Duisburg. Duisburger leben relativ bescheiden, aber günstig. Der Bestand ist betagt, Bauprojekte machen Hoffnung. Leerstand: Hotspots im Norden und Westen.

Erkenntnisse über die Entwicklung des Wohnungsmarktes, der Quartiere und ihrer Bewohner sind in jeder Stadt von großer Bedeutung für Entscheidungen von Politik und Verwaltung. Der Wohnbericht, den das Amt für Soziales und Wohnen seit nunmehr 30 Jahren herausgibt, ist dafür eine wichtige Richtschnur. Aktuelle Zahlen und Fakten sammelt die neue Auflage. „Neben seiner Frühwarnfunktion soll der Wohnbericht Veränderungen identifizieren, Handlungsfelder benennen und Debatten anstoßen“, so Sozialdezernent Thomas Krützberg. Die WAZ stellt die wichtigsten Ergebnisse in einer Serie mit mehreren Folgen vor.

Ein betagter Bestand mit Schwerpunkt im Geschosswohnungsbau und ein Wohnungsmarkt mit geringer Dynamik – diese prägenden Kennzeichen nennen die Autoren des Berichts für Duisburg. Die Zahlen: in 79.351 Gebäuden gibt es 256.548 Wohnungen. Mehrfamilienhäuser sind 42 Prozent der Wohngebäude, in denen sich 78 Prozent der Wohnungen befinden. „Großstadttypisch“ ist der Anteil von 58 Prozent Ein- und Zweifamilienhäuser.

doc72v57vd0iyq12nij9p8_MASTER.jpg

Die Duisburger leben im Landesvergleich bescheiden: Rein rechnerisch leben zwei Personen pro Wohnung auf 75,7 Quadratmetern (NRW: 90,3). Der größte Teil des Bestandes besteht aus Wohnungen mit drei oder vier Räumen – sie machen rund 60 Prozent aus. Nur 20 Prozent entfallen auf Wohnungen mit einem oder zwei Räumen.

Der Trend zum Einzelhaushalt hält an

In Duisburg wohnt es sich im NRW-Vergleich und besonders mit Blick auf die stark steigende Wohnkostenbelastung im benachbarten Düsseldorf vergleichsweise günstig. Dennoch sind die eigenen vier Wände für fast jeden fünften Haushalt nicht bezahlbar: Bei 19,2 Prozent werden die Kosten von der öffentlichen Hand getragen oder zumindest bezuschusst.

Nach Jahren mit ständig sinkender Einwohnerzahl ist Duisburg zuletzt wieder gewachsen – auf rund 502.000 Einwohner. Zurückzuführen ist das vor allem auf den Zuzug von Geflüchteten und die anhaltende Migration aus Südosteuropa. Gleichzeitig ist der Anteil hochbetagter Menschen gestiegen. Kurz: Duisburg wird bunter und älter. „Dazu kommt ein anhaltender Trend zu mehr Einzelhaushalten“, stellt der Bericht fest.

Langfristig, vermuten die Autoren, werde Duisburg jedoch zu den Städten mit sinkenden Haushaltszahlen gehören. Mehr Wohnungen benötige die Stadt deshalb nicht, wohl aber ein Angebot, das in seiner Qualität zur Nachfrage passt.

Dieser Ansicht sind wohl auch Investoren: Ihre Zurückhaltung erklärt die mangelnde Dynamik im Markt: Die Stadt hinkte zuletzt 2017 mit ihrer Neubauquote (fertiggestellte Wohnungen je 10.000 Einwohner) von 8 (in 2015) und 6,8 (in 2016) seit Jahren auch den Städten des Reviers (2017: 17,4) hinterher. Das könnte sich allerdings bald ändern: „Mittelfristig zeichnen sich interessante Stadtentwicklungsprojekte mit neuen Wohnquartieren ab“, stellt der Bericht fest. Bedeutsamer für die Aufwertung der Wohnqualität bleibe aber „die konsequente Weiterentwicklung des Altbestandes“.

Viel Leerstand gibt es nahe der Industrie

Mit 11.471 freien Wohnungen, das entspricht rund 4,5 Prozent des Gesamtbestandes, war die Leerstandsquote in Duisburg 2017 zwar mit -0,5 Prozent leicht rückläufig, liegt aber weiterhin deutlich über einer wünschenswerten „Fluktuationsreserve“ zwischen einem und drei Prozent. Deshalb weist der aktuelle Wohnbericht erstmals die Verteilung der Leerstände in den 108 Wohnquartieren aus. „Kleinräumige Differenzen innerhalb der 46 Ortsteile treten nun deutlicher zu Tage“, so die Autoren. Die Bandbreite der Leerstände bewegt sich zwischen 0,7 Prozent in Rahm-West im äußersten Stadtsüden und 13,5 Prozent an der Ottostraße in Homberg, wo der Abriss der „weißen Riesen“ bereits beschlossene Sache ist. Wenig überraschend ist die Erkenntnis, dass sich weitere „Hotspots“ mit Leerstandsquoten oberhalb von neun Prozent in den industrienahen Quartieren der Stadtbezirke Hamborn und Meiderich sowie Wanheim finden.

Diese Konzentration eines dauerhaften Leerstandes könne verschiedene Ursachen haben, die sich summieren können, so die Autoren: unbeliebte Wohnlage, fehlende Infrastruktur und soziale Schieflagen. „Je großflächiger der Leerstand, umso eher sind multiple Problemlagen zu vermuten.“ Es gelte, die Probleme kritisch zu beleuchten und die Entwicklung genau zu beobachten.