Duisburg. . Der Wanheimerorter möchte beim Race Across America starten. Die Qualifikation will er im Juni beim Rennen quer durch Deutschland schaffen.

Manchmal sitzt Thorsten Domeyer acht Stunden lang im Keller und radelt auf der Rolle. Kein Fernseher, kein Handy, nur treten. Mentale Vorbereitung für den Spezialisten auf der Ultra-Langstrecke. „Auf der Rolle wirst du im Kopf richtig stark“, sagt der 51-Jährige. In zwei Jahren will der Wanheimerorter beim Race across America (RAAM) starten. „Mein letzer sportlicher Lebenstraum“, sagt der Wanheimerorter über den 4800 Kilometer langen Ritt von der West- zur Ostküste. Dagegen nimmt sich das Race across Germany über 1100 Kilometer, bei dem der Domeyer am 29. Juni die Qualifikation für die USA schaffen möchte, geradezu als Kurzstrecke aus.

Selbst für passionierte Rennfahrer radelt Domeyer in einer anderen Kategorie. Die beginnt dort, wo die meisten anderen vom Rad steigen. Wo das Rennen nicht mehr mit Beinen, sondern mit dem Kopf weitergefahren wird. „Ich möchte wissen, was passiert, wenn ich mich aus der Wohlfühlzone heraus begebe“, sagt er über den Test von Grenzen und deren Überschreitung. Das wollen und können nur wenige. Anders gesagt: Man muss dafür nicht verrückt sein, aber es hilft.

Thorsten Domeyer (51) benötigt für den Start beim Race across America noch die Unterstützung von Sponsoren.
Thorsten Domeyer (51) benötigt für den Start beim Race across America noch die Unterstützung von Sponsoren. © Lars Heidrich

Klar ist: Ohne körperliche Fitness geht nichts. Zwischen 500 und 600 Kilometer pro Woche sitzt Domeyer im Sattel, bis zu 15 000 Kilometer spult er pro Jahr ab. Außerdem gezielte Gymnastik für die Langstrecke. Viele scheitern dort an ihrer Nackenmuskulatur. Sie kann so stark ermüden, dass der Fahrer den Kopf nicht mehr aufrechthalten kann. Den Kopf an eine Holzlatte zu binden, um trotz des als „Shermer’s Neck“ bekannten Syndroms weiterzufahren, ist nun verboten.

Marathon und Triathlon

„Meine Grundlagen sind gut“, sagt der Gebäudetechniker der Uni Duisburg-Essen. Rund 100 Marathonläufe hat er absolviert, ist danach als Triathlet für Bayer 08 Uerdingen von 1997 bis 2010 bei den Top-Rennen in Roth, Frankfurt und auf Lanzarote gestartet. Job, Sport, die Familie mit Frau und zwei Töchtern – „irgendwann hatte ich die Nase voll“, sagt Domeyer. Das Bergsteigen hat er entdeckt in zwei Jahren Wettkampfpause, den Plan für einen Everest-Aufstieg gefasst und verworfen und ist dann wieder aufs Rad gestiegen.

Bei den 24-Stunden-Rennen, die er seither absolviert, hat er seine Faible für die Ultra-Strecke entdeckt. „Ich fahre im Gegensatz zu vielen anderen gern nachts“, sagt der 51-Jährige. Die Motivation, das Race across America in den Blick zu nehmen. „Ich möchte wissen, was passiert“, sagt er. Und mit Blick auf sein Alter: „Es ist wohl meine einzige Chance, bei diesem Rennen dabei zu sein.“

1100 Kilometer in weniger als 50 Stunden

Zunächst aber muss er die Qualifikation gelingen bei der Deutschland-Durchquerung. Keine Kleinigkeit: Unter 50 Stunden muss er bleiben auf 1100 Kilometern mit 7500 Höhenmetern – die meisten auf dem letzten Drittel. Macht allein rund 40 Stunden Fahrzeit bei einem Durchschnittstempo von 30 km/h. „Viele reden nur über das Rennen in Amerika, aber das muss ich erstmal schaffen. Zweimal durch die Nacht, das ist neu für mich“, sagt er. Auf Testfahrten ist er nun immer wieder unterwegs durch die Nacht, trainiert das Radeln mit Beleuchtung, mit dem Begleitfahrzeug, das Schutzschild ist und im Rennen über Funk den Weg weist.

All das ist Handwerk, die Grundlage, um einen solchen und erst recht den viermal so langen Ritt durch die USA zu absolvieren. Entscheidend für den Erfolg sind die Momente, wenn der Kopf sagt: Ich will jetzt absteigen. „Die mentale Seite – das ist die Kunst beim Ultra-Cycling“, sagt Thorsten Domeyer.

Sponsoren gesucht für den Start in Amerika

Die sportliche ist die eine, die organisatorische und finanzielle die andere Seite für das große Ziel „Race across America“. „Ohne Sponsoren und ein Team, das mir ganz viele organisatorische Dinge abnimmt, geht es nicht“, sagt Thorsten Domeyer.

Mit Kosten in Höhe von rund 35 000 Euro rechnet er für den RAAM-Start: Für die Flüge in die USA und ein gemietetes Begleitfahrzeug, das vorab per Flieger auf einer Palette verschickte Rad und Material, den Sprit für 4800 Kilometer.

Seine Frau Kirstin und UDE-Kollegin Sabine Hemmerden halten dem 51-Jährigen den Rücken frei. „Wenn ich die Qualifikation schaffe, dann geht es los“, der Wanheimerorter. Mitstreiter für ein fünfköpfiges Begleitteam gilt es noch zu finden und Sponsoren. „Derzeit läuft viel über private Kontakte“, sagt Domeyer, „das sind Leute, die ich mit meinem Projekt begeistern kann.“ Alle Informationen darüber im Netz: www.thorsten-domeyer.jimdo.com oder per E-Mail von ihm persönlich: domeyer@arcor.de.

Ultradistanzen in Deutschalnd und in den USA

Das Race Across America führt seit 1982 alljährlich über 4800 Kilometer (52 000 Höhenmeter) von der Westküste der USA (Oceanside, Kalifornien) zur Ostküste. Die Teilnehmer müssen 57 Kontrollstellen passieren und die Distanz in zwölf Tagen bewältigen. Den Rekord hält Christoph Strasser, der Österreicher radelte die Strecke 2014 in 7.15,56 Tagen. 2016 siegte der gebürtige Duisburger Pierre Bischoff, der in Nauders (Österreich) lebt. Info: www.raceacrossamerica.org.

Beim Race across Germany (RAG) geht es von Flensburg über 1100 Kilometer (7500 Höhenmeter) von Flensburg nach Garmisch-Partenkirchen. Das Zeitlimit liegt für Männer/Frauen unter 50 Jahren bei 48/53 Stunden, über 50 bei 50/53 Stunden. Der Rekord: 39.25,55 Stunden. Info: www.raceacrossgermany.de.