Duisburg. . „Staatsanwälte vor Ort“ gegen Clan-Kriminalität: NRW-Justizminister zieht positive Zwischenbilanz für Duisburger Modellprojekt.

258 Ermittlungsverfahren, 19 Haftbefehle, 1,3 Millionen Euro an Vermögensabschöpfung, zudem gepfändete Konten, Bargeld, Autos: Die Bilanz, die NRW-Justizminister Peter Biesenbach am Donnerstag in Düsseldorf vor der Presse von den ersten acht Monaten des im Sommer 2018 angelaufenen Duisburger Modellprojektes „Staatsanwälte vor Ort“ ablieferte, verbreitete Selbstbewusstsein und Optimismus: „Das sind die wichtigen, schon in kurzer Zeit erzielten Erfolge, die sicherlich Auswirkungen auf die kriminelle Clanszene haben, weil ihren Mitgliedern das Leben schwer gemacht wird,“ resümierte der Minister.

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Die Arbeit der beiden jungen, engagierten Staatsanwälte, mit ihren zweiten Arbeitsplatz vor Ort in einem Büro des Hamborner Rathauses, haben nach Worten des Leitenden Oberstaatsanwalts Martin Fischer, schon jetzt derart viel Erkenntnisse und neues Wissen für die Ermittlungsbehörden zu Tage gefördert, so dass man „heute einfach mehr weiß.“

So hätten die Ermittler nun deutlich bessere Kenntnisse über „einschlägige Familien“ mit türkisch-, kurdisch-, arabischem wie auch rumänisch- und bulgarischem Migrationshintergrund, Wissen über Mitglieder und ihre Verflechtungen untereinander.

Ermittler haben in Duisburg 70 Clan-Familien im Visier

Derzeit sprechen Polizei und Staatsanwaltschaft von 70 Clan-Familien im Duisburger Norden, mit gut 2800 Familienmitgliedern, von denen knapp 900 Personen der Polizei bereits als Beschuldigte bekannt waren.

Kriminelle Großfamilien, so sagte Justizminister Biesenbach, stellten das gesamte Modell unseres Zusammenlebens in Frage. Der Staat werde von den kriminellen Clanmitgliedern als schwach angesehen. Sie forderten den Rechtsstaat auf offener Straße heraus. Dabei demonstrieren sie für jeden sichtbar ihre Verachtung für unsere Normen.

Dieser Entwicklung, so der Minister, die viel zu lange ungehindert ablaufen konnte, werde die Landesregierung nun endlich kompromisslos entgegensteuern. Biesenbach: „Dem Recht des Stärkeren müssen wir die Stärke des Rechts entgegensetzen.“

Duisburgs Polizeipräsidentin Elke Bartels stützte die Sichtweise des Ministers und machte deutlich, dass durch die gute Arbeit der zwei Staatsanwälte vor Ort eine schon in 2015 begonnene Projektarbeit der Duisburger Polizei nunmehr „einen neuen Drive bekommen“ habe: „Wir erhoffen uns die Clan-Kriminalität damit besser in den Griff zu bekommen.“

Drogenhandel, Betrug, Gewalt, Geldwäsche, Waffen

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Oberstaatsanwalt Stefan Müller von der Duisburger Staatsanwaltschaft verwies auf Daten und Fakten: Die Straftaten gingen quer durchs Strafgesetzbuch, so seien durch die neuen Ermittler 39 Fälle von Drogenhandel oder Herstellen von Drogen aufgedeckt worden, 30 vorsätzliche schwere Körperverletzungen kamen zur Anzeige, 31 Mal Betrug und Untreue, sechs Fälle von Geldwäsche, Verkehrsdelikte und 111 Verstöße gegen das Waffengesetz, Fälle von Raub und Urkundenfälschungen.

Besonders eklatant: Die Marihuanaplantage mit 1275 Pflanzen im alten Hamborner Bahnhof – hier wurden neben 200 Kilo Drogen auch Scchussswaffen sichergestellt und auf das Gebäude eine Zwangshypothek von 622.000 Euro gelegt.

Weitere Aktionen wie Kontrollen an Jobcentern, in Shisha-Bars, an einschlägigen Autotreffpunkten hätten Dutzende von Verfahren mit Festnahmen und Untersuchungshaft in Gang gesetzt. Zuletzt wurden in Duisburg und Essen am 12. und 13. Januar Razzien durchgeführt, bei denen in Duisburg bei acht beschuldigten Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden; sie sollen Spielhallen und Tankstellen äußerst brutal überfallen und ausgeraubt haben. Geld und ein Tatfahrzeug seien dabei sichergestellt worden.