Duisburg. . Der Finanzskandal um die fristlos entlassene Geschäftsführerin der Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung weitet sich aus.

Teure Luxus-Möbel in ihrem Büro am Kalkweg, Fortbildungsveranstaltungen mit reichlich Champagner-Konsum zu 120 Euro die Flasche, kostspielige Hotelübernachtungen zu 300 Euro pro Übernachtung, prominente Gastredner, die für einen 30-Minuten-Auftritt 21.000 Euro Honorar bekommen, kostspielige Berater über viele Jahre hinweg, üppige Geschenke an den Aufsichtsrat und andere, üppige Geschäftsessen: Der Skandal um Roselyne Rogg, die im Sommer fristlos entlassene Geschäftsführerin der Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung, weitet sich aus.

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Am Dienstag in der kommenden Woche muss der Rechnungsprüfungssauschuss des Rates der Stadt Duisburg über den aktuellen Schlussbericht der Sonderprüfung der Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung befinden, den die Finanzkontrolleure der Stadt in den vergangenen Monaten akribisch erarbeitet und jetzt der Politik zur Beurteilung vorgelegt haben.

Neue eklatant hohe Geldausgaben entdeckt

Bislang ging es in diesem bekannt gewordenen Finanzskandal zunächst nur um offenbar deutlich überzogene Gehaltszahlungen an die Geschäftsführerin der Werkstatt und um Kosten für ihren überdimensionierten Luxus-Dienstwagen.

Jetzt aber haben die Finanzkontrolleure des städtischen Rechnungsprüfungsamtes in ihrem Schlussbericht, der der NRZ vorliegt, neue Bereiche von eklatant hohen Geldausgaben der Behindertenwerkstatt zu Tage gefördert – wie auch den offenbar gezielten Versuch der umtriebigen Geschäftsführerin Roselyne Rogg, vorsorglich Hinweise zu löschen, die Rückschlüsse auf ihre Geschäftsführerbezüge erlauben

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In einer kurzen Zusammenfassung des Schlussberichtes kommen die städtischen Prüfer sogar zu der Einschätzung, dass die Prüfung des Ausgabeverhaltens der Geschäftsführung „Zweifel aufkommen lässt, ob die satzungsmäßigen Zwecke der WfbM systematisch verfolgt wurden.“ Das heißt im Klartext: Hier wurde offenbar soviel Geld verschwendet, dass womöglich die eigentliche satzungsgemäße Aufgabe der Behindertenwerkstatt, eine wirksame Eingliederung geistig, körperlich und seelisch behinderter Menschen in das Arbeitsleben, nicht mehr geleistet wurde.

So wurden Vorwürfe im Zusammenhang mit der Auszeichnung „TOP 100 der innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstands“ laut. Diese Auszeichnung wurde im Jahr 2017 an die WfbM verliehen. Die Prüfer listen in Ihrem Bericht die extrem hohen Kosten auf, die der Behinderten-Werkstatt im Zusammenhang mit der Preisvergabe entstanden sind.

Mit Erstaunen listen die Kontrolleure in ihrem Bericht den erlesenen Möbelgeschmack der Sozialdienstleisterin auf: So wurde mit einem Duisburger Möbelhaus ein Pauschalpreisvertrag über rund 72.000 Euro für Büromobiliar geschlossen, in erster Linie für Büromobiliar des hochpreisigen Designmöbelherstellers USM. So kostet ein Sideboard (250 cm breit) 4.966 Euro, ein weiteres Sideboard gleicher Größe inklusive Minibar 5641 Euro, ein 300 cm breites Highboard schlägt mit 6953 Euro zu Buche, die Stehleuchte mit Marmorsockel für 1607 Euro, das 130 cm breite Le- Corbusier-Sofa kostete 5984 Euro. Weitere USM-Möbel wurden 2013 für 5366 Euro bei einem anderen Lieferanten bestellt.

Auch eklatant hohe Beratungskosten alarmierten die Kontrolleure: In den letzten Jahren seien von der Werkstattleitung umfangreiche Beraterleistungen vergeben worden, die dem RPA durch ihre schlichte Vielzahl und den damit einhergehenden Kosten aufgefallen seien. Die häufig beauftragten Firmen aus dem süddeutschen Raum verursachten zusätzliche Fahrt- und Übernachtungskosten. 2010 lagen die Kosten dafür bei 55.000 Euro, 2018 bereits bei 332.000 Euro.

Schampus satt auf Kosten der Behinderten

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Auch die jährlichen Kosten für Dienstreisen und Fortbildung seien über die Jahre enorm angestiegen. So verursachte eine dreitägige Fortbildung „Strategietage“ für elf Mitarbeiter im Jahr 2015 Kosten in Höhe von 12.000 Euro, hier wurden dann auch acht Flaschen Champagner zu je 119,90 Euro auf Kosten der Behindertenwerkstatt geleert.

Eine mit „Strategiefahrt Leiterrunde“ bezeichnete Bewirtungsrechnung eines Berliner Restaurants weist den runden Betrag von 2600 Euro für 11 Personen aus.

Zu einer Veranstaltung am 27. September 2017 wurde ein prominenter Gastredner engagiert. Kosten (inkl. einer Visagistin): 21.000 Euro für 30 Minuten Redezeit.

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Auch scheint es seitens der Geschäftsführung der Behindertenwerkstatt üblich gewesen zu sein, im Umfeld Geschenke zu machen, die durch die WfbM gezahlt wurden. Die Prüfer stießen auf Rechnungen über hochwertige Weine. Verschiedene Rechnungen bzw. Lieferscheine von Ars Vivendi tragen handschriftliche Vermerke wie „Geschenke Büro Spaniel“ oder „Geschenke Aufsichtsrat + Elternbeirat“. Apropos Aufsichtsrat: Lästige Sitzungen des Aufsichtsrates dauerten nach Erkenntnissen der Prüfer unter Regie von Frau Rogg in der Regel nicht länger als eine Stunde. Danach gab es feines Essen im Kleinen Prinzen. Kosten: 500 bis 800 Euro, u.a. für Wein und Champagner.

Die dringende Empfehlung der Prüfer an die Politik: Der neuen Geschäftsführung vier Prokuristen mit umfangreichen Kompetenzen beizugeben, um künftige Alleingänge wie u.a. die Abschaffung der internen Revision zu verhindern.

(Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel ist am 10.5.2019 aktualisiert worden.)