Duisburg. Rund 200 Mieter mussten in Duisburg-Hochheide umgehend ihre Wohnungen räumen. Dabei hatte die Stadt das Gebäude zuletzt 2013 begutachtet.
Auch eine Woche nach der Räumung zweier Hochhäuser an der Husemannstraße in Duisburg-Homberg sind noch einige Fragen offen. Neben der Frage, wie es für die rund 200 Betroffenen weiter geht, die von jetzt auf gleich ihre Wohnungen verlassen mussten, drängt sich immer mehr auch die Frage auf, warum die „eklatanten und lebensgefährlichen Brandschutzmängel“ – wie der zuständige Beigeordnete Andree Haack sagte – erst jetzt aufgefallen sind?
Bereits vor sechs Jahren waren Experten der Feuerwehr zu einer Brandschau in den beiden elfgeschossigen Wohntürmen unterwegs. Damals, so erklärt es Haack im Gespräch mit dieser Redaktion, seien die Schächte aber zugebaut bzw. zugestellt gewesen und nicht offen sichtbar. Darauf komme es aber bei den turnusmäßigen Brandschauen an, die mindestens alles sechs Jahre stattfinden müssen.
Anonymer Hinweis eines Mieters
„Diese Brandschauen sind augenscheinlich und stichprobenhaft“, so Haack. Das bedeutet, dass Brandschutzmängel, die beispielsweise hinter Wänden und in der Dämmung versteckt sind, bei diesen Kontrollen nicht systematisch überprüft werden. Das sei personell auch überhaupt nicht leistbar, macht Haack klar.
Jetzt seien die Schächte, die vom Keller aus jede einzelne der Wohnungen miteinander verbinden, auch nur zufällig aufgefallen. Denn eigentlich waren Experten der Feuerwehr einem anonymen Hinweis eines Mieters gefolgt, der sich um die Standfestigkeit eines Pfeilers in der Garage eines Gebäudes sorgte. Dabei entdeckten sie den Brandschutzmangel. „Einsturzgefährdet sind die Gebäude nicht, aber der Rauch, der bei einem Brand durch die Schächte in jede Wohnung hätte ziehen können, wäre womöglich tödlich gewesen“, betont Andree Haack.
Stadt Duisburg haftet, wenn Anwohner sterben
Der Beigeordnete beteuert, dass er zwar volles Verständnis dafür habe, dass sich viele Menschen darüber ärgern, umgehend ihre Wohnung verlassen zu müssen. „Es geht hier aber nicht um fehlendes Fingerspitzengefühl, sondern um Haftung. Wenn sie wissen, dass wenn in dem Gebäude ein Feuer ausbricht, sich der Rauch mehr oder weniger ungehindert im gesamten Gebäude ausbreiten kann, dann sind sie als Stadt einfach verpflichtet zu handeln“, macht Haack klar.
Die Stadt könne nicht einfach noch ein paar Tage die Augen zudrücken, damit sich die betroffenen Mieter auf die Evakuierung einstellen können. „Wenn nach der Feststellung des Brandschutzmangels Menschen durch ein Feuer zu Schaden kommen oder sterben, dann haftet die Stadt voll und ganz. Da lässt die Rechtsprechung auch null Toleranzspielraum.“
Auch der Idee einiger Anwohner, ihnen ein paar Tage Zeit einzuräumen, in dem man eine Brandwache stellt, kennt Haack und erteilt ihr eine Absage: „Wir bräuchten in jeder einzelnen Wohnung eine Brandwache. Das ist unverhältnismäßig.“
>>> Wo Brandschauen vorgeschrieben sind
Die Feuerwehr erstellt nach Aktenlage der Gebäude eine Liste mit zu prüfenden Gebäude für jedes Jahr.
Darunter fallen nach dem Gesetz über den Brandschutz vor allem jene Gebäude, die im „erhöhtem Maße brand- oder explosionsgefährdet sind oder in denen bei Ausbruch eines Brandes oder bei einer Explosion eine große Anzahl von Personen oder bedeutende Sachwerte gefährdet werden können“.