Duisburg. . Über 2000 Besucher strömten zur Vereinsanlage des ETuS Bissingheim, um sich mit der wichtigsten Trophäe im Weltfußball ablichten zu lassen.

Da ist das Ding! So golden. So glänzend. Und mit einem globalen Bekanntheitsgrad. 90 Minuten hat die Geduldsprobe in der Warteschlange gedauert. Jetzt hat Matthias Hennig sein Ziel endlich erreicht. Das Objekt der Begierde thront in dem stickig-warmen Zelt hinter Plexiglas. Mit Frau Anika und seinen Kindern Lukas David, Finja Marie und Janne Karla positioniert er sich rund um die wichtigste Trophäe im Weltfußball. Klick – fertig ist das Erinnerungsfoto für die Ewigkeit mit der ganzen Familie. Hunderte Duisburger verbrachten am Sonntag beim ETuS Bissingheim einen traumhaften Tag mit dem WM-Pokal.

36,5 Zentimeter hoch, 6,175 Kilogramm schwer und aus 18-karätigem Gold gefertigt: Das ist der originale WM-Pokal. Über 2000 Besucher kamen gestern zum ETuS Bissingheim, um ihn in Augenschein zu nehmen.
36,5 Zentimeter hoch, 6,175 Kilogramm schwer und aus 18-karätigem Gold gefertigt: Das ist der originale WM-Pokal. Über 2000 Besucher kamen gestern zum ETuS Bissingheim, um ihn in Augenschein zu nehmen. © Christoph Wojtyczka

Dass der originale „Fifa World Cup“ mal für einen Vormittag im Duisburger Süden erstrahlen würde, hätten selbst kühnste Optimisten nicht zu träumen gewagt. Möglich wurde es durch einen Wettbewerb des Fifa-Sponsors Coca Cola. Der hatte seine trinkfreudigen Fans zu einem Sammelwettbewerb aufgerufen. Jener Verein in Deutschland, der die meisten Flaschendeckel zusammenbekommt, sollte nicht nur den „goldenen Gast“ empfangen, sondern auch noch einen Siegerscheck in Höhe von 20 000 Euro in Empfang nehmen dürfen.

Geld für Kunstrasenplatz

„Dieses Geld wollen wir für den Bau eines Kunstrasenplatzes nutzen“, erzählt Enzo Altomonte. Der 31-Jährige spielt seit 1994 für „seinen“ ETuS, im Vorjahr hat er zudem das Amt des Geschäftsführers übernommen. Rund 375 000 Euro kostet die Umgestaltung. Die Hälfte der Summe würde Duisburg-Sport beisteuern, die andere muss der Verein aber selbst aufbringen. „Da sind 20 000 Euro zusätzlich für uns natürlich ein warmer Regen“, sagt Altomonte. Nur mit einem Kunstrasenplatz sei man heutzutage für den kickenden Nachwuchs attraktiv. Wenn der jetzige Ascheplatz nicht perspektivisch verschwindet, wäre zumindest ein Teil der derzeit rund 950 Klubmitglieder nicht mehr zu halten.

DFB-Vizepräsident Peter Frymuth lobte das ehrenamtliche Engagement der ETuS-Kräfte, das auch bei dieser Aktion sichtbar geworden sei. Er wisse, dass Kommunen wie Duisburg, die finanziell nicht auf Rosen gebettet seien, Unterstützung bräuchten. „Wir als DFB wollen das über politische Einflussnahme auf Landes- und Bundesebene versuchen“, kündigte Frymuth an.

