Duisburg. . Weniger Besucher beim Hafenfest – Schausteller klagen über weniger Umsatz. Hinterhof-Trödel lockt viele Menschen an. Weltrekord geglückt.
Auf der „Riverlady“ herrscht Hochstimmung: Dutzende Menschen stehen an Deck und tanzen. Trotzdem. Denn der Himmel am Freitagabend hat in diesem Jahr nur einen beeindruckenden Blutmond zu bieten, allerdings kein Feuerwerk über Ruhrort. Der Höhepunkt des Hafenfests war kurzfristig abgesagt worden: Brandgefahr. Es ist erkennbar weniger los – aber die, die da sind, lassen sich nicht beirren.
Museumsschiffe und Live-Musik
Es ist ein lauer Sommerabend. Die Beleuchtung des Riesenrads malt bunte Bilder in die Nacht. Am Leinpfad gibt’s Bierchen und Cocktails bis in die frühen Morgenstunden. Und auch beim Weltrekordversuch und dem Hinterhoftrödel am Samstag ist die Stimmung bestens. „Aber es natürlich trotzdem niederschmetternd für uns gewesen, dass das Feuerwerk so kurzfristig abgesagt wurde. Die Kühlschränke waren voll, alles vorbereitet“, erklärt Mit-Organisator Mario Adams.
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Der Schiffskorso kam ebenfalls nicht zustande. Stattdessen kreuzen die bunt beleuchteten Boote über den Rhein und durch den Hafen. So etwas hat es in der 25-jährigen Geschichte des Hafenfests noch nicht gegeben. „Einige Schausteller haben erzählt, dass sie nur einen Drittel des sonstigen Umsatzes gemacht haben. Das ist bitter“, so Adams. Er hofft, dass sie sich dennoch entscheiden, 2019 wieder zu kommen. „Allerdings können wir die Entscheidung nicht kritisieren.“ Auch eine kurzfristige Verlegung war nicht mehr möglich.
Das Ruhrorter Hafenfest 2018 in Duisburg
Immerhin: Der Trödelmarkt in den Hinterhöfen und der Kunstmarkt haben sich zu schönen Programmpunkten gemausert. Viele suchen nach Schnäppchen. Und am Leinpfad steht Wim van Hooren mit alten Fotos und informiert über das Proviant-Boot „Time is Money“. Früher hat sein Vater die Binnenschiffer mit Lebensmitteln beliefert. Schon früh hatte der Versorger eine Kühlbox an Bord. Inzwischen liegen aber nur noch Plastik-Früchte in der Auslage. Die „Time is Money“ ist nun ein Museumsschiff und besucht viele Veranstaltungen, um über die Traditionen zu berichten.
An den Ständen am Leinpfad gibt’s etwa Taschen mit Duisburger Lokalkolorit von der Designerin V-Ausrufezeichen. Was es alles in Ruhrort zu entdecken gibt, weiß die Tourist-Info. Ruhrort soll schließlich auch an den anderen Tagen im Jahr Besucher anlocken. Die Chancen stehen gut. Immer mehr Touristen schauen sich den Hafenstadtteil an. Ein Grund sind zum Beispiel die „Schimmi“-Touren von Dagmar Dahmen. Derzeit ist bei ihr die Ausstellung „Schimmi goes Art“ zu sehen. „Es ist wirklich schön geworden, was Sie draus gemacht haben“, lobt ein Besucher und bleibt vor einem Schimanski-Konterfei stehen.
Kapitän Rolf Köppen ist mit seinem Boot „Oskar“ am Freitagabend auf Tour. Eigentlich wollten er und seine Gäste das Feuerwerk bestaunen. Sie genießen die Rundfahrt dennoch. Not macht erfinderisch und Köppen hat einen Plan B: Er zündet zwei Wunderkerzen an.
80 Frauen und Männer ziehen 360-Tonnen-Schiff
„Meine Damen und Herren: Das da ist nicht der weiße Wal von Ruhrort, sondern Dirk Grotstollen höchstselbst“, ruft eine bestens aufgelegte Stella Tarala vom Ruhrorter Bürgerverein ins Mikrofon. Die Laune beim Hafenfest ist prächtig. 80 Schwimmer haben einen Weltrekord aufgestellt und die MS 108, ein 360 Tonnen schweres Schiff, durch das Hafenbecken gezogen. Rund 100 Meter sind es geworden – dabei war nur wichtig, dass sich der Pott bewegt.
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Grotstollen, sonst eher als Spaßschwimmer unterwegs, reiht sich ein in die Riege der Weltrekordler. Erschöpft und glücklich steigt er in seinem geringelten Anzug aus dem Rhein. „Es war anstrengender als gedacht. Umso toller, dass wir es geschafft haben.“
Ein Sachverständiger, der hoch oben auf der Oscar Huber über die Szenerie wacht, hat genau notiert, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Nachdem das Feuerwerk am Freitag abgesagt werden musste, was der Weltrekord am Samstag unbestritten der Höhepunkt des Hafenfests.
„Sitzt die Badekappe?“, fragt Stella Tarala kurz bevor eine riesige Glocke das Startsignal gibt. Die Sportler stammen von unterschiedlichen Clubs, ASCD und DSSC sind beteiligt. Zusätzlich wurden einige Startplätze verlost. „Ich schwimme für die DLRG Gelsenkirchen und habe im Radio von der Aktion erfahren“, sagt Felix Holm und zupft an seiner Badekappe. Bisher musste er nur für sein Freischwimmer-Abzeichen etwas schleppen. Gesehen haben sich die Teilnehmer vorher nie. Jeder bekam einen Platz zugeordnet, damit es nach vorne geht. Normalerweise ist die MS 108 als Motorklappschute beim Kiesbaggern im Einsatz. „Das Boot bewegt sich tatsächlich“, beobachtet ein Zuschauer. „Und das liegt nicht am Bier von gestern“, stimmt der Nebenmann zu. Als die Sportler stoppen, brandet Jubel auf. Philipp Schedlinski klettert aus dem Wasser. Die Passanten klatschen ihm und seinen Team-Kameraden zu.
Schedlinski ist Rugby-Spieler beim Duisburger Schwimm- und Sportclub und war im vergangenen Jahr schon dabei, als wesentlich weniger Menschen das kleine Museumsboot „Time is Money“ gezogen haben. Ein Spaß, um zu testen, ob so eine Aktion überhaupt möglich ist. Ehrensache, dass der 25-Jährige auch in diesem Jahr mitgemacht hat. In seinem Gesicht malt sich noch die Maske ab, die Seile haben an den Schultern gerissen. „Das war schon schwer, aber wir sind noch im Training“, erklärt er. Im vorderen Bereich an der Oscar Huber konnten die Teilnehmer sogar noch im Wasser stehen. In der Fahrrinne, in der Schwimmen sonst streng verboten ist, wurde es richtig tief. „Mal sehen, was sich die Veranstalter fürs nächste Jahr einfallen lassen“, sagt Schedlinski – und feierte mit den anderen Weltrekordlern.