Duisburg. Wegen Personalmangels in einer Bergheimer Kita sollen Eltern ihre Kinder zuhause betreuen. Ein Problem ist der hohe Krankenstand bei Erziehern.

Der Fall der Kita Breslauer Straße in Bergheim schlägt Wellen. Dort ist Personal knapp, so dass Eltern darüber klagten, dass sie ihre Kinder zuhause lassen sollen.

Helga Harden, die Großmutter von Felix und Florian ,ist „empört“ über die Äußerungen des Leiters des Jugendamtes, Hinrich Köpcke. Er hatte letzte Woche im Interview mit dieser Zeitung gesagt, es sei ein Einzelfall, wenn in einer Kita das Personal so knapp sei, dass Eltern gebeten werden, ihre Kinder selbst zu betreuen. Köpcke: „Mir sind keine weiteren Fälle bekannt. Die Personalausstattung in den Duisburger Kitas ist gut, sie orientiert sich am Kinderbildungsgesetz. Außerdem haben wir einen Springerpool, der in solchen Fällen für Entlastung sorgt“, hatte Köpcke gesagt.

Die Erzieher geben alles

Helga Harden ärgerte sich so sehr über diese Äußerung, dass sie eine Mail schrieb. Denn sie beobachtet dieses Phänomen schon seit Jahren. „Meine Tochter hat ihren Jüngsten in der Not schon mit zur Arbeit genommen“, erzählt die 64-Jährige. Sie selbst arbeite schließlich auch und könne nicht jederzeit einspringen.

Verärgerte Eltern stehen in Bergheim vor der Kita an der Breslauer Straße. Wegen anhaltender Personalengpässe in städt. Kitas müssen die Eltern regelmäßig ihre Kinder Zuhause betreuen.
Verärgerte Eltern stehen in Bergheim vor der Kita an der Breslauer Straße. Wegen anhaltender Personalengpässe in städt. Kitas müssen die Eltern regelmäßig ihre Kinder Zuhause betreuen. © Volker Herold

Wo theoretisch auf 15 Kinder drei Betreuer kämen, seien es praktisch 16 Kinder und zwei Betreuer, weil eine schon seit Monaten krank sei, beschreibt Harden. Werde noch eine Betreuerin krank,müsse die Gruppe aufgelöst und auf die anderen Gruppen verteilt werden. Das sei vor allem für ganz Kleine wie ihren knapp einjährigen Enkel Florian schwierig. „Die fremdeln!“ Dabei würden die Erzieher alles geben, „die arbeiten seit Jahren am Limit!“ Eine andere Mutter berichtet ähnliches. Und zitiert Tagesmütter, die raten, einen privaten Kindergarten zu wählen, wenn man auf Nummer sicher gehen wolle.

Lob für die Lebenshilfe

Auf der Facebook-Seite dieser Zeitung argumentierten manche Eltern ähnlich. Vor allem die fünf Kitas der Lebenshilfe werden hoch gelobt. Warum eigentlich, haben wir Daniela Winter, die Geschäftsfeldleiterin für den Bereich Kita bei der Lebenshilfe gefragt. Ihr fallen gleich mehrere Gründe ein: „Klar haben wir auch Krankheits- und Urlaubsphasen, aber wir schicken keine Kinder nach Hause. Ab November haben wir sechs Kitas. Die Einrichtungen unterstützen sich gegenseitig als Partner.“

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Insgesamt seien die Gruppen kleiner, die Inklusion--Gruppen haben 17 Kinder, die Regelgruppen 20 – im Unterschied zu städtischen Kitas mit 25 Kindern pro Gruppe. „Wir arbeiten zusätzlich mit FJS’lern, für inklusive Kinder haben wir I-Helfer im Haus. Das sind keine Fachkräfte, sie dürfen mit den Kindern nicht allein bleiben, aber es federt Engpässe ab.“

Gesundheitsmanagement hilft

Da dem Träger die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig sei, würden sich die Partner-Kitas mit ihren Schließungszeiten abwechseln, so dass man sein Kind jederzeit unterbringen könne. Vor Brückentagen gebe es Abfragen, wie groß der Bedarf ist. „Die Eltern haben freie Wahl und danach planen wir unser Personal“, sagt Winter. Außerdem gebe es ein betriebsinternes Gesundheitsmanagement, die Mitarbeiter könnten sich in einem Fitness-Studio anmelden, „vielleicht führt das zu weniger Krankheitsphasen.“

>> 3300 Beschäftigte in der Kinderbetreuung

Hubert Kathage von der Agentur für Arbeit zählt 57 sozialversicherungspflichtigen Stellen, die aktuell im Bereich der Kinderbetreuung und -erziehung in Duisburg ausgeschrieben sind. In den letzten zwölf Monaten seien 136 Fachkräfte gesucht worden. Insgesamt arbeiten 3.308 Beschäftigte in Berufen in der Kinderbetreuung und -erziehung.

Im Schnitt würde es 67 Tage dauern, bis eine Stelle in dem Bereich wieder besetzt werde, so die Agentur für Arbeit. Damit gilt dieser Bereich nicht als besonderer Engpass auf dem Arbeitsmarkt. Das wäre erst bei der doppelten Zeit der Fall: 110 Tage dauert es im Ruhrgebiet bei Jobs, in denen es wirklich eng ist, etwa in Pflegeberufen.