Duisburg-Buchholz. Die Metzgerei Reher schließt nach fast 90 Jahren. Dabei hatte Inhaber Detlef Reher sogar schon einen Nachfolger eingearbeitet – acht Jahre lang.
Detlef Reher ist keiner, der Anekdoten von früher erzählt. Mit 62 Jahren ist er dafür wahrscheinlich zu jung. Reher lebt in der Gegenwart. Und in der Gegenwart schließt er. Der 28. September, Samstag, wird sein letzter Arbeitstag. Mit der Metzgerei Reher verliert die Münchener Straße dann ihren einzigen Metzger.
Fast 90 Jahre hatte der Familienbetrieb Bestand: Detlef Reher ist die 4. Generation, die das Geschäft führt. Er stammt aus einer Metzgerfamilie: 14 Familienmitglieder haben den Beruf gelernt, mehr noch: „Meine Urgroßeltern haben eine Metzgerei gehabt, meine Onkel und Tanten.“ Seine Oma belieferte Karstadt und Horten, sein Vater übernahm das Geschäft, das er jetzt schließt, mit 20 Jahren: zunächst auf der Bregenzer Straße, ab 1974 auf der Münchener Straße.
Fast alles in der Wursttheke des Metzgers ist selbstgemacht
1500 Wurstsorten gibt es, sagt Reher, eine immerhin dreistellige Zahl an Produkten verkauft er in seinem Geschäft: Kotelette und Filet, Paprikamett und Fleischwurst, alles selbstgemacht. Fast alles: Parmaschinken und Co. natürlich nicht, sie sind eingekauft. Der Name ist geschützt, Reher darf ihn nicht selber herstellen. 600 Kilogramm Fleisch hat er bis zuletzt verarbeitet pro Woche.
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Das Fleisch kommt in Tierhälften oder als Teilstück an; das Klischee des blutigen Berufs stimme nicht, sagt der Metzger: „Ich bin 35 Jahre selbstständig, 47 Jahre im Beruf – und ich habe nie geschlachtet.“ Könnte er auch gar nicht: War nicht Bestandteil seiner Ausbildung.
Einer Ausbildung, die dennoch vielen jungen Menschen als unattraktiv gilt. „Man muss früh aufstehen, es ist kalt, man muss putzen“, das schreckt viele ab. Personal zu finden: schwierig, aber nicht unmöglich, wobei Reher sagt: Seine vier Mitarbeiter reichen nicht, „im Grunde genommen müssten wir fünf haben.“ Mehr als schwierig gestaltete sich die Suche nach einem Nachfolger: „Es gibt keinen.“ Dabei hätte es einen geben können: Doch der Meister, den Reher acht Jahre lang einarbeitete, übernahm eine andere Metzgerei – und ging pleite.
Immer mehr Metzgereien in Duisburg schließen
Trotz allem: Reher liebt seinen Beruf, immer noch. „Man sieht jeden Tag, was man hergestellt hat.“ Eine ältere Dame läuft draußen vorbei und winkt, Reher winkt zurück, erzählt eine Geschichte über die Kundin. Seine Kunden, die wird er vermissen. Die Arbeit? Weniger. „Die ersten 30 Jahre waren fast eine Sieben-Tage-Woche“, sagt er nüchtern, jetzt will Reher „ein bisschen leben, Urlaub machen, Sport treiben.“
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Nach Samstag also kein Metzger mehr auf der Münchener Straße und insgesamt kein dutzend mehr in der Stadt, ein weiterer schließt Ende des Jahres. „Dann sind es noch zehn Metzger von Wittlaer bis Walsum“, sagt Reher. Als sein Vater die Metzgerei führte, seien es noch 420 gewesen; alleine in Buchholz, Huckingen und Großenbaum mehr als ein dutzend. Eine Entwicklung, für die Reher eine Ursache ausgemacht hat: „Die Konkurrenz sind nicht die Kollegen. Die Großen sind die, die uns kaputtmachen“, sagt er und meint die Supermärkte mit ihren Fleisch- und Wursttheken. „Die kaufen Tonnen ein, wir nur Kilogramm.“ Zu entsprechenden Preisen.
Der Metzger-Stadtteil
Buchholz ist und bleibt so etwas wie der Metzger-Stadtteil des Duisburger Südens, auch nach der Schließung von Dirk Reher.
Immerhin zwei Metzgereien gibt es hier noch: Scheuten auf der Düsseldorfer Landstraße 36 und Weller auf der Kufsteiner Straße 36.
Einen Exkurs in die Vergangenheit macht Detlef Reher dann doch noch. Keine Anekdote, eher eine Analyse. Die Essgewohnheiten der Menschen, sagt er, hätten sich „drastisch geändert. Für Rinderbraten und Rouladen stand man früher zwei Stunden in der Küche. Heute haben die Leute 20 Minuten – für Frühstück, Mittagessen und Abendessen.“