Duisburg-Altstadt. . Der Café-Betreiber Sebastian Heider ließ sich mit 17 das erste Tattoo stechen. Inzwischen gibt es fast kein freies Fleckchen mehr.
Sebastian Heider ist ein bunter Vogel. Der 32-Jährige ist (fast) überall tätowiert: Auf den Armen, Beinen, am Bauch. Selbst die Handinnenflächen und das Gesicht zieren Motive. An der Schläfe hat er eine bunte Kaffeetasse, über der Augenbraue ein Krönchen, auf der Wange einen Diamant. Im Gespräch erklärt der Betreiber des Café Evergreen, wie es dazu kam.
Erinnern Sie sich noch – was war das erste Motiv?
Sebastian Heider: Ich war Siebzehneinhalb, habe viel Metal-Zeug gehört, war oft im Old Daddy und dann kam das irgendwie so. Wahrscheinlich ging es auch um Prestige bei Freunden und bei Mädels. Die fanden das cool. Ich bin dann zu einem Tattoo-Laden gegangen und die haben mir gesagt, dass ich erst die Genehmigung von meinen Eltern brauche. Meine Mutter ist aber nicht so für Bürokratie und eigentlich fand sie Tätowierungen auch asi. Also habe ich ihr versprochen, eine Stelle auszusuchen, die nicht sichtbar ist. Sie ist dann mitgekommen, hat einen Fuß in die Tür gesetzt und gerufen, dass der Junge sich tätowieren lassen darf. Dann ist sie schnell wieder raus. Seitdem habe ich zwei Schwalben am Bauch.
Dabei ist es nicht geblieben, wie man sieht.
Heider: Stimmt, es wurden schnell mehr. Ich habe dann mit chinesischen Zeichen weiter gemacht, auf der Brust und am Schulterblatt, was man halt in den 1990er Jahren so gemacht hat. Drei Jahre lang ging das so, dann hatte ich keinen Bock mehr. Das ist eigentlich unüblich, die meisten machen keine Pause. Ein bisschen ist das auch wie eine Sucht, man will immer etwas neues haben. So wie Stickersammeln früher. Ich hatte auch ein Stickeralbum. Die anderen hatten welche mit Glitzer oder so. Nun habe ich Tattoos.
Muttis warnen oft: Schon dran gedacht, wie das später aussieht.
Heider: Ja, aber bei jedem schrumpelt die Haut. Meine ist dann eben bunt.
Und die Schmerzen?
Heider: Ich denke jedes Mal: Ich mach das nicht. An den Händen war es höllisch. Im Gesicht ging es komischerweise. Ich halte dann trotzdem durch, weil ich ja weiß, dass das Ergebnis am Ende schön ist.
Sind noch alle Tattoos da oder haben Sie was wegmachen lassen?
Heider: Ne, ich steh’ dazu. Für mich haben die einzelnen Motive keine besondere Bedeutung. Manchmal, wenn ich in den Spiegel schau’, seh ich die einzelnen Sachen schon gar nicht mehr, weil es für mich normal ist.
Wie sind denn die Reaktionen?
Heider: Ich merke das nicht, wenn mich alle angucken. Aber wenn ich mit meiner Freundin unterwegs bin, macht sie mich manchmal drauf aufmerksam. Ins Café kommen hin und wieder Leute, drehen eine Runde und gehen dann wieder. Kann sein, dass das mit meinem Aussehen zu tun hat, aber das ist mir egal. Hier kann jeder so sein, wie er möchte. Umgekehrt kommen hier auch Omis rein, die das gut finden. Schwierig sind eher diejenigen zwischen 30 und 50 Jahren. Die haben manchmal ein Problem mit den Tattoos.
War denn schon immer klar, dass Sie kein Typ für einen Büro-Job sind?
Heider: Mir schon. Ich habe sogar mal einen ausprobiert, aber schon ziemlich schnell gemerkt, dass ich das nicht möchte. Ich habe dann bei der Kaffee-Kette Woyton angefangen und immer davon geträumt, einen eigenen Laden aufzumachen.
Sind Sie jetzt glücklich?
Heider: Ja, ziemlich. Klar gibt es auch Tage, wo ich mir denke: Warum mach ich das? Aber die gibt es ja in jedem Job.
Läuft denn auch Weihnachtsmusik im Café?
Heider: Ich habe einmal „Last Christmas“ gespielt, aber das war’s dann auch.
Ärgern Sie sich eigentlich, dass Sie mit Ihren Tattoos jetzt Mainstream sind?
Heider: Bin ich ja nicht. Tätowierungen sind etwas Individuelles. Außerdem kommt es ja aufs Innere an. Es gibt Leute, die haben eine coole Hülle – und wenn man da hinter guckt, puh... Und Leute, die ganz übel aussehen, sind ganz korrekt.
Was wird das nächste Tattoo?
Heider: Weiß ich noch nicht. Langsam habe ich ein Platzproblem.