Duisburg. Ein Kicker aus Guinea ist nach einem Kreisliga-B-Spiel in Duisburg so verprügelt worden, dass er ins Krankenhaus musste. Das sagen die Vereine.

Ousmane C. (26) soll im Laufe des Dienstags die Intensivstation verlassen können. Acht Stunden lang ist der Spieler von Viktoria Wehofen laut seines Fußball-Trainers Ralf Plincner bewusstlos gewesen. Die Operation wegen eines Kieferbruchs sei gut verlaufen.

Es sind die schlimmen Folgen einer Prügelei kurz nach dem 2:1-Sieg der Plincner-Elf beim FC Hagenshof am vergangenen Sonntag in der unterklassigen Kreisliga B. Wie konnte es soweit kommen? Gibt es einen rassistischen Hintergrund? Die Redaktion hat beide Vereine und die Polizei zum neuerlichen Skandal im Duisburger Amateurfußball befragt.

Das sagt Wehofens Coach Ralf Plincner

Seit 2016 verstärken einige Flüchtlinge die Fußballmannschaft von Viktoria Wehofen.
Seit 2016 verstärken einige Flüchtlinge die Fußballmannschaft von Viktoria Wehofen. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Seit drei Jahren trainiert Plincner die Mannschaft, in der neben Deutschen auch viele Flüchtlinge kicken. Ousmane C. aus Guinea ist einer von ihnen. Während des Spiels beim FC Hagenshof sollen er und weitere farbige Mitspieler zur Zielscheibe von rassistischen Anfeindungen geworden sein. Das sagt jedenfalls der Coach. Äußerungen wie „Bimbos“ oder „Auf die sollte man die Hunde loslassen“ seien von Seiten der Hagenshofer gefallen.

Nach einer Siegesgeste einer seiner Spieler kurz nach dem Schlusspfiff sei die Situation dann völlig eskaliert. „Ein Zuschauer ist 50 Meter über den Platz gerannt und ist ihm voll in den Rücken gesprungen“, so Plincner. „Danach haben die Hagenshofer auf alles geschlagen und getreten, was sich bewegt.“

„Er hätte sterben können“

Er habe versucht, all seine Spieler aus der Gefahrenzone zu holen. „Ousmane ist aber von drei Spielern und einem Zuschauer umzingelt und brutal zusammengeschlagen worden – mit Ellbogen und Kickbox-Tritten“, so der Wehofener Trainer. „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“

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Verantwortliche von Hagenshof hätten ihn dann noch gefragt, ob er denn nun wirklich die Polizei rufen wolle. „Ich hab das als versteckte Drohung empfunden“, so Plincner. Natürlich seien Polizei und Krankenwagen alarmiert worden. „Die Rettungskräfte standen dann allerdings noch 25 Minuten vor einem verschlossenen Tor, bis endlich mal jemand den Schlüssel gefunden hatte“, so der Coach. „Ousmane lag in der Zeit weiter am Boden und blutete aus dem Mund, ehe er endlich ins Krankenhaus transportiert werden konnte. Er hätte sterben können!“

Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung

Die Schläger seien bekannt, der Verein habe bei der Polizei Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung gestellt.

Am Montag hat Plincner den Spieler mit weiteren Vereinsvertretern kurz auf der Intensivstation besuchen können. „Wir haben ihm ein paar Sachen vorbeigebracht“, so der Trainer. „Er hat hier keine Familienangehörigen, sondern nur uns. Wir hoffen, dass er keine bleibenden Schäden davonträgt.“

Das sagt der Hagenshof-Vorsitzende Frank Blom

Blom ist seit 30 Jahren Vorsitzender beim FC Hagenshof. Er erklärt, dass ein Spieler von Viktoria Wehofen kurz nach der Partie keine Siegesgeste, sondern beide Stinkefinger in Richtung Publikum gezeigt habe. „Ich habe das selbst gesehen und so hat es der Schiedsrichter auch im Spielbericht vermerkt.“ Dies habe die Prügelei ausgelöst.

Was dann aber vor allem mit dem Spieler Ousmane C. passiert ist, sei nicht zu tolerieren. „Es tut mir für den Jungen sehr leid“, so Blom. „Ich werde mich mit Wehofen in Verbindung setzen und fragen, ob wir irgendwie helfen können.“

Auflösung des Vereins denkbar

Intensive Arbeit mit Flüchtlingen

Viktoria Wehofen hat seit 2016 bis zu 100 Flüchtlinge in den Fußballverein integriert. Sie spielen in zwei Mannschaften, eine in der Kreisliga B, die andere in der Kreisliga C. Außerdem unterstützt der Verein die Flüchtlinge, aber auch sozial schwache deutsche Mitglieder im Alltag, bei Behördengängen und der Suche nach einer Ausbildung, einem Job oder einer Wohnung.

Der aktuell schwer verletzte Kreisliga-B-Kicker Ousmane C. aus Guinea macht mittlerweile eine Lehre zum Bodenverleger in einem Duisburger Betrieb, gilt als pünktlich, zuverlässig und fleißig, so Coach Ralf Plincner. „Wir vermitteln den Flüchtlingen auch Werte wie Disziplin und Respekt.“

Finanziert wird die Arbeit hauptsächlich durch Spenden. Über die DFB-Stiftung Egidius Braun und Bundesmittel flossen zudem rund 6500 Euro an den Verein.

Bislang wisse er noch nicht, wer genau den Guineer so zugerichtet hat. Er will die eigene Mannschaft aber an diesem Mittwochabend zur Rede stellen und auch zum Vorwurf der rassistischen Beleidigungen befragen. „Ich habe so etwas selbst nicht gehört“, so Blom. „Wir haben selber viele Spieler mit Migrationshintergrund - aus Rumänien, Kasachstan, Russland, Polen, der Türkei und auch aus Guinea, leisten über viele Jahre Integrationsarbeit. Da würden wir uns doch selbst beleidigen.“

Gleichwohl wisse er angesichts des schwerwiegenden Vorfalls nicht, ob es sich überhaupt lohnt, weiterzumachen. Der Vorsitzende will dem Gespräch mit dem Team zwar nicht vorgreifen, denke aber tatsächlich darüber nach, den Verein ganz aufzulösen.

Das sagt die Polizei

Polizeisprecherin Stefanie Bersin erklärt auf Anfrage, dass insgesamt fünf Personen wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt worden seien. Die Polizei sei mit mehreren Streifenwagen vor Ort gewesen. Neben dem 26-jährigen Wehofener, der ins Krankenhaus gebracht werden musste, seien „in dem Gerangel“ zwei 21-Jährige und ein 28-Jähriger leicht verletzt worden.

Die Ermittlungen laufen. „Es werden nun Gespräche mit den Beteiligten und Zeugen geführt“, so Bersin. Klar ist: In Kürze wird die Sportgerichtsbarkeit über die Vorfälle nach dem Spiel entscheiden.