10.30 Uhr an der Regenbogenschule: Die Grundschule in dem bunt angestrichenen Flachdachbau ist eine besondere Grundschule. Im Büro des Schulleiters stehen viele Wörterbücher. Eine junge Frau mit Kopftuch schaut rein. Die ständige interkulturelle Beraterin. Sie ist Vermittlerin zwischen Kindern, Eltern und Lehrern. „Wir haben es hier mit besonderen Herausforderungen zu tun. Jeder, der hier arbeitet, weiß das und ist stolz auf die Fortschritte, die wir machen“, sagt Rektor Haris Kondza. Die Herausforderungen liegen in der extremen multikulturellen Vielfalt, die hier aufgefangen werden muss. Kondza kann aus dem Kopf nicht sagen, wie viele Nationalitäten er hier unterrichtet. Rund ein Drittel der Kinder hat keine Deutschkenntnisse und während des Schuljahres kommen immer mehr dazu kommen. Hauptsächlich aus Rumänien oder Bulgarien. Dabei ist nicht der Migrationshintergrund problematisch, sondern die Tatsache, dass ganz viele Kinder aus bildungsfernen Schichten stammen. 80 Prozent der Elternschaft bezieht Hartz IV. Oft ist den Regenbogenkindern ein geregelter Alltag mit genügend Essen und Trinken, sauberer Kleidung und ausreichend Schlaf fremd.
Betreuung über den Unterrich hinaus
Standardunterricht ist da nicht machbar. Doch seitdem der findige Rektor mit bosnischen Wurzeln das Prisma des Regenbogens ausrichtet, hat sich allerlei getan. Eine Besonderheit sind die Vorbereitungsklassen, IVK genannt, die es zu den Regeklassen gibt. „Manche Kinder müssen die Verhaltensregeln in der Schule erst verinnerlichen.“ Bis zu 18 Mädchen und Jungen werden bis zu zwei Jahre extra beschult. Die Schule bietet einen offenen Ganztag an, bei dem die Kinder ein Frühstück in der Schule bekommen. Senioren aus der Nachbarschaft helfen ehrenamtlich. Für Kinder mit hohem Betreuungsbedarf auch über die Schulzeiten hinaus, wurde das Schulkinderhaus eingerichtet, eine Art Hort, in dem die Kleinen von Erziehern betreut werden. „Wir versuchen, Zuwanderung und Schule harmonisch zu gestalten“, so Kondza.
In kleinen Gruppen lernen die Grundschüler Deutsch. Die Lehrer sprechen Deutsch oft als zweite Muttersprache. Es gibt Lehrkräfte für Rumänisch, Albanisch, Bulgarisch und Türkisch. „Wir müssen die Eltern emotional abholen und ihnen erklären, wie wichtig Bildung für sie und ihre Kinder ist“, so Haris Kondza. Die Einrichtung fungiert auch als Stadtteilberatungsstelle, die auch neu hinzu gezogenen Familien hilft. „Nur so können wir hier vor Ort für ein Miteinander sorgen. Wenn die Kinder sich gegenseitig respektieren, schaffen das vielleicht auch die Eltern“, hofft Kondza.
Im Musikraum erzählen Gaby, Angel, Lucy, Adam und Halil in gutem Deutsch, wie schön sie es hier finden. Lucy mag Mathe und liebt die Zahlenmauern. Gaby findet alles super, was mit lernen zu tun hat. Halil mag Kunst und erzählt begeistert, wie toll er die zweiwöchige Schulversammlung findet. Dort werden Punkte an die fleißigsten und liebsten Klassen verteilt, es wird mit allen 370 Kindern gesungen und getanzt. „Und jeder, der Geburtstag hatte, darf auf die Bühne und alle singen“, sagt Gabi mit Vorfreude. Sie hatte erst Geburtstag und darf bei der nächsten Versammlung auf die Bühne. Als es klingelt, verabschieden sich die Fünf und schieben ihre Stühle unter den Tisch – unaufgefordert.