Duisburg-Hochheide. . Nach der Evakuierung der beiden Hochheider Wohntürme leben 41 Bewohner in einer Notunterkunft. Der Eigentümer will Handwerker schicken.

Husemannstraße 1 und 3 im Stadtteil Hochheide am Tag nach der Räumung durch die Stadt: Die Wiese vor dem Haus ist an einer Stelle aufgewühlt, an vielen Stellen liegt Sperrmüll, zwei Baustellencontainer stehen vor einem der verschlossenen Wohnklötze. Außerdem vor Ort sind drei Arbeiter und ein Kamerateam. Ansonsten ist es still an den beiden elfgeschossigen Bauten aus den Endsechzigern. Die rund 200 Bewohner der 140 Wohnungen, die hier am Vortag noch hektisch ihre Sachen packten, sind verschwunden. Wie geht es jetzt weiter?

Der am Freitag am Haus tätige Bautrupp verstärkt laut Aussage der Männer den Einbruchschutz an den verlassenen Häusern, unter anderem werden Kelleröffnungen unzugänglich gemacht. Stadt-Sprecherin Anja Kopka erläutert noch einmal die Gründe für die Schließung der Wohntürme: „Durch offene Schächte verteilt sich der Rauch im Falle eines Feuers rasend schnell im gesamten Haus. Es besteht Lebensgefahr, zumal für die Feuerwehr gar nicht festzustellen wäre, wo sich der Brandherd befindet.“

Häuser waren bisher nicht im Fokus der Bauaufsicht

Und: In den Hochhäusern leben viele ältere Menschen. Kopka sagt weiter, dass der Zustand der beiden Häuser zwar nicht gerade bestens sei, der Vermieter aber bislang in Sachen mangelndem Brandschutz nicht in den Fokus der Bauaufsicht gerückt war. Die jetzt aufgefallenen Mängel seien aber alles andere als eine Kleinigkeit. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass die Sanierungsarbeiten an den Schächten Monate dauern werden.

Versuche der Redaktion, einen der beiden in Wien ansässigen Vermieter ans Telefon zu bekommen, liefen ins Leere. Die eine laut Stadtverwaltung beteiligte Gesellschaft (Bewe Immobilien GmbH) verwies barsch an die andere (Esmor Ralitätenhandel). Die von Bewe genannte Wiener Nummer des Vermieters Esmor war nicht vergeben. „Wir machen weiterhin Druck auf den Vermieter, der schnell für Ersatzwohnungen für seine Mieter zu sorgen hat“, so Anja Kopka. Der Eigentümer hat laut Aussage aus dem Rathaus angekündigt, kurzfristig Handwerker zu beauftragen, die die Mängel abstellen sollen. „Ob dies erfolgt, ist nicht bekannt.“

Sieben Bewohner im Krankenhaus

41 Bewohner, die nicht bei Freunden oder Verwandten unterkommen konnten, leben aktuell in der Flüchtlingsunterkunft an der Memelstraße in Neudorf. Was laut Stadt nur eine Lösung für wenige Tage sein kann. Im Zuge der Evakuierung am späten Donnertagabend mussten sieben Personen in Krankenhäuser gebracht werden. Die Stadt betreut zudem proaktiv pflegebedürftige Personen, klärt Fragen im direkten Austausch mit ihnen.

Die Behörden kümmerten sich im Zuge der Räumung zudem um fünf Hunde, vier Katzen, einen Papagei und ein Kaninchen. Die Tiere mussten eine Nacht im Tierheim verbringen und wurden vor Ort in Empfang genommen.

Ein während der Evakuierung aufgekommenes Gerücht, dass eine mit Wasser vollgelaufene Tiefgarage womöglich die Statik der Gebäude Husemannstraße 1 und 3 beeinträchtigen könnte, bestätigte die Stadt indes nicht. „Es gibt Probleme mit der Tiefgarage, auf die Statik hat dies aber keine Auswirkungen. Geschlossen wurde das Gebäude wegen der Brandschutzmängel.“

>>> ANWOHNER: „DAS SCHLIMMSTE IST, DASS WIR GAR NICHTS WISSEN“

Mit einem gemeinsamen Grillen begrüßte die Flüchtlingshilfe die Hochheider, die in die Notunterkunft an der Memelstraße ziehen mussten.
Mit einem gemeinsamen Grillen begrüßte die Flüchtlingshilfe die Hochheider, die in die Notunterkunft an der Memelstraße ziehen mussten. © Lars Fröhlich

Es ist kein erfreulicher Anlass, aus dem Kai Toss am Nachmittag zum Grillen lädt. „Als die Leute hier gestern ankamen, waren sie geschockt und verzweifelt. Da wollten wir ihnen mit dem Grillen wenigstens eine kleine Freude machen“, sagt der Vorsitzende der Flüchtlingshilfe Neudorf. Es ist eine Begrüßungsgeste für die 41 Bewohner der Husemannstraße, die nicht bei Freunden oder Verwandten unterkamen und deshalb kurzerhand in die Flüchtlingsunterkunft an der Memelstraße ziehen mussten.

Knapp zehn von ihnen sind der Einladung gefolgt. Auch wenn der erste Schock überwunden scheint, liegen die Nerven doch immer noch blank. „Das Schlimmste ist, dass wir gar nichts wissen. Wir wissen nicht mal, ob wir überhaupt jemals wieder in unseren Wohnungen wohnen können“, sagt ein 52-Jähriger, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Unter den Nachbarn wird viel diskutiert. Gerüchte machen die Runde. Mal ist von baldigem Abriss der beiden Hochhäuser die Rede, mal von Verkauf. Der Frührentner wohnt seit 16 Jahren an der Husemannstraße. Die dramatische Sicherheitslage in den Gebäuden überrascht ihn nicht. „An meinem Haus wackeln Balkone. Letztens ist bei starkem Wind ein Fenster rausgeflogen. Der Vermieter kündigt zwar immer wieder Reparaturen an, macht aber letztendlich nichts.“

In der Flüchtlingsunterkunft wohnen die 41 Hochheider jetzt in Mehrbettzimmern. Das Nötigste haben sie am Vorabend mitgenommen, vieles fehlt aber noch. So wie bei Hartmut Abker, der kaum Anziehsachen dabei hat. „Es musste gestern alles schnell gehen. Ich habe in der Eile einige Sachen vergessen. Jetzt muss ich warten, bis ich wieder in meine Wohnung darf.“

Mieter können Gegenstände aus den Wohnungen holen

Mieter, die Fragen haben zur Wohnraumvermittlung, können sich unter 0203/94000 an die Stadt wenden. Wer nochmals in seine Wohnung möchte, wählt 0203/2838725.