Duisburg. Berührende Texte und beeindruckende Aufnahmen zeigt eine neue Ausstellung über intersexuelle Menschen, die im Duisburger Ludwigturm läuft.

Die Ausstellung „Jede*r hat ein Geschlecht: das eigene – Intergeschlechtliche Menschen und ihre Rechte“ lässt in berührenden Texten sechs Leute zu Wort kommen, die mit uneindeutiger Geschlechtszugehörigkeit geboren wurden. Die Ausstellung ist im Ludwigturm im Innenhafen zu sehen, der früher ein verborgenes Treppenhaus in einem Zweckbau war und nun im „Garten der Erinnerung“ als Kulturraum weithin sichtbar dasteht. Der Turm ist das beste Symbol dafür, das nicht immer alles zwangsläufig so bleiben muss, was es einmal war.

Freunde aus der Szene der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender vor Ort

Vor dem Ludwigturm im Duisburger Innenhafen werben Bela Müller und Stefanie Aholt für die Poster-Ausstellung, die noch bis Freitag, 26. Juli, zu sehen ist.
Vor dem Ludwigturm im Duisburger Innenhafen werben Bela Müller und Stefanie Aholt für die Poster-Ausstellung, die noch bis Freitag, 26. Juli, zu sehen ist. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Ich engagiere mich in der Duisburger Ortsgruppe von Amnesty International, bin aber auch bei DU Gay und in der Szene aktiv“, sagt Bela Müller beim Sektausschenken zur offiziellen Eröffnung der Posterausstellung. Er fügt hinzu: „Jetzt ist ja wieder der queere Kulturmonat vor dem Christopher Street Day, dazu wollte ich gerne etwas beitragen. Und die Poster konnte ich über Queeramnesty bekommen.“

Es sind vor allem Freunde aus der Szene der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender da, gemischt mit den älteren Damen aus der Amnestygruppe. Christine Schneider ist eine davon. Sie möchte keine Gefühle verletzen, aber sie kämpft noch manchmal mit den Begrifflichkeiten – so wie viele andere auch.

Nicht länger ins Männlich-Weiblich-Schema pressen lassen

„In einem der Texte nennt sich eine Person selber Hermaphrodit. Den Begriff hätte ich nie benutzt, ich kenne ihn nur aus der klassischen Mythologie“, sagt Schneider nachdenklich und überlegt weiter, ob sie wohl überhaupt schon intersexuelle Menschen kennengelernt haben könnte: „Nach dem äußeren Anschein darf man ja nicht gehen, nicht wahr?“ Für die Beteiligten, die divers genannt werden möchten, weil sie sich nicht länger ins Männlich-Weiblich-Schema fügen wollen, ist die Verunsicherung ihrer Mitmenschen schon ein kleiner Fortschritt. Satt haben sie jene Ärzte, die den Eltern intersexueller Babys heute noch raten: „Da machen wir jetzt mit zwei, drei OPs ein Mädchen draus, das ist das Beste für ihr Kind.“ Dabei seien Kinderseelen inoperabel.

Die körperliche Autonomie zurückgewinnen

Steffi auf einem der Poster entdeckte nach Jahrzehnten Nacktbilder des eigenen Körpers in medizinischen Fachzeitschriften, ohne je von ihrem Arzt um Erlaubnis gebeten worden zu sein. Die meisten Betroffenen brauchen viel Zeit, um ihre körperliche Autonomie halbwegs zurückzugewinnen. Die Operierten leben mit Unfruchtbarkeit, Empfindungsstörungen, Narbenbildung, Hormonmangel und fühlen sich durch Zwangszuordnung zu einem Geschlecht entrechtet. „Du lernst es, dich selbst zu hassen, wenn du nicht der Mensch sein kannst, der du bist“, sagt Eves auf einem der Poster. Eves ist ein übergewichtiger Mensch mit weiblichen Genitalien, freundlichem Lächeln. Und Vollbart.

Zu sehen bis 26. Juli täglich von 16 bis 19 Uhr im Ludwigturm.