Duisburg. . Konzerte in wechselnder Besetzung begeistern die Musiker und das Publikum in Meiderich; auch wenn eine Metal-Band plötzlich poppig klingt.
- Vor 25 Jahren gründete Peter Bursch das Festival „Euro Rock“, bei dem junge Musiker aus vier Nationen spielen
- Einmal im Jahr treffen sich die Bands in Duisburg und führen ein Leben „wie auf einer Tour“
- Am Wochenende gab’s ein Konzert im Parkhaus Meiderich – im September wird das Jubiläum noch einmal gefeiert
Die Berliner Mauer ist gefallen, Deutschland gerade wiedervereinigt, der Kalte Krieg endlich vorbei. Europa wächst zusammen. Doch der Duisburger Musiker Peter Bursch merkt, dass „die Jugendlichen die alten Grenzen immer noch fürchten“. Sie trauen sich nicht, findet er, Europa und seine Kulturen kennenzulernen, wie er es früher gerne gedurft hätte. Das will Bursch 1992 ändern, mit Musik. Daher ruft er das Projekt Euro Rock ins Leben. Inzwischen besteht es seit 25 Jahren und der nun 68-jährige Bursch ist sicher: „Es gibt nichts, das Menschen so vereint wie die Musik.“
Hoffnung bleibt, dass Europa enger zusammenwächst
An dieses Credo denkt er auch am Wochenende, als er auf die Konzertbühne in Meiderich blickt, wo gleich vier Bands aus Duisburg, Portsmouth, Calais und Nimwegen die Stimmung im Parkhaus zum Kochen bringen wollen. Über die Jahre hat sich Euro Rock allerdings verändert. Anfangs, in den 1990er Jahren ging es darum, Europa zu feiern. Jetzt will Bursch mit seinem Projekt Europa verteidigen. „Früher waren wir nicht wirklich politisch, aber jetzt wollen wir den Brexit kippen.“ Auch Gitarrist Max Krüger (24) von der Duisburger Band Aëdon unterstützt das: „Durch den Brexit werden uns unsere englischen Freunde genommen und ihnen viele Möglichkeiten. Das macht mich sauer.“ Er möchte jedoch auch die positive politische Aussage des Abends unterstreichen: „Duisburg ist eine tolerante Stadt.“ Und ihm bleibt die Hoffnung, dass Europa wieder enger zusammenwächst.
Vicky Halliday, die seit 2011 als ehrenamtliche Betreuerin aus Portsmouth das Projekt begleitet, hält sich bei der Politik dagegen lieber zurück. Zwar würde das Erstarken europafeindlicher Parteien die Jugendlichen beschäftigen, doch ein Beschluss, den Brexit umzukehren, sei nicht gefasst worden. „Natürlich ist jeder von ihnen ein riesiger Fan der Europäischen Union“, sagt Halliday. Aber für sie geht es beim Euro Rock nicht um Politik, sondern um Freundschaft. „Hier wachsen alle schnell zu einer Familie zusammen. Wer aus welchem Land kommt, ist dabei ruckzuck vergessen.“ Tatsächlich wirken die jungen Musiker im Parkhaus wie ausgelassene Freunde, obwohl sie nur eine Woche zusammengelebt haben. Wenn sie selbst gerade nicht auf der Bühne stehen, sind sie auf der Tanzfläche und feiern den Auftritt der anderen. Das liegt auch am Konzept, weiß Peter Bursch. „Die Jugendlichen werden spontan zu neuen Bands zusammengewürfelt und müssen in kürzester Zeit eigene Songs schreiben. Sie bekommen aber auch sofort Erfolgserlebnisse.“ Das schweißt zusammen, bevor sie unter Tränen wieder auseinandergehen.
Telefonnummern getauscht
Jetzt ist aber erstmal Rock ‘n’ Roll. „Das ist hier wie das Leben auf Tour“, sagt Max Krüger nach seinem Auftritt mit Aëdon. „Wir spielen jeden Tag Musik und gehen an unsere körperlichen Grenzen.“ Zwar sei Aëdon 2017 schon gut unterwegs gewesen und habe mit ihrem Meldodic Rock über 30 Gigs gespielt. Doch am Euro Rock teilnehmen zu können, sei eine intensive und wichtige Erfahrung. „Die Kontakte, die wir geknüpft haben, werden bleiben“, sagt Sänger Simon Gatzka (22). Alle Teilnehmer haben ihre Telefonnummern ausgetauscht, und die Duisburger sind zum Release-Konzert der niederländischen Band Foxlane eingeladen. Zuvor will Max Krüger aber mit seiner Euro-Rock-Formation auftreten. „Ich komme aus dem Metal, wollte hier aber etwas Poppiges ausprobieren.“ Das bedurfte einiger Überzeugungskraft, doch letztlich fanden seine neuen Bandmitglieder die Idee gut. Herausgekommen ist eine Mischung aus „Metallica und Christina Aguilera. Gesungen wird auf Französisch.“ Bei allen acht Gigs ist die Stimmung durchweg super.