiet, führt die Verwaltung weiter aus, schneiden schlechter ab – andere Flächen, die nicht als ASB ausgewiesen werden, aber in Düsseldorf liegen, deutlich besser. Eine Fläche in Heerdt bringt es zum Beispiel mit 60,5 Punkten auf fast das Doppelte der Rahmer Fläche. Der Wunsch Duisburgs: Besser geeignete Flächen sollten vorrangig entwickelt werden.

Ein weiterer Kritikpunkt: Die Umweltverträglichkeit des Vorhabens. Die Auswirkungen auf die Umwelt seien „nicht erheblich“, heißt es aus Düsseldorf. Das lässt Duisburg nicht so stehen: „Der Bewertung der ökologischen Verträglichkeit dieser Fläche ist aus fachlicher Sicht zu widersprechen. Die Entwicklung der Fläche würde zu einem Verlust von Freiräumen und einer Beeinträchtigung des Biotopverbundsystems führen“, kritisiert die Stadt und verweist unter anderem auf die Nähe des besonders geschützten FFH-Gebiets (Flora-Fauna-Habitat). Außerdem warnt sie: „Widerstände und Restriktionen sind für alle Wohnbauflächen in dieser Lage zu erwarten“, zum Beispiel wegen Umweltschutzes.

Das Neubaugebiet wäre die 4. große Erweiterung Rahms

Problematisch für Rosen Ruland

Betroffen von der geplanten Wohnbaufläche DU_01 wäre Rosen Ruland. „Das würde meiner Firma den Hahn zudrehen“, sagt Inhaber Werner Ruland. „Die würden meine Folienhäuser vernichten.“

Und nicht nur das: Der Rosenzüchter würde auch „zwei, drei Hektar“ seiner Felder verlieren. Wobei das für ihn das geringere Problem im Vergleich zu den erst in den vergangenen Jahren gebauten Folienhäusern wäre. „Wenn irgendwo ein Rosenfeld aufgegeben muss, kann ich woanders ein Neues pflanzen.“

Werner Ruland hofft jetzt darauf, dass der Rat dem Ansinnen am Montag eine Absage erteilt – und ansonsten darauf, dass sich das Vorhaben noch viele Jahre hinzieht.

Beim geplanten Neubaugebiet Rahmerbuschfeld macht Duisburg gerade genau diese Erfahrung: Widerstand kommt von Naturschützern ebenso wie von der dazu gegründeten Bürgerinitiative „Naturerhalt Rahmerbuschfeld“. DU_01, gelegen zwischen Angermund und Rahm, aber näher an Rahm, wäre nach dem Rahmerbuschfeld und den ebenfalls geplanten Bauprojekten am Grünen Weg und an der Weierstraße die vierte großflächige Erweiterung des einstigen Dorfes Rahm. Widerstand dagegen kommt auch aus der Politik: Die Bezirksvertretung Süd ergänzte die Vorlage der Verwaltung um den Absatz: „Die Bezirksvertretung weist darauf hin, dass die Fläche als Wohnentwicklungsfläche durch die Bezirksvertretung einstimmig abgelehnt wurde.“

Auch interessant

Einen Widerspruch gegen die von Düsseldorf geplante Bebauung bei Rahm erhebt Duisburg nicht. Allerdings regt die Verwaltung an, das Gebiet zusammen mit dem Bauvorhaben am Grünen Weg zu entwickeln, damit DU_01 nicht zu einer Siedlungsinsel im Grünen wird. Auch die Nahversorgung müsse gesichert sein. Die Stadt schlägt außerdem vor, das Gebiet nur als bedingten Siedlungsbereich darzustellen: Das würde bedeuten, dass vor einer Entwicklung des Gebiets der Anschluss an den Schienenverkehr sichergestellt sein müsste – und damit ist nicht der S-Bahnhof Rahm gemeint.