Duisburg. In 80.000 Büchern haben sich Studierende der Uni Duisburg-Essen verewigt: Mit Textmarkern, Kuli, Kaffeeflecken. Der Digitalisierung zum Trotz.
Mit neongelbem Textmarker sind ganze Sätze unterstrichen, mit Kuli Notizen an den Rand gemalt, Seitenecken umgeknickt, ein Kaffeekringel ziert die oberste Seite. Manches Buch sieht nach dem Lesen schwer mitgenommen aus. Das ist vor allem dann ein Problem, wenn es nicht besessen, sondern ausgeliehen wurde.
In der Facebook-Gruppe Universität Duisburg-Essen postete jetzt eine Mitarbeiterin der Bibliothek ein Foto von einem besonders drastischen Fall und bittet damit die Nutzer, Bücher so abzugeben, wie man sie selbst vorzufinden wünscht. Die Universitätsbibliothek (UB) habe nicht die Mittel, alle Bücher nachzubestellen. Einige seien nicht mal mehr lieferbar.
Ärgerlich sind solche Schmierereien vor allem, weil man in der UB wichtige Artikel oder Seiten kostenlos einscannen kann, sagt Dr. Andreas Sprick, stellvertretender Direktor der UB. Wer intensiv mit Stiften und Farben arbeiten wolle, könne sich die Seiten für 3,7 Cent pro Seite ausdrucken.
Medien werden über ein Selbstverbuchungs-System zurück gegeben
In den Büchereien in Duisburg und Essen gibt es ein Selbstverbuchungs-System. Das heißt, dass Studenten mit ihrem Ausweis die Medien selbst ausleihen und später an der Rückgabestation auch selbst wieder zurückgeben. Mitarbeiter haben die Bücher nur beim Einsortieren in der Hand. Dann werde geschaut, ob es äußere Schäden hat wie Wasserflecken oder sich jemand innen verewigt hat.
Sprick betont, dass bei auffälligen Verschmutzungen der letzte Nutzer angeschrieben werde. Schadensersatz werde nur dann gefordert, wenn zweifelsfrei klar ist, von wem die Schmierereien sind. Das sei aber eher selten der Fall. Zu Spitzenzeiten seien über 10.000 Besucher täglich in der Uni-Bibliothek an den Standorten Duisburg und Essen, hier können sie in über zwei Millionen Titeln stöbern. Gemessen daran sei der Grad der Zerstörung nicht sehr hoch: „Maximal 10.000 Titel haben festgehaltene Beschädigungen“, sagt Sprick. In rund 80.000 Büchern seien „Anstreichungen“ festgestellt worden, „überwiegend dezent Unterstrichenes mit Bleistift“. Wie hoch die Dunkelziffer ist, lässt sich nicht ermessen.
Mancher Studierende ist womöglich sogar dankbar für die hinterlassenen Spuren, weil wichtige Informationen sofort ins Auge springen. Oder weil sich jemand schon die Mühe gemacht hat, Übersetzungshilfen in asiatischen Schriftzeichen am Rand zu notieren.
Viele Lehrmaterialien auf digitalen Plattformen
Herausgeschnitten werde wenig. „Wir haben als Gebrauchs-Bibliothek aber auch nicht viel im Bestand, das bibliophile Menschen locken könnte, keine alten Kupferstiche“, erklärt Sprick.
Insgesamt werde immer mehr in elektrischer Form zur Verfügung gestellt. Lehrmaterial werde auch von den Dozenten selbst auf Plattformen hochgeladen, die ihren Studierenden so eine passgenaue Vor- oder Nachbearbeitung der Vorlesungen ermöglichen.
Begehrte Bücher werden versteckt
Bei aller Digitalisierung: Ein Phänomen gibt es in Universitätsbüchereien, das noch nicht ausgemerzt ist. Besonders begehrte Werke aus dem Präsenzbestand werden immer noch versteckt – also an einem falschen Ort ins Regal sortiert oder hinter einer Reihe Bücher in der zweiten Reihe vor dem Zugriff anderer verbuddelt.
Die Uni-Bibliothek hat über 2,4 Millionen Medien im Bestand. 149 Mitarbeiter kümmern sich um 2,2 Millionen Besucher jährlich. Aktiv benutzten zuletzt 32.259 Personen die Bücherei und liehen oder verlängerten 1,77 Millionen Medien. Für Literatur wurden im letzten Jahr 4,9 Millionen Euro ausgegeben, davon gingen knapp 1,34 Millionen Euro in gedruckte Werke, 3,5 Millionen in elektronische Medien.