Duisburg. . Astrid Stewin (44) soll den Zoo auf stabilere wirtschaftliche Füße stellen. Sie versteht sich nicht als Saniererin: „Da steckt Herzblut drin.“

Das ist ein passendes Geschenk für 2018: Astrid Stewin hat ihrem Mann zu Weihnachten eine Jahreskarte für den Duisburger Zoo unter den Baum gelegt. Kundige Begleitung inklusive: Denn seit gut zwei Monaten ist die 44-jährige bisherige Prokuristin bei der Stadttochter Octeo Chefin im Tierpark, formal die Vorstandsvorsitzende in der Zoo-Aktiengesellschaft.

Für den klaren Blick auf die Finanzen und zugleich für frischen unternehmerischen Wind soll die gelernte Industriekauffrau in den Tierpark sorgen. Das betriebswirtschaftliche Know-how bringt sie nach fast 20 „Kauffrau“-Jahren bei den Stadtwerken und aus dem 1800-Mann-Betrieb Octeo mit und an einer kräftigen Brise und an Tatkraft mag man nicht zweifeln, wenn man mit der 44-Jährigen im Stechschritt durch „ihren“ Tierpark eilt.

Bisheriger kaufmännischer Vorstand ist im Ruhestand

Astrid Stewin verbietet sich jegliche öffentliche Negativ-Bekundungen zum bisherigen Wirtschaften im Zoo. Der Grund, weshalb sie von der Stadt an die Tierpark-Spitze entsandt wurde, ist ohnedies hinlänglich bekannt: Der Zoo steckt in argen Finanznöten. Unausweichlichen, aber auch hausgemacht Unnötigen, so dass der bisherige Zoo-Chef Achim Winkler nur noch Direktor in allen zoologischen Fragen ist und Stewin das unternehmerische Sagen und das letzte Wort hat. Der bisherige kaufmännische Vorstand ist im Ruhestand. Zudem: Stadt und Stadtholding DVV planen, den Zoo in diesem Jahr in den Stadtkonzern zu integrieren, in welcher Gesellschaftsform auch immer. „Panthera“, lateinisch Großkatze, heißt die Arbeitsgruppe in der DVV dazu, die Stewin leitete, bis man ihr den Zoo-Job anbot. „Ich habe nicht lange überlegt“, sagt sie.

Im Stadtkonzern DVV mit den Stadtwerken, der DVG und der Dienstleister-Tochter Octeo gehört der Kauf von Stroh oder Tierfutter nicht gerade zur Kernkompetenz. Dennoch: Stewin sieht eine Vielzahl von Synergien, Vorteilen und Kostensenkungspotenzialen im sechsstelligen Bereich, wenn der Tierpark das Know-how des großen Stadtkonzerns nutzen wird. Buchhaltung, Einkauf, Personalwesen, Projektsteuerung. Das summiert sich. Die ersten Geschäftsbesorgungen sind schon geschlossen, so übernimmt die DVV bereits die Personalwirtschaft, nachdem die zuständige Zookraft in Altersteilzeit gegangen ist.

Großer Sanierungssstau

„Im Zoo lässt sich effizienter und effektiver wirtschaften“, ist sich Stewin sicher. Und unterstreicht zugleich: „Der Tierpark wird immer ein Zuschussbetrieb bleiben“. 2,5 Millionen Euro gibt die Stadt jedes Jahr als Zuschuss. Doch das reicht alles so gerade für den laufenden Betrieb. Auch der für 2018 aufgestellte Wirtschaftsplan ist auf Kante genäht. Ein schlechtes Wetterjahr und der Zoo rutscht weiter in die Miesen. Folge der strukturellen Unterfinanzierung: Ein gigantischer Sanierungsstau, er geht in die Zig-Millionen. Noch schweigt sich Stewin aus, wie der Zoo künftige Investitionen stemmen will. Unter dem Dach des Stadtkonzerns wäre der Tierpark mit der guten Bonität der „Mutter“ zumindest wieder kreditwürdig.

„Der Zoo ist ein Wirtschaftsunternehmen“, stellt die Zoo-Chefin klar. Der Kosten im Blick haben muss, aber auch die Einnahmen. „Die müssen wir verbessern“, sagt Stewin. Dazu will sie Konzepte erarbeiten. Neue Rabattaktionen sollen Besucher in der Nebensaison an den Kaiserberg locken, am Rentier-Tag, den die Mitarbeiter vorschlugen, schenkte sie selbst warmen Kakao aus. Veranstaltungshighlights wie die Halloween-Nacht, die wegen strengerer Auflagen nach der Loveparade-Katastrophe gestrichen wurde, soll wieder angeboten werden. Mehr Aktionen und Events, mehr professionelles Marketing stehen auf ihrer Agenda. Und eine nachhaltigere, kontaktfreudigere Sponsorensuche – nur mit dem Energiekonzern Evonik etwa war der Bau des zwei Millionen Euro teuren Tigergeheges möglich. Aber eben solche Attraktionen braucht der Tierpark. „Der Zoo lebt von seiner Vielfalt“, betont Stewin. Tiger, Löwen, Koalas und vor allem die Delfine sind Besuchermagneten. Daran wird nicht gerüttelt.

Sendung mit der Maus für Große

Als „Sendung mit der Maus für Große“, bezeichnet die 44-Jährige ihre ersten lehrreichen Monate im Zoo, die sich zuhause mit der Pflege von drei Katzen begnügt und nun weit über 1000 Tiere (ohne die tausenden Fische und Wirbellose) vom Afrikanischen Elefanten bis zur Zwergziege im Blick haben muss. Die jetzt zum Beispiel auch schauen muss, wie die Koalas nach der Pleite des Transport-Sponsors Air Berlin kostengünstig an ihren Eukalyptus kommen. Die neue Chefin als Saniererin auf Zoo-Stippvisite, Zahlen statt Zebras, Bilanz vor Brillenbären? Nein. „Ich empfinde die Arbeit hier als echte Herzenssache“, sagt Astrid Stewin. Das hört sich nach einem dauerhaften Job an.

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- Auch das soll die neue Zoo-Chefin in die Hand nehmen: Der Tierpark benötigt dringend einen neuen Wirtschaftshof. 4,6 Millionen Euro kostet er; der förderfähige Großteil (rund 3,5 Millionen Euro) wird über das so genannte KIDU-Programm aus der Investitionsoffensive des Bundes finanziert.

- 2018 müssen auch Dach und Fassaden des Delfinariums erneuert werden, Kosten rund 1,2 Millionen Euro.

- Ein echter Klotz am Bein sind die Zoo-Terrassen. Der Beton-Koloss ist ungenutzt, marode, steht im Weg und verhindert an der Mülheimer Straße ein attraktives Entree in den Tierpark; der Verein „Societät“ ist allerdings Miteigentümer. „Wir haben das im Blick“, sagt Astrid Stewin.