Duisburg. . Die Kontaktstelle des Paritätischen registrierte 2017 über 2400 Anfragen. Auch die Zahl der neuen Gruppen ist gestiegen, rund 200 gibt es schon.
Die Nachfrage der Duisburger nach dem Austausch in Selbsthilfegruppen steigt kontinuierlich weiter an. Das berichten Anja Hoppermann und Kendra Zwickler, Beraterinnen bei der Kontaktstelle des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Hochfeld. Sie koordiniert und berät rund 200 Gruppen im Stadtgebiet mit Themen von A wie Adoptiv-Eltern bis Z wie Zysten-Nieren.
Insgesamt registrierte die Kontaktstelle im vergangenen Jahr 2411 Beratungs- und Informationskontakte zu Ratsuchenden und Gruppen, 148 mehr als im Vorjahr. Während sich hier der Anstieg zuletzt leicht abgeschwächt hat, ist die Zahl der Kontakte zu Profis stark angestiegen.
Gemeint sind damit etwa Ärzte und Therapeuten, die für Patienten und Klienten eine Selbsthilfegruppe suchen. 1133 Anfragen erreichten die Beraterinnen, 198 mehr als noch 2017. „Das kann daran liegen, dass wir besser wahrgenommen werden, allerdings deutet es auch darauf hin, dass Selbsthilfe weiterhin einen Mangel im Versorgungssystem auffängt“, vermutet Anja Hoppermann. Das gilt besonders für Menschen mit psychischen Erkrankungen – sie müssen häufig sehr lange auf einen Therapieplatz warten.
Selbsthilfe ist kein Ersatz für Therapie
Das spiegeln auch die Zahlen: Die Gesamtanteil an der Zahl der Anfragen, die sich auf psychische Erkrankungen bezogen, stieg allein im vergangenen Jahr von 40 auf 45 Prozent an. „In einer akuten psychischen Krise kann Selbsthilfe aber kein Ersatz für Behandlung und Therapie sein“, warnen die Beraterinnen.
Im Spektrum der Gruppen ist viel Bewegung. Allein 19 Neugründungen zu diversen Themen gab es im vergangenen Jahr. „Im Durchschnitt der Vorjahre waren es nur zwölf. Aber nicht alle Versuche sind erfolgreich“, sagt Kendra Zwickler. Bei Bedarf unterstützt die Kontaktstelle den Start durch so genannte „Ingangsetzer“.
Ein positives Fazit ziehen die Beraterinnen aus der Teilnahme am Modellprojekt „Migration und Selbsthilfe-Aktivierung“. Die Duisburger Kontaktstelle nahm sich der türkischen Zuwanderer an. „Ein dickes Brett, denn Selbsthilfe ist in der Community nicht bekannt“, sagt Anja Hoppermann. Ihr Dank gilt Baran Öztürk und Gülcan Boybeyi, deren interkulturelle Kompetenz und Beharrlichkeit manche Tür öffnete zu türkischen Vereinen und Institutionen, Ärzte als Multiplikatoren mit ins Boot holte.
Das alte Bild von Menschen im Stuhlkreis
Ein Ziel für 2018 ist es, die Selbsthilfe in die Lehre zu bringen. In Schulen, Medizin-Fakultären, die Pflegeausbildung, um Profis als Multiplikatoren zu gewinnen. „Das Bild von der Selbsthilfe ist allerdings auch bei vielen von ihnen noch immer erschreckend antiquiert, geprägt von Menschen, die in einem Stuhlkreis sitzen“, bedauert Kendra Zwickler.