Duisburg. . In der Theaterperformance findet Verlorenes zusammen. Ensemble Toboso zeigt bei der Premiere in Duisburg eine WG aus Menschen und Gegenständen.

Otto hat immer was zu tun. Bohren, sägen, ausmessen oder dämlich gucken zum Beispiel. Der Handwerker lässt die Späne rieseln, es riecht nach Holz anfangs der einstündigen Theaterperformance „Lost & Found“, die jetzt beim Akzente-Theatertreffen Premiere im Foyer III hatte. Das freie Essener Ensemble Toboso, das bereits mit „Krabat“ und „Seins.fiction“ zwei spannende Inszenierungen für Jugendliche in Duisburg gezeigt hat, bringt in dieser neuen Produktion Gegenstände und Menschen auf die Bühne, die verloren wirken und zusammen finden.

Der Raum wirkt durch mehrere Rahmen aus Lattenholz begrenzt und offen zugleich. Er erinnert an einen Dachboden, auf dem sich ausgemusterte, vergessene, vielleicht irgendwann noch brauchbare Gegenstände stapeln. Trittleiter und Kassettenrekorder, Teppichdackel und Wählscheibentelefon, Sparschäler und Schmuckkasten. Und dann schält sich aus dem Haufen ein feenhaftes Wesen heraus.

Szenenreiche und intuitive Geschichte

Nach und nach kommen neue Figuren ins Bild. Barbara, die (wie man erfährt) mal durchgedreht ist, steht gern an der Elektro-Kochplatte; aus dem Topf duftete es bald nach Gemüsesuppe. Mit Blümchenkleid und blondem Lockenkopf ist Barbara eine ganz Liebe, die jeden erstmal in den Arm nehmen würde. Klaas, der smarte Verkäufer in buntgemustertem Hemd und anders scheußlich gemusterter Hose preist Gegenstände zum Verkauf. Zwischendurch erzählt die Bahnhofsuhr aus ihrem Leben unter hektischer Beobachtung.

Unter Schlitten, Schmuckkästchen und Folie steht ein menschliches Wesen.
Unter Schlitten, Schmuckkästchen und Folie steht ein menschliches Wesen.

Posaunist Timo und Blockflötistin Sascha, elegant in Dunkelblau, tragen Mireille-Mathieu-Perücken. Sascha, der die Blockflöte ihre Kindheit geraubt hat, liefert eine der schönsten Szenen dieser szenenreich-intuitiven Geschichte ab: Sie rächt sich am verhassten Instrument, foltert die Flöte mit einer Feile, spannt sie in einen Schraubstock und erlegt sie schließlich mit einer Konservendose, aus der Tomatensaft wie Blut spritzt; dazu der Song „Under Pressure“. Der traurige Timo hingegen liest aus einem Abschiedsliebesbrief „Was ich vermissen werde“.

Ein Spiel für alle Sinne

Zuvor aber kommt noch diese große Muschel ins Bild. „Das lebt!“ Der Muschel entsteigt ein schmaler, fremder Mann in Orange. Freund oder Feind? Das Gute siegt, zum 18. Geburtstag wird der Neue von dieser seltsamen WG üppig beschenkt – mit lauter „praktischem“ Kram aus dem Kann-weg-Haufen. Und Barbara hat was zum Geburtstag gekocht.

„Lost & Found“ ist ein skurriles Spiel für alle Sinne, unterhaltsam, witzig und nachdenklich zugleich. Das Stück, das die Performer Moritz Anthes, Lisa Balzer, Moritz Fleitner, Omar Guadarrama, Charlotte Kath, Ivo Schneider und Sindy Tscherrig mit Regisseur Fabian Sattler entwickelt haben und das von Sandra Becker ausgestattet wurde, erinnert an eine dieser wunderbaren Kunstmaschinen von Jean Tinguely: Alle Gegenstände – und mag es noch so unmöglich erscheinen – greifen rappelnd ineinander und laufen zusammen wie geschmiert.

>>>Kulturstiftung des Bundes fördert Kooperation

Lost & Found“ ist das erste Projekt in der vom Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes geförderten Kooperation von Toboso mit dem Theater Duisburg und den Freilichtspielen Schwäbisch Hall. 2020 folgt „Super & Action“.

Weitere Vorstellungen sind am 7. und 8. Mai.

Bereits ausverkauft sind beim Theatertreffen die Vorstellungen von „1968“ am 4. und 7. April. Weitere Vorstellungen sind am 24. und 25. Mai sowie am 9. Juni.