Duisburg. . Die Redaktion sprach mit Bruno Sagurna, dem frisch gewählten neuen Vorsitzenden der SPD-Fraktion über die großen Themen, die auf der Tagesordnung stehen.
Logistik, Schule, Schulden: Dies sind die drei zentralen Themen, die Bruno Sagurna spontan aufzählt, wenn man den frisch ins Amt gewählten neuen Vorsitzenden der SPD-Ratsfraktion nach den zentralen Aufgaben seiner Fraktion im Rat befragt.
Am vergangenen Mittwoch hatte die 35 Mitglieder starke SPD-Fraktion den 60-jährigen Controller der DB-Cargo zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt, nachdem vor zwei Wochen der sehr erfahrene Fraktionschef Herbert Mettler nach 15 Jahren an dieser Stelle überraschend seinen abrupten Rückzug erklärt hatte. Bis zur Kommunalwahl 2020, so hatte Mettlers argumentiert, müssten sich jetzt mal so langsam jüngere Kandidaten in Position bringen.
„Das kam für uns alle in der Fraktion sehr überraschend,“ bekannte gestern Bruno Sagurna im Interview mit der NRZ. Er sei darüber auch sehr „betroffen und schockiert“ gewesen und hätte sich lieber einen anderen, entspannteren Übergang gewünscht.
Aus Respekt vor der Leistung seines Vorgängers
Aus Respekt vor der großen Leistung seines Vorgängers und vor der großen politischen Aufgabe, die nun einmal der arbeitsreiche Vorsitz der größten Ratsfraktion mit sich bringe, habe er es sich auch lange überlegt, ob er als Mettlers Nachfolger kandidieren wolle. Aber mit Mettler als künftigem Berater des Fraktionsvorstandes sei ihm dann die Entscheidung leichter gefallen.
Sagurna, als junger Gewerkschafter der Bahn 1992 in die Duisburger SPD eingetreten, sieht sich in der Mitte der Partei verortet, er sei weder „ein Linker noch ein Rechter“, aber jemand, der mit 26 Jahren gewerkschaftlich motiviert in diese Partei eingetreten sei. In der SPD-Fraktion des Regionalverband Ruhr (RVR) ist Sagurna stellv. Vorsitzender und umweltpolitischer Sprecher.
Das politische Steckenpferd des Controllers, der für mehr als 15.000 Beschäftigte des DB-Bereiches West des Güterbahnverkehrs unter anderem Dienstautos, Telefone, Tablets anschafft, in Gang setzt und verwaltet, ist das Thema „Logistik. In Duisburg, so sagt er, habe man zwar auf alten Industriebrachen neue Logistik-Standorte entwickelt, aber die notwendige Infrastruktur habe man nicht geschaffen. Heute müsse man deshalb soviel Verkehr wie möglich von der Straße auf die Schiene holen und zudem neue Erschließungen durch Umgehungsstraßen schaffen, um die Menschen vom Zulieferverekhr der Logistik-Standorte zu entlasten.
Zum Thema Schule fällt dem Vater einer Tochter, die jetzt Chemielaborantin bei ehemals Sachtleben lernt, ein, dass der Zustand zahlloser Schulgebäude in der Stadt noch immer so miserabel sei, dass Kinder in ihrer Schule nicht auf die Toilette gehen wollen.
Sagurnas drittes großes Thema auf der aktuellen Tagesordnung: die Schulden dieser Stadt: Die Bundesregierung müsse endlich die Städte von ihren Altschulden befreien. Gnade Gott den Kommunen, wenn die Zinsen in die Höhe gingen. Weitere Sparmaßnahmen seien undenkbar.
Als 13-Jähriger aus Masuren übersiedelt
Seit 45 Jahren ist der Meidericher SPD-Ratsherr Beschäftigter bei der Deutschen Bahn. In drei Jahren kann er, der Anfang der 1970er Jahre als 13-Jähriger mit seinen Eltern aus Polen (Masuren) nach Duisburg übersiedelte, in Rente gehen und hat dann nach eigenen Worten noch mehr Zeit für den neuen Job als SPD-Fraktionschef, der ihm durchaus Respekt einflößt.
