Duisburg. Fahnder haben während des Einsatzes im Einkaufszentrums „Forum“ einen Duisburger festgenommen. In der Tasche war eine Bombenattrappe.
Die Polizei hat das Einkaufszentrum „Forum“ in der Duisburger Innenstadt am Montagabend wegen eines Bombenverdachts evakuiert und stundenlang gesperrt. Kurz vor Mitternacht sprengten Spezialisten des Landeskriminalamtes (LKA) eine verdächtige Tasche mit einem Wasserstrahl auf: Darin befand sich eine offenbar ungefährliche Bombenattrappe, meldete die Polizei am Dienstagmittag.
Gleichzeitig spielte sich an der deutsch-niederländischen Grenze am Montagabend offenbar ein regelrechter Krimi ab. Denn während des Großeinsatzes in Duisburg gelang es der niederländischen Polizei um 22.30 Uhr bei Amsterdam, den bislang einzigen Tatverdächtigen um 22.30 Uhr festzunehmen: einen Deutschen aus Duisburg, sagte Ulrich Faßbender, Sprecher der für solche Bedrohungslagen zuständigen Polizei Essen.
Obgleich die genauen Hintergründe noch unklar sind, erfuhr unsere Redaktion aus gut informierten Polizeikreisen, dass es sich bei dem Festgenommenen um einen polizeibekannten 31-Jährigen handelt.
Die wichtigsten Infos zum Großeinsatz im Überblick
- Mitarbeiter meldeten herrenlose Tasche um kurz nach 19 Uhr
- Forum Duisburg und König-Heinrich-Platz wurden um 19.15 Uhr geräumt
- Spezialkräfte des LKA sprengten schwarze Tasche um 23.56 Uhr auf
- Verdächtiger Duisburger gegen 22.30 Uhr in den Niederlanden festgenommen
- Polizeibekannter Mann lieferte sich Verfolgungsjagd mit Fahndern
- Polizei meldet am Dienstag: In der Tasche war eine Bombenattrappe
- Ermittlungskommission sichtet Videoaufnahmen
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Der festgenommene Duisburger wurde demnach von Fahndern mit einem Golf in der Nähe von Hamminkeln (Kreis Wesel) gesichtet. Offenbar hatte er einige auffällige Ähnlichkeiten mit dem gesuchten Unbekannten, der die Tasche in Duisburgs größtem Einkaufszentrum abgestellt hatte – und einen Großeinsatz auslöste, für den Einsatzhundertschaften und Spezialeinsatzkommandos aus Ruhrgebiet und Rheinland in die Duisburger Fußgängerzone rasten.
Die Ermittler hatten die ersten Aufnahmen der Überwachungskameras bereits kurz nach der Räumung gesichtet: „Darauf sieht man, wie ein Mann die Tasche dort absichtlich platziert“, so Faßbender. „Es ragten Drähte aus dem Koffer heraus, weshalb wir den Alarm sehr ernst genommen haben.“
Polizeibekannter Duisburger rammte Streifenwagen
Als die Beamten im Kreis Wesel versuchten, den Wagen des Verdächtigen zu stoppen, drohte der Mann nach Informationen dieser Redaktion mit einer Schusswaffe. Zudem soll er einen Streifenwagen mit seinem Golf gerammt haben. Seine Verfolger ließen ihn daraufhin zunächst fahren und blieben in sicherem Abstand an ihm dran. So konnte er zunächst über die Grenze in die Niederlande fliehen.
Forum Duisburg wegen verdächtiger Tasche evakuiert
Die verständigte niederländische Polizei übernahm die Verfolgung nach dem Grenzübergang und meldete den Fahndungserfolg um 22.30 Uhr. Es war ihr gelungen, den 31-Jährigen in der Nähe von Amsterdam zu stoppen und festzunehmen.
Die Bild-Zeitung berichtet, dass der Mann der Reichsbürger-Szene angehören soll. Das verwiesen Ermittler allerdings „ins Reich der Mythen“.
Bombenattrappe in der abgestellten Tasche
Einen zweiten Verdächtigen gibt es bislang nicht. Um beweisen zu könne, dass der Festgenommene die Tasche mit der Bombenattrappe abgestellt hat, „müssen wir ihn hier in Deutschland befragen und hier den Abgleich mit den Videoaufnahmen machen“, erläutert Polizeisprecher Faßbender.
Um den Duisburger über ein Rechtshilfegesuch nach Deutschland zurückholen zu können, müssen Duisburger Richter also einen Haftbefehl erlassen. Die Ermittler arbeiteten daran, dass die Staatsanwaltschaft diesen U-Haftbefehl schnellstmöglich erlassen könne, so Faßbender am Dienstagmittag.
