Duisburg. Nach Kritik in sozialen Medien stellt sich die Frage: Welche Zukunft hat die Beecker Kirmes? Experten raten zu Dialog und mehr Identifikation.
Viel Kritik musste die Beecker Kirmes einstecken. Vor allem in den sozialen Medien. Es bleibt die Frage – wie soll es mit der Kirmes in Zukunft weitergehen? Der Schaustellerbund gibt Tipps – und kritisiert auch den Veranstalter.
Innerhalb hat die Duisburger Kirmes viele tausende Besucher verloren. Aber: „Das sind alles Schätzzahlen und pures Marketing“, sagt Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes (DSB). Den Zahlen der Vergangenheit könne man getrost keinen Glauben schenken.
Beecker Kirmes: Fehler der Vergangenheit
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„Eine Kirmes muss gepflegt werden“, sagt Ritter. Dazu zähle zwingend der Dialog mit Bürgern, denn ohne Identifikation, kein Erfolg. „Die Identifikation ist der Beecker Kirmes abhanden gekommen“, glaubt der Experte.
„Es muss ein Wir-Gefühl geschaffen werden.“ Als Beispiel nennt der Profi die Cranger Kirmes: Dort gebe es unzählige Fanclubs und Herner nehmen extra Urlaub, um auf der Kirmes Kette zu geben. Auch wenn beide Rummel aufgrund ihrer Größe eigentlich nicht vergleichbar sind: „Die Identifikation ist hier sehr hoch“, sagt Jochen Schübel, Sprecher der Cranger Kirmes. „Es gibt Nachbarschaftsfeste“, wo gemeinsam – und nicht nur unter Bekannten – gefeiert wird. „Es werden für alle die Hinterhöfe geöffnet.“ Die Cranger Kirmes betreibt extrem Markenbindung: „Sei Crange“, heißt das Motto der Kirmes. „Da geht es um Identifikation pur.“
Die Markenbindung wird in sozialen Netzwerken verstärkt: Es gibt für die Cranger Kirmes einen Youtube-Kanal, einen Instagram- und Facebook-Auftritt. „Das Marketing spielt eine wichtige Rolle“, sagt Ritter. Positiv: In Sachen Marketing hat die Beecker Kirmes, so Ritter, mit Duisburg-Kontor einen Schritt nach vorne gemacht. „Es geht aber nicht von heute auf morgen.“
Kirmes im Wandel der Zeit
Das Konzept Kirmes hat sich aber grundlegend geändert und damit haben vor allem die kleineren Veranstaltungen zu kämpfen: „Die Kirmes ist nur noch ein Mosaikstein des riesigen Freizeitangebotes der Region“, sagt Ritter. Das Alleinstellungsmerkmal – etwa Fahrgeschäfte und Leckerein – ist der Duisburger Kirmes abhanden gekommen. Grund dafür sei auch der städtische Weihnachtsmarkt: Fahrgeschäfte für Kinder und gebrannte Mandeln gibt es eben auch dort.
Ein weiterer Grund für das Schwächeln sieht Ritter in der Mobilität: Jugendliche seien so mobil, dass sie einfach in die nächste Großstadt düsen, statt die kleinere Kirmes vor der Haustüre zu besuchen. „Konkurrenz der Kirmes ist auch das Handy“, sagt Ritter. Denn: „Früher ging es auf die Kirmes, um ein Mädel kennenzulernen.“ Heute gibt es Apps dafür – die Autoscooterliebe, ein Relikt der Vergangenheit.
Kirmes soll Familien in den Mittelpunkt stellen
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Als Erfolgsrezept für eine gute Kirmes gilt für den Präsidenten des DSB eine familiäre Ausrichtung – die Kirmes als eintrittsfreie Vergnügungsmeile für die ganze Familie. Dazu gehören etwa Frauen- und Familienparkplätze, ein Programm, dass diesem Publikum gerecht wird – etwa mit Kinderschminken.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Sicherheit: Dabei gehe es vor allem um das „subjektive Sicherheitsempfinden“, klärt Ritter auf, welches etwa durch Präsenz von Security gezeigt werden könne. Denn bei schwindenden Besucherzahlen „spielen veränderte gesellschaftliche Strukturen eine Rolle.“
Lieber schrumpfen statt wachsen
Vielleicht, so glaubt Ritter, war die Kirmes in Beeck zu groß: „Lieber etwas schrumpfen und auf Qualität setzen.“ Auf Meter solle verzichtet werden – dafür müsse die Kirmes in komprimierter Form erscheinen, statt dem Besucher sichtbare Lücken zu präsentieren. Es sei wichtig, dass Traditionsveranstaltungen wie die Kirmes nicht weiter an gesellschaftlicher Bedeutung verlieren. „Es ist die beste Möglichkeit der Integration und um Menschen zusammenzubringen.“