Gefragt, welche zentralen politischen Projekte in den kommenden Jahren bis zur Kommunalwahl 2020 bzw. bis zur OB Wahl 2025 angeschoben werden, sagt er: Einige Projekte wie die Erschließung von alten Industriebrachen für moderne Wohnbebauung seien ja bereits angestoßen, aber auch das Projekt Möbelhaus Ostermann bei ihm vor der Haustüre in Meiderich müsse endlich einmal zu Ende geführt werden, der Bürger erwarte eine Entscheidung, ob es nun kommt oder nicht.
Zwingend: ein funktionierender Karl-Lehr-Brücken-Zug
Zwingend und dringend umzusetzen sei das Thema „funktionierende Verkehrsinfrastruktur am Karl-Lehr-Brücken-Zug“: Für den Logistik-Standort Duisburg sei dieser Punkt schlichtweg überlebenswichtig. Duisport dränge zudem darauf, eine Umgehungsstraße zu bekommen. Denn die Verkehre müssten aus dem Hafen heraus kommen. „Wenn wir das nicht hinbekommen, dann steht der Hafen still.“
Hinzu komme das Dauerthema Wohnumfeldverbesserung und Straßenbau in Duisburg. Vieles sei hier auf dem Weg, vieles müsse bis zur Kommunalwahl neu angestoßen werden. Fatal sei derzeit, dass zwar dafür viele Bundes- und Landesmittel zur Verfügung stünden, nicht aber ausreichend große Kapazitäten bei den Bau-Unternehmen, bei denen jetzt die Kommunen in Konkurrenz Schlange stünden.
Auch das Thema Schulbau sei weiterhin hoch aktuell und brisant: Viele Gebäude seien über Jahre vom Schulträger nicht instand gesetzt worden, weil bislang Geld fehlte. Es dürfe nicht sein, dass sich Schulkinder ekelten, die Toilette ihrer Schule aufzusuchen, dass die Schul-Heizung im Sommer nicht auszuschalten ist, dass die Fenster nicht zu öffnen seien.
Problem: Zuwanderer ohne Krankenversicherung
Ein großes soziales Problem, für das sich seine Fraktion interessieren müsse, sei die große Anzahl von nicht krankenversicherten Zuwanderern aus Südosteuropa. Von Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Außenminister Gabriel sei zwar auf Stippvisiten in Marxloh immer Hilfe, sogar eine Clearingstelle versprochen worden. „Doch konkret helfen tut Pater Oliver im Marxloher Petershof. Großartig. Doch so kann es ja nicht bleiben.“
Und Sagurna schwärmt von seinem Lieblingsthema: Dem Landschaftspark Duisburg-Nord, ein Magnet für die Menschen. Gut, dass es der Politik wieder gelungen sei, einen neuen 10-Jahresvertrag für die Route der Industriekultur aufzulegen.
Wo liegt die SPD mit der CDU über Kreuz?
Mit welchen Themen SPD und CDU in der Ratskooperation über Kreuz liegen? Sagurna stutzt: In keinem, sagt er, man arbeite sachlich und professionell. Man brauche für große Projekte stabile Mehrheiten, das wüssten beide Partner. Was wird aus der abgesäbelten Baumschutzsatzung? Sagurna: Es bleibt dabei. Stichwort Innenstadt: Ist sie ohnehin nicht mehr zu retten, wie es einst sein Vorgänger Mettler formulierte und wäre ein DOC die bessere Lösung gewesen? Dies sei hart formuliert, aber es stimme, jawohl ein DOC hätte Duisburg und die City bereichert, weswegen er auch dafür gestimmt habe.
Stichwort: Zuwanderung, Parallelgesellschaft und AfD-Stimmenanteile von 20 bis 30% im Stadtnorden? Was tun? Sagurna: 90% der AfD-Wähler seien ehemalige SPD-Wähler, die Existenzängste haben zu kurz zu kommen. Sagurna: Man müsse ihnen erklären, was Sache ist und den Zuwanderern klar machen, was hier Recht und Gesetz ist. Anders gehe es nicht.
Forderung an den neuen Wirtschaftsdezernenten
Wie lautet seine Forderung an den neuen Wirtschafts-Dezernenten, den die Stadt demnächst einstellen will? Sagurna: Er muss diesen Standort weiter qualifizieren, er muss offensiv werben, er muss die Stadt mit der übergeordneten Wirtschaftsförderungsgesellschaft Metropole Ruhr verzahnen.