Duisburg. . 200 Schüler des Berufskollegs Walther Rathenau hatten fünf Politiker zum „Speed-Dating“ geladen. Meinungsbildung über Facebook und Wahlomat.
- Schüler des Berufskollegs Walther Rathenau luden Kandidaten zum „Speed-Dating“
- Politiker stellten sich Fragen zu verschiedenen Themen, die den Schülern wichtig sind
- Jungwähler bilden sich ihre politische Meinung über Facebook und den Wahlomat
Zuwanderung und soziale Gerechtigkeit sind heiß diskutierte Themen zur Bundestagswahl. Aber wofür interessieren sich die Jungwähler? Und wie bilden sie sich ihre Meinung? 16 264 junge Duisburger dürfen in diesem Jahr zum ersten Mal wählen, darunter auch viele der 200 Schüler des Kaufmännischen Berufskollegs Walther Rathenau (KBWR). Mahmut Özdemir (SPD), Volker Mosblech (CDU), Frank Albrecht (FDP), Felix Banaszak (Grüne) und Özden Ates (Linke) stellten sich den Schülern in einem „Speed-Dating“ in der Clauberg-Halle in Hamborn. Vertreter der Piraten und der AfD waren der Einladung nicht gefolgt.
Der Ablauf ist wie bei einem „Speed-Dating“: Die neun Schulklassen des KBWR haben ihren festen Platz, während die Politiker von Tisch zu Tisch wandern. Die Kandidaten haben pro Klasse fünf Minuten Zeit, die Fragen der Schüler zu beantworten. Dabei beschäftigt sich jede Klasse mit einem speziellen Thema: Wann die Schulen saniert? Wie wollen die Kandidaten die Flüchtlinge integrieren? Und wie stehen Sie eigentlich zu den Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland? Sobald die Glocke läutet, ist die Zeit um und der Kandidat geht zur nächsten Klasse.
Jede Schule sollte einen Internetzugang haben
Unter den Schülern befinden sich Kaufleute für Spedition und Logistik, Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte und angehende Abiturienten. Viele der ausgewählten Themen handeln von Problemen, die sie selbst betreffen. „Es wird Zeit, dass jede Schule einen freien Internetzugang hat“, sagt der angehende Abiturient Yassine Boukari. Den Azubis hingegen sind Änderungen auf dem Arbeitsmarkt wichtig. „Ausbildungen müssen attraktiver gestaltet werden, damit sie eine gute Alternative zum Studium darstellen und besetzt werden“, sagt der Kaufmann für Spedition und Logistik, Jean-Michel Matzelt (21), „außerdem sollte der Zugang zu einer Ausbildung trotz schlechter mittlerer Reife möglich sein.“
Auch Mona Lisa Ngingi (23) beklagt sich über ein anhaltendes Problem in Duisburg: „Ich komme fast jeden Tag zu spät – entweder stehe ich im Stau, oder ich passe nicht mehr in die überfüllten Busse und Bahnen“, sagt die Rechtsanwalt- und Notarfachangestellte. Sie vertritt ihre Klasse und befragt die fünf Kandidaten, wie sie dieses Problem lösen wollen. „Wenn sie eine Eigenpräsentation halten und nicht auf die Fragen eingehen, unterbreche ich sie“, erklärt die 23-Jährige, „die Politiker müssen sympathisch und aufrichtig rüber kommen – große Versprechungen machen kann jeder“, sagt Ngingi.
Jede Klasse stimmt über Kandidaten ab
Nach dem Speed-Dating stimmt jede Klasse über die Kandidaten ab. Sieben von neun entscheiden sich für Mahmut Özdemir (SPD). „Er hatte einfach die besten Lösungsvorschläge und hat Klartext geredet“, erklärt Ngingi. Doch ob die Jungwähler dem Gewinner am 24. September tatsächlich ihre Stimme geben, bleibt unklar – viele bilden sich ihre Meinung zusätzlich durch Facebook-Beiträge und den Wahlomat.
„Eigentlich ist es egal, welche Partei ihr wählt – Hauptsache ihr geht wählen!“, sagt Christian Köppen, Lehrer und Organisator des Speed-Datings. Vor allem Mona Lisa Ngingi beherzigt die Worte: „Vor vier Jahren war ich nicht wählen – da ich die Kandidaten jetzt kenne, gehe ich auf jeden Fall!“