Duisburg. Christa Saeger ist die Miss Marple des Ruhrgebiets. In Duisburg jagt die 72-Jährige Ladendiebe. Was bei Langfingern beliebt ist:
Wenn eine Seniorin wie Christa Saeger ihren Einkaufswagen durch den Supermarkt schiebt, ist das nicht ungewöhnlich. Doch bei der 72-Jährigen ist das anders: Sie ist nicht auf Einkaufstour, sondern jagt Ladendiebe. Christa Saeger ist Detektivin. Wie sie Langfinger erkennt und was bei Dieben beliebt ist:
„Den Einkaufswagen hab ich immer dabei“, sagt Christa Saeger über ihre Tarnung. So wie an diesem Tag in einem Supermarkt in Meiderich. Immer schön unauffällig lautet die Devise der 72-Jährigen, doch aller Unscheinbarkeit zum Trotz: Die vermeintlich liebe Omi hat ihr Umfeld genau im Blick. Sie ist bei der Jagd. „Mehr als 9000 Diebe hab ich schon erwischt.“
Ladendetektivin in mehreren Städten im Einsatz
Bis zu acht Stunden am Stück verbringt Saeger in Supermärkten, nicht nur in Duisburg, sondern auch etwa in Dortmund oder Recklinghausen. Sollte kurz vor ihrem Feierabend noch ein Dieb den Laden betreten: „Dann gehe ich sicher nicht nach Hause, den hole ich mir noch.“
Die 72-Jährige lebt ihren Beruf. Arbeiten müsste die in Erkrath lebende Saeger eigentlich nicht mehr. Aber schon vor 14 Jahren ist ihr Ehemann verstorben und die Enkelkinder sind schon groß. „Den ganzen Tag vor dem Fernseher auf der Couch? Da verblödet man doch. Ich habe lieber noch Action.“
Diebstahl an der Fleischtheke in Duisburg
Ereignisreiche Tage hat sie gewiss: So wie im Juli, als sie eine Frau mit reichlich Fleisch erwischt hat. „Die hat sich an der Theke noch beraten lassen, wie sie das Fleisch zubereiten soll“, ärgert sich Saeger. Statt zur Kasse, ging die Frau jedoch in Richtung Eingang zurück.
Und in Sekundenschnelle wird aus der unscheinbaren Seniorin die Ladendetektivin: Sie stellt die Frau zur Rede. Daraufhin rammt die Diebin ihren Einkaufswagen gegen die 72-Jährige und versucht zu flüchten. „Da hab ich sie festgehalten und sie hat um sich geschlagen.“ Genützt hat es nichts: Für die Frau endete der „Einkauf“ mit einer Anzeige und die Miss Marple des Ruhrgebiets hatte wieder zugeschlagen.
Woran erkennt die Detektivin einen Dieb?
Doch woran erkennt die erfahrene Detektivin einen Dieb? Schon beim Betreten des Ladens verraten sich einige selbst, sagt Saeger. „Ich erkenne sie an den Augen – da stimmt was nicht. Die sind sehr unruhig.“
Dann verfolgt sie unauffällig jeden Schritt des erst mal noch mutmaßlichen Ladendiebs, der scheinbar planlos durch die Verkaufsabteilungen schlendert. Sie analysiert die Kleidung, inwiefern sie Möglichkeiten bietet, Waren zu verstecken. „Im Hochsommer kam mal eine im Daunenmantel und ließ Vitamintabletten in den Taschen verschwinden.“
Taschendiebstahl: Im Einsatz für die Kunden
Ein weiterer Anhaltspunkt, dass ein Kunde in Diebstahlabsicht ein Geschäft aufsucht, können Taschen aller Art sein – vor allem dann, wenn sie geöffnet mitgeführt werden, sagt die Detektivin. Aber offene Taschen von Kunden werden schnell auch zum Ziel von Dieben.
Dann greift Christa Saeger ein: In ihrem Einkaufswagen platziert sie immer eine offene Handtasche mit einem dicken präparierten Portemonnaie – „Alles nur Kindergeld.“ So möchte die Seniorin Diebesbanden im Laden direkt locken und überführen. Oder sie versucht geschickt die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, wenn Gefahr etwa für andere Kunden droht. „Da krieg ich Wut und rufe direkt die Polizei.“
Kondome, Fleisch und Toilettenpapier
Und welche Produkte erwecken bei Dieben Begehrlichkeiten? „Fleisch und Wurst aus der Frischetheke“, sagt Saeger. Beliebt auch: Kondome. „Die Männer sind zu feige anne Kasse zu gehen“ – da haben sie aber die Rechnung ohne die Ladendetektivin gemacht: „Kondome muss man auch bezahlen“, ruft die 72-Jährige dann durch den Laden. „Dann bekommen die ne rote Birne.“ Doch eigentlich gibt es kaum Grenzen: Sogar das Toilettenpapier wird auf dem Kunden-WC gestohlen. Erwischt hat die Ladendetektivin auch viel Personal, das sich zu sehr in Sicherheit wähnte.
Ihren Job kann sie im Alltag nicht einfach so vergessen – wenn sie mit ihren zwei Töchtern auf Einkaufstour geht, wird sie regelmäßig gerügt: „Mama, lass das gucken“, heißt es dann, wenn Mutti wieder mit den Augen wieder Ladendiebe aufspürt. „Wenn dir mal was passiert, dann kommt auf die Urne ein Einkaufswagen“, so die Töchter der Detektivin. Und noch soll nicht Schluss sein: „Bis ich 75 Jahre alt bin, will ich noch weiter machen – solange ich auf der Höhe bin und es gesundheitlich schaffe.“