Duisburg. . Der Film „Kinder der Utopie“ porträtiert junge Erwachsene mit und ohne Behinderung. Am Mittwoch wird er im UCI gezeigt, eine Diskussion folgt.

Wie wird die Idee der Inklusion in Duisburg gelebt, wie steht es um diese Utopie in Deutschland? Regisseur Hubertus Siegert hat das Leben von sechs jungen Erwachsenen mit und ohne Behinderung dokumentiert. Für die Duisburger Lebenshilfe und das Steinbart-Gymnasium ist sein Film „Kinder der Utopie“ ein Grund, den hiesigen Bedingungen des gemeinsamen Lernens auf die Finger zu schauen. Am Mittwoch, 15. Mai, zeigen sie den Film im UCI und diskutieren anschließend die Situation mit Experten vor Ort.

Inklusion ist kein Hemmschuh für andere Schüler

Für den Schulleiter des Steinbart-Gymnasiums ist die Forderung nach Inklusion offenbar ein zweischneidiges Schwert: „Inklusion klappt an unserer Schule, weil wir zieldifferent unterrichten und die Lehrer sich weit über das normale Maß engagieren“, sagt Ralf Buchthal. ‘Zieldifferent’ bedeutet allerdings: Einen gymnasialen Abschluss oder einen Abschluss überhaupt, machen Kinder mit Behinderung trotz gemeinsamen Unterrichts seltener – je nach Art des Handicaps; er gehört auch nicht zum Anspruch.

Dass es gerade dann hapert, ist auch für die Lehrer nicht einfach zu schlucken, „sondern oft auch mit Frust verbunden, wenn Kinder nicht die Lernfortschritte machen, die wir uns erhoffen. Dann fragen wir uns: Werden wir dem Anspruch gerecht?“, räumt Sonderpädagogin Leonie Mainka ein. Sie sagt aber ebenso deutlich: „Inklusion ist kein Hemmschuh, sie bremsen die anderen Schüler nicht.“

Und doch: Gerade einmal 18 Inklusionskinder gehen an dem 950-Schüler starken Gymnasium zur Schule. Das sind keine zwei Prozent. In der Regel sind drei Jugendliche mit Behinderung in einer Klasse. Und doch ist das schon eine Ausnahme, denn die Gymnasien in NRW dürfen in der Schulkonferenz selbst entscheiden, ob sie Jugendliche mit Behinderung aufnehmen oder nicht.

Ausstattung und Personal fehlen

Oft entscheiden sie sich dagegen. Die Gründe: Es fehlen Ausstattung, Räume, Personal, Schulungen. Und manchmal gibt es auch noch Vorurteile. Das Gymnasium unter G8 tat sich schwer mit der Inklusion, weil die Schulpflicht zehn Jahre besteht, die bestehenden Klassen jedoch nach der Neunten für die Abi-Vorbereitungen aufgelöst werden. Was also tun mit Inklusionskindern, die keine Chance auf das Abi haben? Buchthal zieht deshalb den Hut vor den Gesamtschulen, die diese Wahl gegen Inklusion nicht haben, aber ebenso wenig dafür ausgestattet sind.

Land und Städte streiten über die Finanzierung

„Es fehlen ausgebildete Integrationshelfer“, beschreibt Michael Reichelt, Geschäftsführer der Duisburger Lebenshilfe die aktuelle Lage, denn die Ausbildung hinkt der Zahl der Stellen hinterher. Zudem: Land und Kommune führen einen Streit um die Übernahme der Kosten. Inklusion sei Teil der Schulbildung – also Landessache, fordert die Kommune. Nein, es sei Teil der Jugendhilfe, also kommunal zu tragen, hält das Land dagegen.

Die Situation scheint derzeit verfahren. „Wir hoffen, dass wir mit dem Film ‘Kinder der Utopie’ neue Impulse für die Diskussion hinbekommen“, sagt der Geschäftsführer der Lebenshilfe. Was derzeit fehle, sei vor allem die Stimme der Betroffenen, zu viel werde ‘von oben’ reguliert: „Behinderte Menschen wollen selbstbestimmt sein, sie wollen Unterstützung um ihre eigenen Ziele zu erreichen.“

>>>Film am Mittwoch ab 19.30 Uhr im UCI-Kino

Der Diskussionsabend mit Filmvorführung „Die Kinder der Utopie“ beginnt am Mittwoch, 15. Mai, um 19.30 Uhr. Ort: UCI Duisburg, Neudorfer Straße 36. Der Eintritt inklusive Film kostet 6 Euro.

Auf dem Podium sitzen: Michael Reichelt (Geschäftsführer Lebenshilfe), Celina Balzke (Leitung Service Plus), Ralf Buchthal (Schulleitung Steinbart-Gymnasium), Nicole Seyffert (Referat Gleichstellung der Stadt), Roland Schindler (Integrationshelfer), Thorsten Schultheis (Jugendamt Stadt Duisburg).

Infos zum Film und zur Veranstaltung: www.diekinderderutopie.de/duisburg