Duisburg. . Fanprojekt Duisburg und das Filmforum zeigen Originalaufnahmen aus der Zeit des Nationalsozialismus. „Erinnerungsorte“ gegen Diskriminierung
Zwei Duisburger Jungen stehen am Burgplatz dicht neben dem Mercatorbrunnen – lächelnd blicken sie in die Kamera und zeigen den Hitlergruß. Um sie herum wehen hunderte Fahnen, bestickt mit dem Hakenkreuz.
Es sind Originalaufnahmen vom 16. Mai 1933, die vergangenen Dienstag im Filmforum auf die Leinwand projiziert werden. Der etwa 50-minütige Stummfilm setzt sich aus mehreren, chronologisch aneinandergereihten Sequenzen zusammen. Sie zeigen Duisburg und seine Bürger – von der Machtübernahme der Nazis bis zur Zerstörung durch die Bombardements der Alliierten.
Bedrückende Archivaufnahmen
Der Film ist Teil des Duisburger Fanprojekts „Erinnerungsorte“ – eine Aktion gegen Diskriminierung, die zugleich Stadtgeschichte erlebbar machen möchte. „Gerade für junge Menschen möchten wir nicht staubtrockenen Geschichtsunterricht bieten, sondern interaktive Möglichkeiten“, erklärt Tim Blumenthal (28), Mitarbeiter des Fanprojekts. So sind in der Ende 2018 erschienenen Broschüre Stadtrundgänge verzeichnet, die Interessierte zu neun Erinnerungsorten in Duisburg führen. Bei den Aufnahmen, die das Filmforum-Team um Kai Gottlob aus dem Archiv zusammenschnitt, sind einige dieser Orte wiederzuerkennen, andere nur zu erahnen.
Etwa dort, wo aktuell die MSV-Arena zu finden ist, stand 1932 das Wedaustadion – zu der Zeit hielt Adolf Hitler eine Wahlkampfrede vor 120.000 Menschen. Die Schwarz-Weiß-Bilder zeigen Menschen, die zuhören, danach mal mehr und mal weniger jubeln. Einige strecken den Arm zum Gruß. Damit die über 100 MSV-Fans, junge Besucher aus Jugendzentren, Lehrer und Pädagogen, die im Kinosaal sitzen, nicht in vollkommener Stille versinken, spielt der Stummfilmpianist Joachim Bärenz zu den Aufnahmen und verleiht diesen eine angemessene Atmosphäre.
Zwischen den einzelnen Archivaufnahmen erklärt Kai Gottlob, wo und zu welcher Zeit sich diese abspielen. Wie bei der OB-Amtseinführung 1933 von Ernst Kelter, der mit einer Militärparade über die Goldstraße und die Friedrich-Wilhelm-Straße bis zum Rathaus zieht. Die damalige Duisburger Bevölkerung jubelt ihm zu, einige Soldaten rasieren ihren Bart wie Hitler. „Dort, wo jetzt das Künstlerhaus an der Goldstraße ist, wurden früher Funker für die SA ausgebildet“, berichtet Gottlob. Es folgen Aufnahmen von Umbauten wie dem Hauptbahnhof oder dem Postamt. „Natürlich gab’s bereits Maschinen, aber damit mehr Leute Arbeit fanden, wurden diese nicht eingesetzt“, erklärt Gottlob. Die Zuschauer erhalten Einblicke in den damaligen Alltag der Bevölkerung: neben den Bauarbeiten, Kutschen und Straßenbahnen auf der Königstraße, sieht man Milch trinkende Nachbarn und tobende Jungs. Und dann folgen Bilder, die der Stadtarchivar 1944 drehte: Fast die komplette Innenstadt ist verwüstet, Schutt und Asche überall, Fassungslosigkeit in den Augen der Duisburger – auch am Dienstagabend im Filmforum.
„Erinnerungsorte“ zum Downloaden
Die Broschüre „Duisburger Erinnerungsorte“ steht unter www.fanprojekt-duisburg.de zum Download bereit. Interessenten und Ideengeber können sich ebenfalls auf der Internetseite melden.
Der MSV unterstützt das Projekt, genau wie das Land NRW, die Stadt Duisburg und der DFB.