Duisburg. Die Eltern planschten im Wasser, das Kind schmorte bei 37 Grad unbeaufsichtigt im Kinderwagen. Amtsgericht Duisburg gab Bewährungschance.
Die Tat macht fassungslos: An einem der heißesten Tage des Jahres 2018 ließ ein junges Paar seinen sechs Wochen alten Sohn an der Sechs-Seen-Platte über längere Zeit unbeaufsichtigt im Kinderwagen schmoren, während es selbst sich im Wasser vergnügte. Als es deswegen Ärger gab, schubste die Mutter Kinderwagen mitsamt Baby in ein Gebüsch, stieg in einen Bus und fuhr davon. Vor dem Amtsgericht kamen die 20-jährige Frau und ihr ein Jahr jüngerer Lebensgefährte mit Bewährungsstrafen davon.
Ob das Baby nun, wie es die Anklage formulierte, zwei Stunden lang ohne Flüssigkeitszufuhr der heißen Sonne ausgesetzt war, oder ob es, wie die Angeklagten angaben „nur“ 30 bis 60 Minuten gewesen seien und der Kinderwagen zunächst noch im Schatten gestanden habe, änderte an einer Verurteilung wegen Verletzung der Fürsorgepflicht wenig. Andere Badegäste waren am Wasserspielplatz im Sportpark Wedau schließlich auf das schreiende Kind aufmerksam geworden und hatten die Polizei verständigt. Die sprach einen Platzverweis aus.
20-Jährige schubste Kinderwagen in Gebüsch
Darüber, so die 20-Jährige, sei es nach dem Verlassen des Geländes zum Streit mit ihrem Lebensgefährten gekommen. Ein Streit, der auf erschreckende Weise endete: An einer Bushaltestelle schubste die Mutter den Kinderwagen mitsamt ihren Baby in ein Gebüsch, stieg in einen Bus und fuhr einfach davon. „Ich wollte einfach nur weg von meinem Freund“, begründete sie die Tat, die juristisch als Aussetzung gewertet wurde, mit der die Frau das hilflose Kind der Gefahr des Todes oder schwerer Schäden aussetzte.
Zumal auch der 19-Jährige Anstalten gemacht hatte, ebenfalls in den Bus einzusteigen. „Ich wollte nur meine Freundin da rausholen“, so der 19-Jährige. Ein Zeuge hatte das anders gesehen. „Als die Frau in den Bus sprang, stand er erst hilflos da“, berichtete er. „Sein Blick irrte zwischen Bus und Kinderwagen hin und her.“ Er habe den Angeklagten daran gehindert, auch noch in den Bus einzusteigen, so der Zeuge. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass er nur seine Freundin holen wollte.“
Kein Bedauern über die Tat
Beim ersten Verhandlungsversuch im Februar dieses Jahres hatte das Verfahren wegen eines fehlenden Zeugen nicht zum Abschluss gebracht werden können. Damals hatten die Angeklagten zu den Vorwürfen geschwiegen. Im zweiten Anlauf räumte das junge Paar die Vorwürfe ein. Bedauern über das Geschehen war den beiden Angeklagten allerdings nicht anzumerken.
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„Wie kann man nur ein Kind an einem so belebten Ort so lange unbeaufsichtigt lassen?“ Der Vorsitzende des zuständigen Jugendschöffengerichts konnte sich nur wundern. Alle am Prozess beteiligten Juristen bescheinigten den Angeklagten, als Eltern völlig versagt zu haben. „Man kann nur froh sein, dass das Kind die Sache unbeschadet überstanden hat und inzwischen in einer Pflegefamilie lebt“, so die Vertreterin des als Nebenkläger auftretenden Jugendamts, in dessen Obhut der kleine Junge sich seit dem Vorfall befindet.
Das nächste Kind kommt im Oktober
Die 20-Jährige wurde zu einer einjährigen Jugendstrafe verurteilt, deren Vollstreckung auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der 19-Jährige kam mit einer 18-monatigen Bewährungsstrafe, in die eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs aus September 2018 einbezogen wurde, davon. In zwei Monaten soll das zweite Kind des Paares zur Welt kommen. „Man kann nur hoffen, dass das Jugendamt von Anfang an genau hinguckt“, so der Vorsitzende Richter. Derzeit ist es allerdings wohl so, dass die zuständige Sachbearbeiterin in den Ruhestand ging, einen neuen Ansprechpartner gibt es nach Aussage der Angeklagten noch nicht.