Duisburg. „In Marxloh muss jetzt was passieren“, fordert CDU-Fraktionschef Enzweiler. Er setzt auf 50 Mio. Euro Städtebau-Förderung und mehr Kontrollen.

Spitzenmieten bis zu 20 Euro pro Quadratmeter können Besitzer für Ladenlokale an der Weseler Straße in Marxloh inzwischen verlangen. Aber nur 150 Meter von der Brautmodenmeile entfernt, unweit dreier geräumter Schrottimmobilien, soll eine verzweifelte Eigentümerin eine komplette Wohnung für gerade mal 7000 Euro zum Verkauf anbieten, um überhaupt noch Geld dafür zu bekommen. Das berichtet Rainer Enzweiler, der Fraktionschef der CDU im Stadtra. Er warnt vor der Abwärtsspirale im Stadtteil: „Es muss jetzt endlich was passieren in Marxloh!“ Es stehe „auf Messers Schneide“. 50 Millionen Euro Städtebauförderung für Marxloh und Alt-Hamborn sollen helfen – und im Kampf gegen wilde Müllkippen neue Kräfte des städtischen Außendienstes (SAD).

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Enzweiler ist in Marxloh aufgewachsen. Seine Mutter Katja betrieb bis 1975 das „Kino Atlantis“ an der Weseler Straße. Das Erdgeschoss des Gebäudes hat er an ein türkisches Brautmodengeschäft verpachtet, in der Etage darüber liegt die Kanzlei des Rechtsanwalts. Hier war auch der heutige Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schon zweimal zu Gast, um sich von Rainer Enzweiler die Probleme des Duisburger Nordens erklären zu lassen, zuletzt 2016. Land und Bund müssten Marxloh wegen des Zuzugs von Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien helfen, fordert Enzweiler: „Denn wenn wir Marxloh verlieren, verlieren wir mehr als nur einen Stadtteil.“

Städtebau: 50 Millionen Euro für Marxloh und Alt-Hamborn

Der 72-Jährige ist optimistisch, dass 50 Millionen Euro in Infrastrukturprojekte in Marxloh und Alt-Hamborn fließen. Gespräche mit der Landesregierung und Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) seien „sehr gut gelaufen“.

Kleine Kippe: Über Nacht wurde vor der Katholischen Grundschule an der Henriettenstraße Müll abgestellt. In Marxloh entstehe jede Tag eine wilde Müllkippe, beklagt Rainer Enzweiler (CDU).
Kleine Kippe: Über Nacht wurde vor der Katholischen Grundschule an der Henriettenstraße Müll abgestellt. In Marxloh entstehe jede Tag eine wilde Müllkippe, beklagt Rainer Enzweiler (CDU). © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

So werden bereits am Dienstag Oberbürgermeister Sören Link (SPD), Stadtentwicklungsdezernent Martin Linne und der Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir (SPD) bei einer Pressekonferenz erläutern, dass der Bund eine Förderung „in Höhe von 25 Millionen Euro – als 50-Prozent-Förderung – für die Quartiere Marxloh und Alt-Hamborn in Aussicht gestellt“ habe: „Das Land und die Stadt Duisburg übernehmen die übrigen 50 Prozent“, meldet die städtische Pressestelle.

Aber im Kampf gegen wilde Müllkippen sieht Enzweiler erstmal das Ordnungsamt mit seinen 21 neuen Mitarbeitern im städtischen Außendienst (SAD) in der Pflicht. In den Nebenstraßen der Weseler entstehe zurzeit „jeden Tag eine neue Müllkippe mit Hausrat, Sperrmüll und Möbeln“. Das Problem: „Es hat für die Verursacher keine Konsequenzen, wenn sie ihren Müll auf die Straße werfen.“ Zu wenige würden ertappt (siehe Kasten). Darum sollten die SAD-Mitarbeiter „speziell ausgebildet werden“, im Müll nach Hinweisen auf die Verursacher suchen und „sich auf die Lauer legen“, so Enzweiler.

