Duisburg. . Weil das Haus am Kaiserberg laut Gutachten nicht mehr standsicher ist, wurde es geräumt. Bewohner mussten in 30 Minuten ihre Sachen packen.
- Das Bauamt hat das Haus Am Botanischen Garten 23 für unbewohnbar erklärt, weil es nicht mehr standsicher ist
- Die Mieter mussten innerhalb von 30 Minuten ihre Habseligkeiten packen – und viel zurücklassen
- Haus soll abgerissen und neu gebaut werden – in der Nachbarschaft entsteht das „Quartier Wilhelmshöhe“
Auf der Baustelle Zur Wilhelmshöhe fahren Bagger hin und her. „Schöner Wohnen“ soll hier bald möglich sein. Die Firma Blank Bau errichtet hochwertige Eigentumswohnungen mit Blick ins Grüne. Für die Nachbarn ist das allerdings der blanke Hohn. Vor drei Wochen ist das Haus „Am Botanischen Garten 23“ geräumt worden. Die verbliebenen Mieter mussten innerhalb von einer halben Stunde ein paar Habseligkeiten packen – und das Haus verlassen. Gutachten hatten ergeben, dass sich in dem Gebäude Risse gebildet hatten und es somit nicht mehr standsicher sei. Die Feuerwehr und Mitarbeiter der Stadt rückten an, um darauf zu achten, dass die Mieter das Haus zügig verlassen. Seitdem ist die Immobilie gesperrt.
„Die Risse gibt’s schon seit Jahren, man konnte sie sogar im Treppenhaus sehen“, beschreibt Rita Maaßen. Sie musste zunächst ins Hotel ziehen. Andere Nachbarn sind bei Freunden untergekommen. „Ich habe einfach ein paar Sachen gegriffen. Eine Schachtel Zigaretten, einen USB-Stick, ein paar Klamotten“, erklärt Dirk Latta. In aller Eile konnte Ulrich Mattull nur drei Plastiktüten packen. Katrin Petri ergänzt: „Ich fühle mich als Duisburgerin getreten. Hier wird für Düsseldorfer gebaut. Wir haben hier gerne gewohnt. Wir hatten eine tolle Hausgemeinschaft, das zeigt sich auch jetzt.“
Seit Besitzer-Wechsel vor zwei Jahren keine Investitionen mehr
Vor zwei Jahren wechselte das Appartement-Haus allerdings den Besitzer. Seitdem sei nichts mehr investiert worden. Schlimmer noch: „Das war die reinste Schikane. Das Schloss in der Haustür wurde ausgebaut“, berichtet Stefan Zander. Nach und nach hätten die Mieter die Kündigung bekommen. Einige der 21 Mietparteien sind darauf hin bereits ausgezogen, doch die Kündigungen waren unwirksam. Das bestätigt auch der Mieterschutzbund, von dem sich Katrin Petri und Stefan Zander vertreten lassen. Zander und die anderen blieben standhaft, wollten sich in Ruhe etwas Neues suchen.
In der obersten Etage hatte auch die Firma Blankbau ein Büro angemietet. Blankbau entwickelt das Quartier Wilhelmshöhe. Gleichzeitig ist Blankbau-Geschäftsführer Volker Flemming auch Sprecher vom Hausbesitzer Dieter Schwerin. „Es war von vorneherein klar, dass das Haus abgerissen werden muss.“ Wegen der Hanglage hätte sich das Gebäude gesenkt, seien immer neue Risse entstanden. Die Renovierung würde das Dreifache eines Neubaus kosten. „Die Mieter sind frühzeitig informiert worden und konnten auch an den Begehungen teilnehmen.“ Alle zwei Monate habe es neue Begehungen gegeben. „Wir sind selbst überrascht, wie schnell es jetzt gehen musste“, so Flemming. Der Abriss sei aber unabhängig von der Entwicklung des Nachbargrundstücks. Vielmehr solle nach Fertigstellung der Wilhelmshöhe nebenan neu gebaut werden.
„Wenn ich mir die Gebaren von Blankbau anschaue, würde ich mir schwer überlegen, ob ich dort etwas kaufe“, kommentiert Peter Heß, Geschäftsführer des Mieterschutzbundes. Zum Glück sei es ein Einzelfall, bei dem der Besitzer so rigoros vorgehe. „Essen, trinken und wohnen sind Grundbedürfnisse. Das setzt den Menschen zu, wenn ein Kündigungsschreiben kommt.“ Seriöse Unternehmen, „bei denen auch Moral und Gepflogenheiten zählen“, würden den Mietern Wohnungsangebote unterbreiten. Teilweise würde auf die letzte Miete verzichtet oder sogar Schadensersatz gezahlt. Da allerdings ein Gutachten vorlag, dass das Haus umgehend geräumt werden müsse, sei der Eigentümer nach aktueller Rechtslage davon entbunden. Die Mieter suchen deshalb nach Fehlern im Gutachten, um vielleicht doch noch Schadensersatz zu bekommen.
In der kommenden Woche dürfen sie noch einmal ins Haus, um alles auszuräumen. Einmal ist der Termin bereits verschoben worden, eine weitere „Schikane“. „Wir waren im Urlaub, Freunde standen parat, und dann wurde ein paar Tage vorher der Termin abgesagt“, so Katrin Petri. Sie und die anderen fühlen sich „heimatlos.“