Duisburg. Fanprojekt Duisburg will wichtige Kapitel der Stadtgeschichte für junge Leute erlebbar machen. Broschüre oder GPS-Daten weisen der Tour den Weg.

Eine unscheinbare Stele erstrahlt unmittelbar neben dem Trainingszentrum des MSV an der Westender Straße in der kalten Januar-Sonne. Der verwitterte Stein zeigt jenen Platz an, auf dem zwischen 1942 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ein Konzentrationslager zu finden war. Rund 400 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene waren in Mittelmeiderich einst unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht. Die meisten von ihnen kamen dort ums Leben.

Für die Macher des Fanprojektes Duisburg war das ausschlaggebend, um diese Stelle in den Kreis der insgesamt neun Erinnerungsorte aufzunehmen. Diese können bald im Rahmen zweier interaktiver Stadtführungen erkundet werden. „Wir wollen vor allem für junge Leute wichtige Kapitel unserer Stadtgeschichte erlebbar machen – und zwar nicht in trockener Unterrichtsform, sondern auf Rundgängen durch den alltäglichen Lebensraum“, erklärt Tim Blumenthal (28) das Konzept. Er ist Mitarbeiter des Fanprojekts und verantwortlicher Rundgangs-Koordinator.

Das Fanprojekt spricht vor allem Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 12 und 29 im Umfeld des MSV an. Dazu gehören auch die über 150 Mitglieder der Ultra-Gruppen. „Die Antidiskriminierungsarbeit zählt neben der Gewaltprävention zu unseren Kernaufgaben“, sagt Alexander Scholz (27), seit 2016 der Leiter des Fanprojektes. Gemeinsam mit Kräften des Duisburger Zentrums für Erinnerungskultur begab sich Tim Blumenthal auf die Suche nach Orten in dieser Stadt, die sich für solche Rundgänge eignen könnten.

Das Mahnmal für deportierte jüdische Kinder am Rande der Saarstraße/Mercatorstraße gehört ebenfalls zu jenen Erinnerungsorten, die auf einem der Rundgänge erkundet werden können.
Das Mahnmal für deportierte jüdische Kinder am Rande der Saarstraße/Mercatorstraße gehört ebenfalls zu jenen Erinnerungsorten, die auf einem der Rundgänge erkundet werden können. © Lars Fröhlich

Und sie wurden fündig: Neben besagtem Konzentrationslager Ratingsee in Mittelmeiderich (einer Außenstelle des KZ Buchenwald) wurden auch das Rathaus am Burgplatz, das Mahnmal am Rabbiner-Neumark-Werk in der Altstadt, das MSV-Stadion im Sportpark oder das Mahnmal für deportierte jüdische Kinder an der Mercatorstraße/Saarstraße in die Liste der neun Erinnerungsorte aufgenommen.

Jeder von ihnen hat auch einen Platz in der Broschüre gefunden, die wichtiger Bestandteil des Rundgang-Konzeptes ist. Anhand dieser Broschüre kann jeder Interessierte die Rundgänge eigenständig bestreiten und findet im Heft alle nötigen Ortsangaben und Informationen. „Wir richten unser Angebot aber auch an alle weiterführenden Schulen und Jugendzentren“, erläutert Blumenthal.

Für interessierte Gruppen soll es nach vorheriger Terminvereinbarung auch die Möglichkeit geführter Rundgänge geben. „Es wird eine App fürs Smartphone geben, denn von jedem Erinnerungsort haben wir auch die GPS-Standortdaten eingepflegt“, sagt Blumenthal mit Blick auf den ständig größer werdenden Geocaching-Fankreis.

Dieses Projekt wurde von der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte entwickelt und ist nicht nur in Duisburg, sondern auch in Köln, Bochum und Mönchengladbach bereits umgesetzt. Gelsenkirchen und Dortmund folgen zeitnah. Die offizielle Auftaktveranstaltung in Duisburg soll am 5. März im Filmforum am Dellplatz steigen. Alle Schulen und Jugendzentren werden aber bereits vorher informiert. Weitere Infos: 0203/288 361.