Duisburg. Erstmals seit Jahren durfte die klamme Stadt bestimmte Stellen ausschreiben. Sie erhielt 2800 Bewerbungen. Welche Jobs (nicht) gefragt sind.
„Selbst nach Oberhausen sind Leute von uns gegangen!“ Empört stichelt Rainer Hagenacker gegen die Nachbarstadt. Der Vorsitzende des Personalrats der Stadt Duisburg erinnert sich an mehrere Fälle von Mitarbeitern seiner Stadtverwaltung, die wegen des Personalmangels und der Arbeitsbedingungen in Duisburg lieber in Behörden der – ebenfalls hoch verschuldeten – Nachbarstadt arbeiten wollten. Diese Zeiten scheinen vorbei. Als Arbeitgeber wirkt die Duisburger Stadtverwaltung immerhin so attraktiv, dass nach der Ausschreibung von 117 Stellen im April insgesamt 2800 Bewerbungen eingegangen sind. „Dass es gleich so viele werden, hätte ich nicht gedacht“, freut sich Oberbürgermeister Sören Link.
Sören Link: Bürger werden Verstärkung spüren
Er und Stadtdirektor Martin Murrack hatten ein neues Bewerbungsportal und eine Werbekampagne gestartet, um Mitarbeiter für die 117 Stellen im „Nicht-Ausnahmebereich“ (siehe Infobox) zu finden. Das erste Mal seit Jahren durfte die Stadt unbesetzte Stellen mit externen Kräften besetzen.
Zuvor hatte die Bezirksregierung Düsseldorf Ende März den Duisburger Sparkurs der vergangenen Jahre honoriert und sich überzeugen lassen, „dass diese Neueinstellungen auch wirtschaftlich Sinn machen“, so Link.
Der OB verspricht: „Die Bürger werden spüren und sehen, dass wir echte Verstärkung bekommen haben für Aufgaben, die wir seit Jahren erfüllen mussten.“ Auch Personalratschef Hagenacker spricht von einem „Hoffnungsschimmer für schwer frustrierte Leute“, betont aber: „Noch immer sind 450 bis 500 Jobs in der Verwaltung unbesetzt.“
Planmäßige Neueinstellungen
Die Stadt hatte 310 vakante Stellen in der Kernverwaltung im „Nicht-Ausnahmebereich“ identifiziert. Bevorzugt ausgeschrieben hat sie solche für Pflichtaufgaben, mit Bürgerkontakt und finanziellen Auswirkungen. Planmäßig, also über die 117 Stellen hinaus, wird in diesem Bereich ein Drittel der Ausscheidenden durch Neueinstellungen ersetzt (2019: 40 von 120 Stellen).
Im „Ausnahmebereich“ müssen offene Stellen – etwa von Erziehern, Feuerwehrleuten und Schulsekretärinnen – sofort ersetzt (2018: 75 Vollzeit-Stellen).
Darüber hinaus übernimmt die Stadt Auszubildende bei erfolgreichem Abschluss. 2019 könnten das 91 neue Mitarbeiter werden.
Sören Link macht noch mehr Hoffnung: Er sei optimistisch, „dass wir trotz des Haushaltssanierungsplans auch 2020 und 2021 wieder ausschreiben können“. Kämmerer Murrack rechnet für die kommenden Jahre mit weiter steigenden Personal- und Versorgungsaufwendungen – nicht nur, weil Tariferhöhungen den aktuell 6780 Angestellten (auf 5964 Stellen) mehr Gehalt bescheren: In diesem Jahr sind im Haushalt 425,7 Millionen Euro für Bedienstete und Pensionäre eingeplant, 2013 waren es noch 348,2 Millionen Euro (2017: 404,5; 2018: 414,9).
Die vom Stadtrat beschlossenen 117 Neueinstellungen schlagen mit einem Mehraufwand von vier Millionen Euro 2019 und 6,6 Millionen Euro 2020 zu Buche.
Lange Wartezeiten und -schlangen in Duisburger Ämtern
Wegen des Haushaltssanierungsplanes hatte die Stadt als mit Landesmitteln unterstützte „Stärkungspaktkommune“ offene Stellen in den vergangenen Jahren mit eigenen Leuten besetzt. Eine Folge: Das Durchschnittsalter der Bediensteten stieg zwischen 2010 und 2017 von 44,1 auf 47,3 Jahre.
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Nun aber kommen mit den Neuen auch Jüngere. Stadtsprecherin Susanne Stölting berichtet von einem „regelrechten Run“ auf einige Stellen. Besonders viele Bewerber möchten demnach Bürojobs als Sachbearbeiter, etwa im Amt für Rechnungswesen und Steuern oder im Amt für Soziales, so Stölting: „Sehr groß ist auch das Interesse am mittleren Dienst mit kaufmännischer Ausbildung, zum Beispiel im Call-Center, in den Servicestellen und im Straßenverkehrsamt.“
Dort waren lange Wartezeiten und -schlangen wegen der Personalnot in den vergangenen Jahren bekanntlich keine Ausnahme.
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Darüber hinaus stehe besonders der städtische Außendienst (SAD) bei Bewerbern mit Verwaltungsausbildung und bei Quereinsteigern hoch im Kurs. Die Mitarbeiter des SAD sind als Ansprechpartner der Bürger und „Auge“ der Verwaltung auf den Straßen unterwegs, ahnden Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern und wachen über die öffentliche Ordnung.
Stadt Duisburg sucht noch Ingenieure und einen Tierarzt
31 der 117 Stellen waren Ende vorige Woche bereits besetzt, auf 19 weitere Zusagen wartet das Personalamt. Dessen Mitarbeiter führen die Gespräche mit geeigneten Bewerbern.
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Sicher: Die Arbeitslosenquote in der Stadt lag im Juli bei 10,9 Prozent, und die ausgeschriebenen Stellen sind unbefristet, krisensicher, tarifgebunden. Gute Gründe für die hohe Zahl der Bewerbungen. Sören Link hat freilich weitere: „Wir bieten mobiles Arbeiten“, wirbt der OB, „zudem familienfreundliche Arbeitszeitmodelle, und wir nehmen Mitarbeiterentwicklung ernst.“
Vielen besser gebildeten Spezialisten reicht das offenbar noch nicht: Die Stadt sucht so weiterhin etwa Bauingenieure und einen Tierarzt. Sie können sich online bewerben: unter duisburg.de/karriere.