Duisburg. Gitta Przemek (55) aus Mülheim hat in Duisburg mit fünf weiteren Frauen einem gestürzten Rollerfahrer geholfen. Männer fuhren einfach weiter.

Auch Tage danach schwankt die Gefühlslage bei Gitta Przemek zwischen Wut und Fassungslosigkeit. Die 75-jährige Mülheimerin hat neulich bei einem Unfall in Duisburg-Wedau Erste Hilfe geleistet. Fünf weitere Frauen haben ebenfalls angehalten und sie tatkräftig unterstützt – im Gegensatz zu vielen Männern, sagt sie, die sich einfach nur ignorant verhalten und zudem noch gegafft hätten.

Mülheimerin bemerkt Sturz in einer Rechtskurve

Gitta Przemek steht an der Rechtskurve im Bereich Wedauer Brücke/Masurenallee und zeigt mit dem Finger auf eine Stelle: „Genau hier es passiert“. Die Feuerwehr-Leitstelle hat den Unfall auf Nachfrage der Redaktion bestätigt.

Die Seniorin erzählt, wie sie mit ihrem Auto mittags auf der Straße in Richtung Autobahn 3 unterwegs war. Als sie die Rechtskurve nimmt, „hörte ich hinter mir ein fürchterliches Geräusch“, so Gitta Przemek. „Ich schaute in den Rückspiegel und sah einen Rollerfahrer, der in dieser Kurve gestürzt war.“

Regungslos mit dem Kopf auf der Straße

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Sie hielt sofort an, schaltete die Warnblinkanlage an und bemerkte auf der anderen Straßenseite eine andere Frau, die das Gleiche tat. „Wir kümmerten uns um den Verletzten, der zunächst regungslos mit dem Kopf auf der Straße lag. Aus dem Roller lief Benzin. Es hielten noch vier weitere Autofahrerinnen an. Auch sie stiegen aus, um zu helfen.“

Der Verletzte – die Mülheimerin schätzt ihn auf Anfang 50 – sei dann zu sich gekommen und habe mit ihrer Hilfe aufstehen können. „Er stand unter Schock. Wir haben ihn erst einmal in den Schatten gesetzt und gesehen, dass er an einigen Stellen stark blutete, vor allem im Gesicht.“ Er habe auch über Schmerzen im Bein geklagt.

Männer fuhren einfach weiter

Die Frauen verständigten einen Krankenwagen und wollten in der Zwischenzeit den Roller von der Fahrbahn holen. „Der war ganz schön schwer, außerdem lief ja Benzin aus“, erzählt Gitta Przemek. „Ich habe deshalb versucht, zwei Autos, die allesamt von Männern gefahren wurden, anzuhalten. Leider vergeblich. Sie sahen nur kurz auf den Verletzten und fuhren weiter.“

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Später habe immerhin ein Lkw-Fahrer gefragt, ob er helfen könne. „Da hatten wir Frauen aber alles schon erledigt und den Roller mit vereinten Kräften von der Straße gehievt“, sagt die 75-Jährige. „Wir haben den Verletzten auch nach seinen Papieren gefragt, die er mit ins Krankenhaus nehmen musste.“

Als die Helferinnen den Roller abseits der Fahrbahn abstellten und abschlossen, sei noch ein weiterer Mann, der sein Fahrrad über die Straße schob, direkt an der Unfallstelle vorbeigegangen. „Auch er schaute nur und ging wortlos weiter“, so Gitta Przemek. „Das war die Krönung. Das muss man sich einfach einmal vorstellen. Wo ist in unserer Gesellschaft nur das Mitgefühl geblieben?“

75-Jährige zögerte keine Sekunde

Sie selbst sei zum ersten Mal in eine solche Situation geraten, habe aber keine Sekunde lang gezögert zu helfen. „Das muss doch eine „Selbstverständlichkeit sein.“

Der Verletzte habe sich immer wieder bei den Frauen bedankt. „Warum er gestürzt war, konnte er nicht sagen“, so Gitta Przemek. „Als er vom Krankenwagen abgeholt wurde, haben wir Frauen uns gegenseitig an die Hand genommen uns uns beglückwünscht.“ Sie macht eine kurze Pause und sagt: „Ich zumindest hatte einen schönen Tag, der mir das Gefühl gab, etwas Gutes getan zu haben. Einen großen Dank noch mal an alle Frauen, die mit dabei waren. Vielleicht sollten sich unsere Mitbürger einmal darüber Gedanken machen, mit wie wenig Aufwand man Menschen helfen kann.“