Gratulation an den ETuS vom fairen Zweitplatzierten

Oliver Loch und Sohn Simon von der Zweitplatzierten SSG Langen.
Oliver Loch und Sohn Simon von der Zweitplatzierten SSG Langen. © Christoph Wojtyczka

Unter den Besuchern tummelten sich auch Oliver Loch und sein Simon. Der Jugendleiter der SSG Langen wollte sich diesen Tag nicht entgehen lassen. Sein Verein – daheim in einem Örtchen zwischen Frankfurt und Darmstadt – hatte sich mit dem ETuS lange einen packenden Kampf um Platz eins im Sammelwettbewerb geliefert. Mit rund 150 000 Flaschendeckeln hatten die Hessen am Ende etwa 50 000 weniger als die siegreichen Bissingheimer. „Wir gönnen das dem ETuS, da sind wir ganz faire Verlierer“, sagt Loch. Wobei er das mit dem „Verlierer“ sofort wieder zurücknimmt. „Als Zweiter haben wir immerhin auch 10 000 Euro bekommen. Und es ist doch Wahnsinn, dass wir als kleiner Klub bei über 16 000 teilnehmenden Vereinen Zweiter wurden.“

Das Familienfest beim ETuS dauert bis weit in den Nachmittag hinein. Außer „Pokalgucken“ ist vor allem bei den jungen Besuchern auch Torwandschießen, Glücksrad und Hüpfburg angesagt. Doch wohin man auch schaute: Fast alle zeigten stolz und glücklich ihr Foto mit dem WM-Pokal herum.

Der nahbare Weltmeister „Litti“ kennt keine Berührungsängste 

„Litti, darf ich ein Foto mit dir machen?“ Da strahlt der WM-Kicker von 1990 und öffnet einladend seine Arme. „Na klar, komm her. Nur keine Scheu“, sagt Pierre Littbarski in seiner nahbaren und sehr sympathischen Art. Dann legt das Dribbel-Genie vergangener Fußballtage seinen Arm um die Schulter des Teenagers im Nationalelf-Trikot und lächelt mit seiner Sekunden-Bekanntschaft in die Kamera. Noch schnell ein Autogramm auf einen mitgebrachten MSV-Wimpel gekritzelt. Fertig. Schon wartet der nächste Selfie-Anwärter. So wie Hunderte mehr in der Schlange dahinter.

Beim Pokal gilt die Regel: „Anfassen ist nicht!“

Torsten Göbbels vom ETuS Bissingheim lässt sich sein Natinalelf-Trikott von Weltmeister Pierre Littbarski signieren.
Torsten Göbbels vom ETuS Bissingheim lässt sich sein Natinalelf-Trikott von Weltmeister Pierre Littbarski signieren. © Christoph Wojtyczka

Beim begehrten WM-Pokal lautet das Motto des Tages: „Anfassen ist nicht!“ Der leibhaftige Weltmeister, der vor wenigen Tagen 58 geworden ist, kennt hingegen keinerlei Berührungsängste. Er plaudert mit den Fans, ist ebenso charmant wie schlagfertig. Ein Star zum Anfassen eben. „Wenn ich den Pokal heute wiedersehe, dann kommen sofort Erinnerungen hoch“, erzählt Littbarski im Gespräch mit der WAZ. „Bei den beiden verlorenen WM-Endspielen 1982 gegen Italien und 1986 gegen Argentinien konnte ich ja nur an ihm vorbeilaufen. Umso schöner war es dann, als ich ihn dann 1990 nach unserem Sieg über Argentinien endlich in den Händen halten durfte.“

Das geschah erstmals in der Kabine – und war ein hartes Stück Arbeit. „Denn der ist ganz schön schwer. Und auch wenn es sich pathetisch anhört: Aber dieser Pokal hat eine einzigartige Aura“, so Littbarski. Jeder aus der Mannschaft wollte ihn anfassen, ja liebkosen. „Vor allem war es gar nicht so leicht, an unserem Torwart Bodo Illgner vorbeizukommen. Das war ja ein Schrank. Und der wollte den Pokal gar nicht mehr loslassen – genau wie Rudi Völler oder Lothar Matthäus“, erzählt Littbarski und lacht.

Jeder der Spieler träumte davon, den Pokal in der Siegesnacht mit in sein Bett nehmen zu dürfen. Aus Sorge, der wertvollen Trophäe könnte etwas geschehen, nahmen ihn aber die DFB-Offiziellen in Gewahrsam. „Für mich ist damals ein Traum in Erfüllung gegangen, den ich als fünfjähriger Junge in West-Berlin geträumt hatte“, sagt Littbarski. Und seine Augen strahlen und glänzen wie der Pokal selbst.