Duisburg. . Schauspiel Hannover war mit Ilja Trojanows „Macht und Widerstand“ beim Akzente-Theatertreffen in Duisburg zu Gast. Es gab stürmischen Beifall.

Die hässliche Vergangenheit schläft nicht. Der junge Anarchist Konstantin (Samuel Finzi) hat einst im sozialistischen Bulgarien ein Stalin-Denkmal gesprengt. Er landet im Gefängnis, wird gefoltert und erniedrigt. Doch nach der Wende im Jahr 1989 trifft er Metodi Popov (Markus John), seinen schlimmsten Peiniger wieder, der als „Michelangelo des Verhörs“ im neuen System der alten Macht des Systems nachtrauert, der mit seinem Opfer aber untrennbar verkettet bleibt.

Einst aus Bulgarien geflohen

Auch Henning Hartmann und Sarah Franke standen in Duisburg auf der Bühne.
Auch Henning Hartmann und Sarah Franke standen in Duisburg auf der Bühne. © Katrin Ribbe

Der 53-jährige gebürtige Bulgare Ilja Trojanow, der mit seinem Roman „Der Weltensammler“ zu einem Star der europäischen Literatur-Szene wurde, hat mit „Macht und Widerstand“ die Vorlage für Dusan David Parizeks Bühnenstück geschaffen, das jetzt in einer eindrucksvollen, aber auch bedrückenden Inszenierung des Schauspiels Hannover in Kooperation mit dem Deutschen Theater Berlin beim Theatertreffen der 40. Duisburger Akzente zu sehen war.

Weitere Rollen spielen Henning Hartmann als Vize-Präsident, Archiv-Direktor und Hund sowie Sarah Franke als Krankenschwester und potenzielle Tochter des Schergen Popov, dem ihre Mutter einst im Lager ausgeliefert war.

Ein psychologisch fesselnder Theaterschauspieler

Bekannt auch aus Kino- und Fernsehproduktionen: Samuel Finzi.
Bekannt auch aus Kino- und Fernsehproduktionen: Samuel Finzi. © Katrin Ribbe

Ilja Trojanow, der als Kind mit seiner Familie aus dem stalinistisch regierten Land geflohen war, setzte mit diesem Stück den Dissidenten des bulgarischen Sozialismus ein literarisches Denkmal, das hier vier starke Schauspieler in einer minimalistischen Ausstattung mit einem Blick in den Abgrund der Macht körperlich sichtbar machen. Dabei beweist der als Kino- und Fernseh-Mime einem großen Publikum bekannte Samuel Finzi, dass er auch ein sprachmächtiger und psychologisch fesselnder Theater-Schauspieler ist.

Ein schlichtes Holzgestänge als Bühne, im Hintergrund stehen Biertische mit Flaschen wie im Wirtshaus. Konstantin trauert um sein verdorbenes Leben, Metodi verteidigt mit kurzer Hose und Unterhemd die Methoden der Mächtigen, die diesen Staat aufgebaut und gegen seine Feinde verteidigt haben. Wer gegen die Lügen revoltierte und wer Menschlichkeit einforderte, der war in diesem Sozialismus ein Fall für die Irrenanstalt.

Die Suche nach Rechtfertigung

Es wird geschrien und getobt, es werden Gemeinheiten ausgetauscht und Foltermethoden beschrieben. Die Erben des Sozialismus werden zu Gespenstern, die auf dem Trümmerhaufen der Geschichte nach Rechtfertigung suchen. Zuletzt gibt es noch bulgarische Blasmusik und derben Klamauk, der seinen bitteren Geschmack aber nicht verlieren will.

Stürmischer Beifall des Akzente-Publikums für eine furiose Inszenierung und für große Schauspiel-Kunst.