Duisburg/Oberhausen/Mülheim. . Die Verfahren am Sozialgericht in Duisburg sind mit einem Plus von 6,3 Prozent erneut deutlich angestiegen. Viele Fälle im Hartz IV-Bereich.
- Das auch für Oberhausen zuständige Sozialgericht in Duisburg zählte 2017 insgesamt 13.343 Verhandlungen
- Das ist ein deutliches Plus von 6,3 Prozent und ein neuer Höchststand
- Nach wie vor machen Streitfälle im Hartz IV-Bereich mit gut 42 Prozent einen Großteil der Eingänge aus
Die Klagen nehmen nicht ab: Das Sozialgericht Duisburg hat sich im vergangenen Jahr erneut mit mehr Streitfällen beschäftigen müssen als zuvor. Die Zahl der Verfahren ist um 6,3 Prozent gestiegen und hat mit 13.343 Fällen, darunter sind 1632 Eilanträge, einen neuen Höchststand erreicht. Nach wie vor machen die Verfahren im Hartz IV-Bereich mit gut 42 Prozent einen Großteil der Eingänge aus. „Eigentlich“, so sagt Ulrich Scheer, Präsident des Sozialgerichtes, „haben wir damit gerechnet, dass das im zwölften Jahr nach der Einführung von Hartz IV abnimmt. Aber das Gegenteil ist der Fall.“
Allerdings müsse man die Fallzahlen differenziert sehen. Denn vor allem in den Städten Duisburg und Essen, für die das Sozialgericht neben Mülheim, Oberhausen und den Kreisen Kleve und Wesel zuständig ist, gebe es häufiger Probleme mit dem Jobcenter. Ein Grund seien rund 80 Gesetzesänderungen, die es seit der Einführung von Hartz IV gegeben hat.
Die Fälle werden komplexer und schwieriger
„Der SGB II-Bereich ist ein lebendiges Rechtsgebiet“, sagt Ulrich Scheer. Nach wie vor geht es zumeist um die Frage eines angemessenen Wohnraums für Hartz IV-Empfänger. „Wie hoch darf die Miete sein, was wird vom Jobcenter übernommen?“ Es sind einige Faktoren, die dazu führen, dass die Jobcenter „jährlich Millionen neue Bescheide“ verschicken, erklärt Scheer. Der Wohnraum wird teurer, Lebenssituationen verändern sich. Manchmal sind es auch Fälle, die in kein Schema passen. Was ist, wenn es zeitlich eingeschränkte Bedarfsgemeinschaften gibt, wenn das Kind von getrennt lebenden Eltern regelmäßig eine Woche bei der Mutter und eine bei dem Vater lebt? In den Ferien es aber ganz anders aussieht? „Was ist mit dem Wohnraum? Gibt es zwei Kinderzimmer? Was ist mit den Fahrtkosten, wenn die Eltern in zwei Städten leben? Es gibt eine Vielzahl von Fragen“, nennt Markos Uyanik, Richter und Pressesprecher am Sozialgericht, nur ein Beispiel, das zeigt, wie komplex Fälle mitunter sind.
Über die Hälfte aller Klageverfahren hat das Sozialgericht in weniger als zwölf Monaten entschieden, bei den Eilverfahren sind es im Schnitt sechs Wochen. Die 41 Richter am Sozialgericht erledigen pro Jahr im Schnitt jeweils über 400 Fälle. „Damit liegen wir landesweit mit an der Spitze. Die Belastung für die Richter nimmt mit den steigenden Verfahren zu“, sagt Ulrich Scheer. Und das auch , weil die Fälle schwieriger geworden seien.
Viel Zeit kostet die Ermittlungsarbeit
Für immer mehr Verfahren müssen Zeugen vernommen und Gutachten eingeholt werden. Das kostet Zeit – auch im Bereich der Rentenversicherungen. Nach Betriebsprüfungen durch den Träger der Rentenversicherung werden von den Unternehmen nicht selten mehrere hunderttausend Euro an Beiträgen zur Sozialversicherung nachgefordert. „Oftmals steht hier die Existenz von Unternehmen auf dem Spiel“, erklärt Scheer.
Mit zum Anstieg der Klageverfahren habe auch geführt, dass EU-Ausländer vermehrt Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht haben. In Duisburg sind dies vor allem Bulgaren und Rumänen. „Auch wenn der Gesetzgeber mittlerweile reagiert hat und einen Anspruch auf Sozialhilfe grundsätzlich ausschließt, ist aber angesichts vieler Bestandsfälle nicht mit einer Entlastung zu rechnen“, sagt Ulrich Scheer, der sich oft „klarere Vorgaben des Gesetzgebers“ wünscht.
Die Renovierung des Gebäudes ist noch unklar
Nach wie vor unklar ist, wann das Gebäude des Sozialgerichts renoviert wird. Das Landesbehördenhaus an der Mülheimer Straße ist aus den 50er Jahren und müsste nicht nur modernisiert, sondern vor allem auch barrierefrei umgebaut werden.
Schon vor einem Jahr beklagte Ulrich Scheer, Präsident des Sozialgerichts, den Zustand des Gebäudes. Der Vermieter, der landeseigene Baubetrieb NRW (BLB), habe eine finanzielle Beteiligung an den Kosten von 1,8 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Die Gespräche mit dem Justizministerium laufen noch.