Duisburg. . Jedes Jahr befreien Claudia Heinen und Vera Fraczewski ihre Lamas und Alpakas von ihrem Fell. Daraus werden Bettdecken und Seifen gefertigt.
Lama Lilly leidet. Dabei hat sie ein dickes Fell oder besser: gerade deswegen. Denn was in den peruanischen Anden klimatisch gesehen gut zu Gesicht steht, führt in Duisburg-Mündelheim zu Schweißausbrüchen – erst recht an diesen heißen Maitagen: „Man muss schon aus Tierschutzgründen etwas gegen das Fell tun“, sagt Claudia Heinen. Sie und Vera Fraczewski leiten die Begegnungsstätte „Lama Mia“.
Runter mit den Zotteln
Vier Lamas und zwei Alpakas haben die beiden Duisburgerinnen auf der eigenen Weide beheimatet. Schwerkranke oder benachteiligte Kinder können hier mit den Tieren auf Schnuppertour gehen. „Es ist faszinierend, wie Kinder sich in der Gegenwart der Lamas verändern, sie werden ganz leise und vorsichtig“, schildert Heinen begeistert.
Behutsam rückt sie auch der viel zu warm angezogenen Lilli auf den Leib, schnippelt Stück für Stück die braunen und weißen Zotteln mit der Buchsbaumschere und später mit der Haushaltsschere runter – die ist schärfer. „Man muss erst einen Anfang finden“, sucht sie eine Stelle aus. Und schneidet dann von dort aus im Kreis immer weiter. Zurück bleibt eine Sommerfrisur, die immer noch ausreichend schützt.
Sieben Zentimeter lange Fellbüschel
Fluffig fallen die weichen, gut sieben Zentimeter langen Büschel ab und landen in einem Korb. Der wird am Ende gut gefüllt sein, denn etwa die Hälfte des Umfangs eines Lamas ist Fell. „Sie wirken danach regelrecht schmal“, sagt die Lamaliebhaberin. Zwei Stunden schnippelt Heinen an dieser Art Kamel herum.
Mit der elektrischen Schere wäre die Sommerfrisur zwar schneller gemacht, aber für das Tier bedeutet das mehr Stress, sagt sie, und auch die Gefahr einer Verletzung bei plötzlichen Bewegungen wäre größer. „Lamas sind sensibel, sie spüren, wenn man aufgeregt ist“, weiß sie aus Erfahrung.
Jedes Tier hat seine eigene Persönlichkeit
Für manche Zeitgenossen mögen Lamas einfach nur „Kamele“ sein, doch jedes der sechs Tiere hat so seine besondere Persönlichkeit entwickelt: Lilly ist ‘ne ganz Liebe, Alpaka Moritz hingegen ein Müsli-Fan und verdammt neugierig, Mila ist auf Taschendiebstahl spezialisiert, sofern dort Äpfel zu finden sind. Camillo springt dagegen in jede Pfütze – zur Freude der Kinder. Der „kleine Onkel“ aber ist der Chef auf dem Platz, was man schon daran merkt, dass er den Haarschnitt seiner Dame sehr sorgsam überwacht.
Zu befürchten haben Heine und Fraczewski von ihm aber nichts, denn „Lamas spucken sich nur untereinander an, um die Rangordnung festzulegen. Menschen lassen sie zufrieden“, sagt Heinen – sofern sie in der Kindheit nicht zu sehr vermenschlicht und geknuddelt wurden. Dann erst halten sie Menschen für echte Kamele.
Die Lehren der Lamas
Vor etwa fünf Jahren entschieden Claudia Heinen und Vera Fraczewski sich dazu, „Lama Mia“ zu gründen und Wanderungen mit Lamas zu organisieren. Die beiden Frauen arbeiten mit schwerkranken und behinderten Kindern und Jugendlichen. Nach einem Ausflug zu der Lama-Begegnungsstätte war beiden schnell klar, welche entspannende, wohltuende Wirkung die Tiere auf Kinder haben können.
Als ihre Vorgängerin schließlich fortzog, übernahmen die engagierten Frauen diesen Ort an der Kegelstraße mit neuen Tieren und übten sich fortan in den Lehren der Lamas. „Wenn ich so zurückschaue, war das ganz schön mutig von uns“, meint Heinen.
Mit dem Alter nimmt die Qualität der Wolle ab
Vor Anfragen können sich die „Lama Mias“ seitdem kaum noch retten. Die Wanderungen sind aber nur ein Teil. Die Wolle ein anderer. Das geschorene Fell haben sie bislang reinigen und zu Wolle spinnen lassen, um daraus Handschuhe, Mützen und Schals zu fertigen. Mit dem Alter der Tiere lässt aber die Qualität der Wolle nach, „wir bieten daher seit Kurzem fair-gehandeltes Handstrickgarn von peruanischen Baby-Alpakas an, die gut gehalten werden.“
Nach wie vor aber wandert die Alpaka-Wolle in die Bettdecken – sie sollen geeignet für Allergiker sein, sagt Heinen. Oder sie wird zu Alpaka-Keratin-Seifen verarbeitet, zeigt Vera Fraczewski ein Stück, natürlich mit einem eingeprägten Lama-Kopf.
>> „Lama Mia“ sucht Paten für Projekt
- Mit ihrem Projekt „Besondere Momente“ wollen Claudia Heinen und Vera Fraczewski schwerkranken und benachteiligten Kindern etwas Gutes tun. Für die Tiere suchen sie deshalb Paten.
- Drei Formen der Patenschaft von „Classic“ bis „Exclusiv“ kosten 60, 120 oder 400 Euro im Jahr. Dafür gibt es neben einer Schnupper- und Lamawanderung auch auf Wunsch Lama-Dung für den heimischen Garten.
- Kontakt per E-Mail unter lamamia@gmx.de oder telefonisch: 0203 - 60 88 678.