Schulunterricht und Video-Überwachung gegen Müllsünder

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Für ihn steht fest: „Die Erhöhung der Reinigungsklassen hat nichts gebracht.“ Seit Januar 2017 reinigen die Wirtschaftsbetriebe den Gehweg der Weseler Straße viermal pro Woche, und die Müllberge in den Nebenstraßen sind meist nach einem Tag beseitigt. Für Enzweiler ist das jedoch ein fatales Signal: „Bei den Verursachern kommt an: Der Müll, den sie auf die Straße kippen, wird abgeholt.“

CDU-Fraktionschef Rainer Enzweiler fordert, dass geräumte Schrottimmobilien wie diese an der Hagedornstraße in Marxloh von der Gebag gekauft und abgerissen werden.
CDU-Fraktionschef Rainer Enzweiler fordert, dass geräumte Schrottimmobilien wie diese an der Hagedornstraße in Marxloh von der Gebag gekauft und abgerissen werden. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Marxloh habe „schon lange ein Müllproblem“, meint der CDU-Politiker, aber es habe sich mit dem Zuzug der Rumänen und Bulgaren „drastisch verschärft“, auch wenn „der zeitliche Zusammenhang kein Kausalitätsbeweis ist“.

Mit Ordnungsdezernent Paul Bischof (CDU) habe seine Fraktion auch „die Möglichkeiten für Videoüberwachung an neuralgischen Punkten“ erörtert. Die Videoüberwachung am berüchtigten Pollmann-Eck habe sich laut Polizei schließlich bewährt.

Ein weiterer Vorschlag Enzweilers: Die Schulen müssten Kindern aus Sinti- und Roma-Familien vermitteln, dass der Müll auf der Straße Ungeziefer anlocke. Dann „könnten die Eltern von den Kindern lernen“.

Enzweiler: Schrottimmobilien abreißen und Sozialwohnungen bauen

Aktion „Null Toleranz“: 245 wilde Müllkippen in Marxloh

Ende Juli waren 21.072 Personen in Marxloh gemeldet, darunter 1.250 mit rumänischer, 4.358 mit bulgarischer, 2.791 mit türkischer und 9.109 mit deutscher Staatsangehörigkeit. In Marxloh sind zurzeit 84 Nationalitäten vertreten.

Bußgelder ab 100 Euro werden bei größeren Verstößen vom Ordnungsamt verhängt. Damit muss rechnen, wer Sperrmüll unangemeldet auf die Straße stellt. Bei groben Verstößen kann das Bußgeld bis zu 50.000 Euro betragen.

Im Rahmen der Aktion „Null Toleranz“ haben Bürger-/Ordnungsamt und die Wirtschaftsbetriebe 2018 im gesamten Stadtgebiet 717 wilde Müllkippen entdeckt und beseitigt – allein 245 in Marxloh und Bruckhausen. In immerhin 110 der 717 Fällen konnten die Ordnungshüter die Müllsünder ermitteln und ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten.

Anwohner sollen den Wirtschaftsbetrieben wilde Müllkippen telefonisch unter 0203 283 6000 melden.

Als ersten Erfolg wertet Enzweiler die Strategie der städtischen Task Force gegen Schrott-Immobilien. Seit Ende 2016 hat sie 45 Gebäude komplett geräumt – 24 allein in Marxloh. Die städtische Immobilientochter Gebag solle die Problemhäuser abreißen und die Grundstücke an private Investoren verkaufen, meint Enzweiler: „Die Auflage muss dann sein, dass dort binnen zwei Jahren sozialer Wohnungsbau erfolgt.“

Neue Frei- und Grünflächen an der Stelle der Problemhäuser lehnt Enzweiler dagegen ab: „Das würden nur neue Müllhalden und Problemzonen.“

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