LKA-Spezialisten schossen Wasserstrahl auf Tasche
Zunächst hatten Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes die große schwarze Tasche mit den Drähten am Montagabend untersucht. Sie setzten dafür auch einen ferngesteuerten Roboter und Sprengstoffspürhunde ein.
Später eilte ein Sprengmeister des Kampfmittelbeseitigungsdienstes zu ihnen. Dieser stieg in einen Spezialanzug, um die Tasche genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Experte konnte aber ebenfalls nicht herausfinden, was sich in dem Koffer befand.
Um 23.56 Uhr gelang es den Sprengstoffexperten des LKA dann, die schwarze Tasche mit einem Wasserstrahl zu öffnen.
Eine Explosion löste dieser starke „Beschuss“ nicht aus. Die Einsatzkräfte konnten zunächst Entwarnung geben.
Sprengung: Sicherheitsabstand in der Fußgängerzone
Danach durchsuchten Beamte der Hundertschaft gegen 1.30 Uhr mit Spürhunden das gesamte Einkaufszentrum erneut. Erst danach, gegen 3 Uhr in der Nacht, konnten Mitarbeiter der Geschäfte in Begleitung der Beamten persönliche Gegenstände aus den Läden holen.
Vor dem Beschuss der Tasche hatten die Einsatzkräfte wartende Angestellte, Kunden und Schaulustige in der Fußgängerzone um 23.30 Uhr vom König-Heinrich-Platz weiter weg zum Opernplatz geschickt. Gegen 0.30 Uhr warteten noch etwa 60 Händler und Kunden darauf, in den Komplex zurückkehren zu können.
Ermittler sichteten Videobänder während der Räumung
Seit etwa 22 Uhr hatte der Führungsstab der Polizei über das weitere Vorgehen beraten. Die Kripo ermittle gleichzeitig, wer den Koffer in der Einkaufspassage abgestellt hat, sagte am Montagabend Michael Wrdenski von der Polizei Duisburg: „Die Kollegen sichten bereits Videomaterial der Überwachungskamera.“
Bereits um kurz nach 19 Uhr hatte der Mitarbeiter eines Geschäftes die Sicherheitskräfte wegen der herrenlosen Tasche verständigt. Die Tasche stand in der Einkaufspassage neben einem der Läden.
Auch Tiefgarage gesperrt – viele Kunden mussten warten
Augenzeugin Joelina Huth berichtete, nach einer Lautsprecher-Durchsage um etwa 19.15 Uhr ertönten Sirenen im Einkaufszentrum: „Alle Passanten haben das Forum ruhig verlassen.“
Huth war mit ihrer Mutter Brigitte und ihrer Schwester Charline im Forum und musste am Montagabend wie viele andere Betroffene vor dem weiträumig abgesperrten Forum auf das Ende des Einsatzes warten: Die Kunden konnten wegen des Großeinsatzes nicht zu ihren in der Tiefgarage des Forums geparkten Autos.
Evakuierung: Angestellte konnten Kassen nicht mehr abschließen
Um etwa 21 Uhr warteten noch etwa 200 Menschen vor dem Forum, unter ihnen auch Mustafa Toplu mit seiner Tochter. Er hatte seinen Wagen einige Stunden zuvor ebenfalls in der Tiefgarage abgestellt: „Eigentlich habe ich jetzt Spätschicht“, ärgerte er sich. „Wir waren in der Stadt unterwegs. Als wir zurück in die Garage wollten, war alles abgesperrt.“
Mit den Kunden warteten in der Fußgängerzone auch zahlreiche Mitarbeiter der Einzelhändler stundenlang. Die meisten konnten die Läden wegen der Räumung nur noch schnell abschließen, nicht aber ihre Kassen.
So harrten an den hängenden Gärten am König-Heinrich-Platz auch Chris Kleifges und Piranavan van Abbruzzese vom Telekom-Shop aus: „Feueralarme und Evakuierungen haben wir hier schon häufiger erlebt, aber nie so lange. Wir haben keine Infos, wie es weitergeht.“
Autos in evakuierten Tiefgaragen: Kunden musste nicht draufzahlen
Für die unfreiwillig verlängerte Parkzeit in den beiden Goldbeck City-Parkhäusern unter dem Forum und unter dem König-Heinrich-Platz mussten betroffene Kunden und Angestellte übrigens nicht noch draufzahlen, versicherte Center-Manager Jan Harm: „Mit Hilfe der Firma Goldbeck konnten wir in der Nacht und am Dienstag Ausfahrtsscheine an Betroffene verteilen.“