Duisburg. . Eigentlich ging es nur um ein falsch geparktes Auto in Bruckhausen. Am Ende hat ein Polizist offenbar den am Boden liegenden Mehmet K. getreten.

Der Vorfall schlug vor einem halben Jahr hohe Wellen: Polizisten hatten in Bruckhausen einen Autofahrer angesprochen, weil er unerlaubt in einer Spielstraße parkte. Dieser holte dennoch seine schwere Fracht aus dem Kofferraum, warf den Beamten derweil seinen Ausweis auf die Motorhaube. Ein Wort gab das andere - am Ende stand die ganze Reinerstraße voll mit erzürnten Anwohnern, eine Einsatzhundertschaft der Polizei lief auf, Krankenwagen mussten kommen, Pfefferspray wurde eingesetzt. Alles gefilmt von zig Handykameras.

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Was noch passierte und nur von einer Überwachungskamera im Hausflur festgehalten wurde, zeigt, wie Falschparker Mehmet K. am Boden liegend von einem Polizisten getreten wird. Dieser Beamte wurde vom Dienst suspendiert und Mehmet K. ist bis heute in psychologischer Behandlung.

Staatsanwalt prüft Anklagefragen

Ob es zu einer Anklage kommt, muss jetzt der zuständige Staatsanwalt entscheiden. Die Ermittlungen in dem Doppelverfahren seien jedenfalls abgeschlossen, heißt es aus der Pressestelle. Dass die Ermittlungen so lange dauerten, sei nicht ungewöhnlich. Es geht zum einen um den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung im Amt durch den suspendierten Polizisten. Zum anderen könnte Anklage wegen Widerstandes erhoben werden, gegen K., aber auch gegen dessen Sohn sowie Nachbarn, die mit Polizisten am Hauseingang aneinandergerieten.

Mehmet K. ist tief verunsichert. „Ich habe Misstrauen gegenüber Polizisten. Dabei bin ich mit Polizisten befreundet, ich will auch gar nicht alle über einen Kamm scheren. Aber wenn mir ein Streifenwagen begegnet, kriege ich Angst.“

K. beklagt fehlende Anteilnahme von Behörden

K., der seit 45 Jahren in Deutschland lebt und seit 30 Jahren bei Thyssenkrupp arbeitet, ist enttäuscht von der fehlenden Anteilnahme durch deutsche Institutionen.

Auch eine Entschuldigung von Oberbürgermeister Sören Link, der damals in einem Zeitungsinterview von einem „asozialen“ Verhalten sprach, erwartet er. „Nur das türkische Generalkonsulat unterstützt mich, darüber bin ich froh.“ Dass das aus politischen Gründen geschieht, ist dem 49-Jährigen durchaus klar. Aber als Bürger habe er sich hilflos gefühlt.

Christian Baumann ist als Anwalt von K. mit dem Fall betraut. Ein Fall, der durch das Eingreifen des Konsulats, die Debatte um den Oberbürgermeister und das Aufstellen eines türkischstämmigen OB-Kandidaten eine politische Dimension bekommen hatte. Sein Mandant habe das Vertrauen in die Institutionen verloren. „Würde die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Polizisten einstellen, wäre das eine Katastrophe“, so Baumann.

„Bei einem Hooligan würde man von einem Exzess sprechen“

Für wahrscheinlich hält er das nicht: „Der Beamte ist seit über einem halben Jahr suspendiert, also sieht auch die Polizeiführung ein Fehlverhalten“, glaubt der Anwalt. Im Video sehe man, wie der Polizist um seinen am Boden liegenden Mandanten herumgehe, um dann gezielt treten zu können. „Bei einem Hooligan würde man von einem Exzess sprechen.“

Rechtlich gehe es um die Frage, wo das berechtigte Eingreifen der Polizei endet und wo die Strafbarkeit polizeilichen Handelns beginnt: „Ich finde schon fraglich, ob es nötig war, meinen Mandanten zu Boden zu werfen“, sagt Baumann. Im Grunde stellt er den ganzen Polizeieinsatz in Frage, denn ursprünglich ging es ja um ein falsch geparktes Auto, das am Ende des Tages immer noch da stand.

ZUM HINTRERGRUND:

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Übergriffe gegen Ordnungsbehörden hatte Oberbürgermeister Sören Link verurteilt und mit „asozial bleibt asozial“ kommentiert. Türkische Vereine hatten daraufhin eine Entschuldigung gefordert, ohne Erfolg. Mit Yasar Durmus trat sogar ein Protestkandidat bei der OB-Wahl an.

Mehmet K. fühlt sich persönlich beleidigt und will Link nach Abschluss der laufenden Ermittlungen wegen Beleidigung anzeigen.