Duisburg-Süd. Der 76-jährige Heribert Hölz ist die Bosnienhilfe. Auf seiner jüngsten Reise wurde seine Aktentasche zum Ausstellungsstück im Museum.
Wenn jemand sagt: ,Bosnien? Die sollen selber klarkommen, der Krieg ist immerhin 27 Jahre her’, dann findet Heribert Hölz das „sehr nachvollziehbar“. Was ihn nicht davon abhält, selber hinzufahren, zu helfen, wo es nur geht. Oft genug auch da, wo es eigentlich nicht geht. Vor kurzem ist Heribert Hölz wieder einmal aus Bosnien zurückgekommen, zum 90. Mal. 80.000 Euro ärmer, zahllose Dankesbekundungen und Eindrücke reicher. Und mit dem festen Vorsatz, wieder hinzufahren.
80.000 Euro: Nicht viel, wenn man Heribert Hölz fragt. Zu wenig, immer zu wenig. In Zenica, der viertgrößten Stadt des Landes, 130.000 Einwohner, betreibt die Bosnienhilfe eine Suppenküche. 30.000 Euro pro Jahr fließen dort hinein, „davon machen wir jeden Tag 122 Essen. Das sind Peanuts.“ Denn: „Da gibt es 60 Prozent Arbeitslosigkeit. Das ist die Stadt in Europa mit der höchsten Arbeitslosenquote.“
Ein deutscher Tafel-Chef: „fix und fertig“ über solche Armut in Europa
In Europa! Das treibt Hölz um. Dass es so etwas in Europa gibt, solche Armut: „Ich stehe vor Leuten, die haben 15 Euro Rente.“ Bei jeder Reise nach Bosnien nimmt Hölz Menschen mit, die noch nie in dem Land waren. Um ihnen zu zeigen, was Armut in Bosnien bedeutet. In Europa. Dieses Mal, bei der 90. Reise in 27 Jahren, hat er den Chef der Neukirchen-Vluyner Tafel mitgenommen. Ein Tafel-Chef: einen, der sich auskennt mit Armut. „Der war fix und fertig, dass es sowas in Europa gibt.“
In Banja Luka ist dieses Jahr ein neues Projekt hinzugekommen: Eine Suppenküche hatte geschlossen. Im Stadtteil viele Arme, viel Hunger. Zahlreiche Organisationen sagten ab: zu teuer. „Dann heißt es: Dann müssen wir mal Herrn Hölz fragen“, erzählt der Gefragte. Keine Frage, dass die Suppenküche wieder Essen austeilt.
Seine Tasche machten sie zum Museumsstück
Die Suppenküchen, Alten- und Krankenhilfe, Familienpatenschaften, Schafherden für Kleinbauern als Hilfe zur Selbsthilfe: Heribert Hölz hilft, wo er nur kann. Wo manchmal nur er kann. 10.000 Euro an Spenden nimmt seine Bosnienhilfe im Monat ein, über die Jahre ist einiges zusammengekommen. „Ich hab’ da Millionen hingeschafft.“ Jahre, in denen Hölz für die Bosnienhilfe immer wieder in seine Aktentasche griff. Auf der jüngsten Reise ist sie kaputtgegangen, er wollte sie wegwerfen. Durfte er nicht. „Das ist die Millionentasche“, hieß es, „die kommt bei uns ins Museum!“
Hölz lächelt, wenn er davon erzählt. Er lächelt nicht oft, wenn er über Bosnien spricht. Hölz ist ein Getriebener, ständig die Stirn gefurcht, als überlege er bei jedem Satz, wie er helfen kann, mehr Menschen helfen kann. Erfindungsreich ist er: Mit seiner Frau hat er über die Jahre 70.000 Gläser Marmelade gekocht und für die Bosnienhilfe verkauft. Vor ein paar Jahren konnten sie von dem Erlös Häuser bauen für drei Flüchtlingsfamilien „mit acht, neun, zehn Kindern. Die sagen übereinstimmend: Sie haben uns ein neues Leben geschenkt.“ Tränen stehen in seinen Augen. 2018 haben sie 3500 Gläser gekocht. Sie wollen mehr Marmeladenhäuser bauen.
Eigentlich wollte Heribert Hölz nur einmal nach Bosnien fahren
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Dabei wollte Heribert Hölz eigentlich nicht 90 mal nach Bosnien. Oder öfter, wohin er auf dem besten Weg ist. „Ich wollte da einmal hinfahren und helfen.“ 1992 war das, Hölz hatte die Bilder vom Krieg im Fernsehen gesehen. Ihn, 1942 in Hochfeld geboren, erinnerten sie an seine Kindheit. „Ich habe gedacht: Da musst Du helfen!“
Er denkt es immer noch, und er tut es immer noch. Ja, sagt er, der Krieg ist längst vorbei, aber die politische Situation eine Katastrophe: 130 Minister in einem Land so groß wie NRW, und alle „total korrupt. Jeder arbeitet gegen jeden. Es wird noch Krieg geführt, nur mit anderen Waffen.“
Hölz tut das seine dafür, das Land zu befrieden: Indem er den Menschen hilft. Das Geld der Bosnienhilfe kommt da an, wo Hilfe nottut, bei den Ärmsten der Armen. Helfen, das war schon Hölz’ Beruf: 40 Jahre war er Sozialarbeiter bei der Caritas. Helfen, das wurde spätestens 1992 klar, ist auch Hölz’ Berufung. 76 Jahre ist er jetzt, und fest entschlossen: „Ich mache das, solange ich kann. Das kann schnell gehen – das kann auch noch eine Weile dauern.“