Duisburg. . Die Regenbogenschule besuchen Kinder vieler Nationen. Rektor Haris Kondza: „Der Migrationshintergrund ist nicht das Problem.“
Haris Kondza schickt einen Jungen in die Klasse und gibt ihm noch einen Rat: „Ich finde das nicht gut, dass ihr Hauen spielt, auch wenn es nur ein Spaß war.“ Der Zweitklässler nickt entschuldigend und läuft zurück in den Raum. Kondza ist Rektor der Regenbogenschule. An 13 Duisburger Grundschulen liegt der Migrantenanteil zwischen 90 und 100 Prozent. Die Marxloher Bildungseinrichtung ist eine davon. „Doch der Migrationshintergrund ist nicht das Problem“, betont er. Die Fluktuation im Klassenraum ist groß, viele Kinder müssen erst einmal die Sprache richtig lernen, auch Armut ist ein Thema. Die Stadtentwicklung in Marxloh ist in den vergangenen Jahren, nunja, „suboptimal gelaufen“. Er hofft, dass durch den Besuch von Bundespräsident Steinmeier an einer benachbarten Schule vielleicht Dinge in Bewegung kommen. Mit engagierten Kollegen und einem umfangfreichen Hilfesystem versuchen sie hier Kinder zu fördern und für ein paar Stunden die Schwierigkeiten vergessen zu lassen. Die Bedingungen könnten bessere sein.
Der Verein „Brotzeit“, eine Initiative von Uschi Glas, spendiert Frühstück. Allerdings können die Jungen und Mädchen nicht gemeinsam frühstücken, weil der Raum dafür zu klein ist. Es gibt Sonderpädagogen und ein ausgeklügeltes System, um die Kinder positiv zu bestärken. Für jeden Schüler, jede Klasse und manchmal auch die komplette Schule gibt es Ziele. Sich schnell in Zweierreihen aufstellen ist so ein guter Vorsatz. Sich regelmäßig melden und nicht einfach reinrufen, ein anderer. Wenn etwas gut läuft, werden lächelnde Smileys verteilt. Sind genug Bonuspunkte zusammengekommen, wird eine Belohnung organisiert. „Neulich haben wir im Jugendzentrum eine Disco gehabt“, erklärt Kondza. Zunächst durften die Erst- und Zweitklässler tanzen, später die Großen. Ein anderes Mal kam der Eiswagen vorbei. Einmal im Monat findet eine Schulversammlung statt, bei der für jedes Geburtstagskind gesungen wird. „So kann ich auch die, die manchmal Palaver machen, positiv bestärken.“
In der 3b hocken die Jungen und Mädchen still auf ihren Stühlen. An der Tafel hängt ein Bild von Pippi Langstrumpf. „Welche Haarfarbe hat das Mädchen?“, fragt Lehrerin Jessica Beerbaum. „Rot“, antwortet Zeyneb. „Und wer gehört zu Pippis Familie?“ Stirnrunzeln. Nicht alle kennen den Klassiker von Astrid Lindgren. Einem Mädchen fällt ein: „Ein Affe und ein Pferd.“ Genau. Einen Vater gibt es auch, aber der ist König einer Südseeinsel. „Nun beschreibt euch und eure Familie“, erklärt Lehrerin Beerbaum die Aufgabe. „Das ist voll gemein, ich hab’ neun Geschwister“, protestiert Baschar. „Die musst du nicht alle aufzählen“, beruhigt ihn die Pädagogin. Baschar ist erleichtert – Glück gehabt.
Gymnasialempfehlungen gibt’s nur selten
Beerbaum hat sich die Regenbogenschule aus Überzeugung ausgesucht. „Ich finde es toll zu sehen, wie sich die Kinder entwickeln. Sie sind dankbarer als an anderen Schulen.“ Gymnasialempfehlungen sind selten. „Bildungsaffine Eltern suchen sich vielleicht eine andere Schule“, so Kondza. Er, Jessica Beerbaum und die anderen wollen den Kindern möglichst viel für den weiteren Weg mitgeben.
Stippvisite auf Wunsch des Präsidenten
Die Stadt Duisburg ist nicht besonders glücklich über einen erneuten Politikerbesuch in Marxloh. „Wenn Personen des öffentlichen Lebens von so herausragender Stellung Duisburg besuchen, ist das natürlich ein Ereignis. Letztlich wecken solche Besuche bei den Bürgern allerdings auch Erwartungen – werden diese enttäuscht, gibt es am Ende nur Verlierer“, sagt OB Sören Link. Frank-Walter Steinmeier, seine Frau, der NRW-Integrationsminister Stamp und die Staatsekretärin Serap Güler schauen sich eine Grundschule an, besichtigen einen Brautmodenladen und schauen sich eine Problemimmobilie an. Hier gibt es ein Wiedersehen mit der ehemaligen Dezernentin Daniela Lesmeister. „Mit dem Besuch in Marxloh hat Ministerpräsident Laschet einen besonderen Wunsch des Bundespräsidenten erfüllt, auch Orte ins Programm einzubauen, die vielleicht nicht typischerweise bei einem Antrittsbesuch gezeigt werden; eben Orte, wo noch Arbeit vor uns liegt“, erklärt eine Sprecherin des Bundespräsidenten. Sören Link hingegen findet: „Duisburg besteht definitiv nicht nur aus Problemimmobilien. Wir hätten unserem prominenten Besuch auch gerne andere Seiten unserer Stadt gezeigt. Wer Duisburg nur auf einen Teil von Marxloh reduziert, macht einen Fehler.“
Polizei kündigt Sperrungen an
Während des Besuchs von Frank-Walter Steinmeier kann es kurzzeitig zu verschiedenen Streckensperrungen in Marxloh kommen. Wo genau die Sperren sein werden und welche Sicherheitsmaßnahmen noch im Vorfeld ergriffen werden, will die betreuende Polizei aus Düsseldorf allerdings nicht verraten: „Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Sicherheitsgründen keine Angaben zu den zeitweise gesperrten Streckenabschnitten machen werden“, erklärt ein Sprecher auf Nachfrage unserer Zeitung.