Duisburg. Der Kunstverein zeigt die erste größere Ausstellung mit Werken von Hans-Jürgen Vorsatz nach zehn Jahren. Wovon der Künstler redet, wenn er redet.
Die großen Skulpturen von Hans-Jürgen Vorsatz sind zwar an vielen Orten in Duisburg zu sehen, sie in einer Ausstellung zu präsentieren, ist aber ein logistisches Problem, eben weil sie groß und schwer sind. So musste der Kranwagen anrücken, um die Skulptur „1984… und danach“, die sonst vor der Thyssenkrupp-Verwaltung in Bruckhausen steht, zum Kunstverein Duisburg nach Kaßlerfeld zu bringen. Dort bleibt sie im Hof stehen, weil sie selbst für den großen Ausstellungsraum am Weidenweg zu groß war.
Die letzte umfangreiche Ausstellung hatte der Künstler, der 1945 in Düsseldorf geboren wurde und seit 1979 im Atelierhaus an der Goldstraße arbeitet, vor zehn Jahren. Seinen kleinen Formate hingegen begegnet man häufiger. Schon diese haben eine intensive Ausstrahlung, die großformatigen saugen hingegen die Aufmerksamkeit des Gegenübers geradezu auf, wie die Ausstellung „meine Sprache – wovon ich rede, wenn ich rede“ zeigt.
Der Duisburger Künstler reagiert auf aktuelle Ereignisse
Vor allem redet Vorsatz vom Herausholen des Inneren bei seinen Steinskulpturen. So hat er einen linsenförmig geschliffenen, tiefschwarzen, granitartigen Stein in der Mitte gekeilt und in den Spalt einen transparenten Glaskubus gesetzt. „Er soll alles zeigen, was uns bewegt, er geht in die Tiefe“, sagt der Künstler. Das Auseinanderbrechen und Verbinden ist dabei eines seiner Arbeitsprinzipien.
Vorsatz reagiert auf aktuelle Ereignisse, seine Kunst kann man aber nicht politisch nennen. Eher philosophisch nähert er sich den großen Fragen der Gegenwart. Er tauscht seine Gedanken mit Dichtern wie dem Chilenen Pablo Neruda oder dem Japaner Haruki Murakami aus, der er jüngst beim Laufen kennen gelernt hat.
Jedes Werk beeindruckt mit seiner Materialität
Alle Werke von Vorsatz beeindrucken mit ihrer Materialität. In einer der neueren Wandarbeiten, deren Hauptmotiv an das Blatt einer Kreissäge erinnert, verbindet er Ölfarbe, Blattsilber, Blei und Asche von Basaltlava, die Kreissäge „ruht“ auf zwei schwarzen Blöcken, dort wo sie einen „angesägt“ hat, zeigt sich die Verletzung in getrockneten Rosenblättern. „Extrem laut und unglaublich… nah“ betitelt Vorsatz dieses Bild einer Bedrohung.
Konkrete Benennungen würden den Horizont des Künstlers nur einengen. Begriffe wie „Fluchtpunkt“ oder „Kreuz des Lebens“ tauchen in den Titeln häufiger auf, bleiben aber offen deutbar. Der Fluchtpunkt erweitert die Perspektive nicht nur auf Flucht, wobei Vorsatz durchaus auch das Leid der Bootsflüchtlinge einbezieht, und auch das „Kreuz des Lebens“ meint mehr als die Kreuzform.
Eines der neuen Bilder zeig ein solches Kreuz in Rot, dazu kommen Blei, Stein, Astholz – und eine blaue Fläche. Eine „kalte“ Farbe, die Vorsatz allerdings mit Wohlgefühl verbindet, die von Sehnsucht, Ferne, aber auch Nähe sprechen kann. So ambivalent ist auch das Motiv des Hauses, das mal wie ein heimeliges Nikolaushaus, mal als Hochhaus auftaucht. Und die Treppen auf den Bildern von Vorsatz führen ins Nichts.
Für Ausstellungskurator Daniel Koch passen die Vorsatz-Arbeiten zu aktuellen Globalisierungs- und Klimafragen. „Der Mahn-Effekt ist da“, sagt Vorsatz, „aber ich möchte euch alle mitnehmen und zeigen, was mich bewegt.“