Duisburg. . Gut 40 Prozent aller pflegebedürftigen Duisburger werden daheim gepflegt. Wohlfahrtsverbände fordern neue Wege in der ambulanten Pflege.

  • Gut 40 Prozent aller pflegebedürftigen Duisburger werden von ihren Angehörigen daheim gepflegt
  • Die Wohlfahrtsverbände fordern neue Konzepte und mehr Planungssicherheit für die ambulante Pflege
  • In Duisburg müssten Tausende Pflegekräfte in den kommenden Jahren mehr eingestellt werden.

Die gute Nachricht vorweg: Die Pflegesituation in Duisburg ist vergleichsweise gut. Darüber sind sich die großen Träger Duisburger Pflegeeinrichtungen einig, wie sie der NRZ im Rahmen der Serie „Pflege daheim“ sagten. Wenn Not am Mann ist, gebe es genügend freie Pflegeplätze. „Es bekommt nicht jeder heimatgebunden sofort einen Platz in dem Pflegeheim seiner Wahl, aber zumindest kann ihm geholfen werden“, erklärt Bettina Vootz, Geschäftsbereichsleiterin Seniorenzentren der AWOcura.

Laut Pflegereport der Barmer sind in Duisburg rund 2,23 Prozent der Einwohner pflegebedürftig mit einem Pflegegrad, 2011 waren es noch 2,15 Prozent. Doch Pflege in Duisburg ist zum großen Teil Familiensache. 40,18 Prozent der Betroffenen werden von Familienangehörigen gepflegt. Um knapp 31 Prozent der pflegebedürftigen Menschen kümmern sich ambulante Pflegedienste und 26,86 Prozent werden in vollstationären Einrichtungen (Pflegeheimen) betreut. Die restlichen 1,64 Prozent der pflegebedürftigen Duisburger leben in Behinderteneinrichtungen.

Massive Probleme in den nächsten 15 Jahren

In den vergangenen Jahren habe sich aber die Situation in vielen Pflegebereichen erheblich verbessert. „Die stationäre Altenhilfe ist in den vergangenen zehn Jahren viel sensibler geworden. Parkinson – und Schlaganfallpatienten werden heute viel zielgerichteter betreut. Auch im Palliativbereich gibt es mittlerweile eine ambulante Spezialbegleitung“, erzählt Jochen Schrey, Bereichsleiter Wohnen und Pflegen der Malteser. Zudem seien die Träger miteinander gut vernetzt und kooperierten miteinander.

Doch damit hört die Duisburger Positivliste auch auf. „Wir bekommen in den nächsten zehn bis 15 Jahren massive Probleme auf dem Pflegesektor. Es wird einen immensen Zustrom an pflegebedürftigen Menschen geben, der nicht bewältigt werden kann“, erläutert Ullrich Christofczik, Vorstand des evangelischen Christophoruswerks unter Bezugnahme auf den Pflegereport 2030 der Bertelsmannstiftung. Die hat für alle deutschen Kommunen demografisch anhand der Bevölkerungsstatistik ausgerechnet, wie viele Menschen im Jahr 2030 pflegebedürftig sein werden und wie viel Personal dafür abgestellt werden muss.

Die ambulante Pflege muss neue Wege gehen

Die Perspektive ist düster. Laut Bertelsmann fehlen in zehn Jahren rund 500.000 Vollzeit-Pflegekräfte in Deutschland. In Duisburg müssten Tausende Pflegekräfte in den kommenden Jahren mehr eingestellt werden. „Das sind alles Zahlen, die seit Jahren bekannt sind, aber die Kommune tut so, als ob das nicht ihre Aufgabe ist“, kritisiert Christofczik. Er und seine Kollegen wünschen sich mehr Planungssicherheit, mehr Konzepte und konkrete Zusagen der Stadt für den Ausbau lokaler Pflegemöglichkeiten.

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„Wir brauchen bessere Lebensbedingungen vor Ort. Die ambulante Pflege muss neue Wege gehen, um in Zukunft vernünftig arbeiten zu können“, sagt Bettina Vootz von der AWO. Sie wünscht sich eine enge Gemeinschaft im Wohnviertel, für die es eine Selbstverständlichkeit sein muss, auch auf die Schwachen und Alten zu achten. „So etwas wie die frühere Gemeindeschwester wäre toll“, sagt sie. Aber davon ist man derzeit meilenweit entfernt.

Wegweiser für die Angehörigen:

27 Prozent der Duisburger Bevölkerung sind über 60 Jahre alt. Ende 2015 hatten 131.550 Einwohner über 60 Jahre ihren Hauptwohnsitz in Duisburg angemeldet. Von 112.203 Einpersonenhaushalten in Duisburg (in 2015) fallen rund 42.908 Haushalte auf Personen über 60 Jahre und älter. Senioren in Heimen gehören hier nicht dazu.

40,18 Prozent der pflegebedürftigen Duisburger werden von Familienangehörigen betreut. Rund 70 Pflegedienste arbeiten in Duisburg in den verschiedenen Stadtteilen. Eine Liste gibt es unter http:/senioren.duisburg.de. Bei der Auswahl ist zusätzlich zur Ortsnähe zu beachten, dass einige Dienste sich auf Palliativpflege, Demenz – und Intensivpflege sowie Wundmanagement und die Betreuung von pflegebedürftigen Menschen mit Migrationshintergrund spezialisiert haben.

Broschüre: „Älter werden in Duisburg“

Ein Wegweiser zum Thema Senioren oder zu allen Aspekten der Pflege ist die Broschüre „Älter werden in Duisburg“. Das Buch wird momentan überarbeitet und wird in aktualisierter Form voraussichtlich ab April kostenlos in allen Bürgerämtern ausliegen. Auch im Internet ist es als Download unter http:/senioren.duisburg.de abrufbar.

Die  Broschüre „Älter werden in Duisburg“ wird neu aufgelegt.
Die Broschüre „Älter werden in Duisburg“ wird neu aufgelegt. © Lars Heidrich

Eine ortsteilnahe Senioren- und Pflegeberatung gibt es in allen 23 Duisburger Begegnungs- und Beratungszentren (BBZ) der Wohlfahrtsverbände AWO, Caritas, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie und der Paritätischen Wohlfahrtsverbände. Genaue Adressen gibt es bei der Stadtverwaltung unter Call Duisburg, 0203 94 000.

DVG-Begleitservice für Busse und Bahnen

Ferner sind auch die Pflegekassen gesetzlich dazu verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen eine persönliche Pflegeberatung durchzuführen. Die kann telefonisch, aber auch in den eigenen vier Wänden erfolgen. Wer privat versichert ist, sollte sich telefonisch mit seiner Krankenkasse in Verbindung setzte, die diese Dienste ebenfalls anbietet.

Mit dem DVG Begleitservice können mobilitätseingeschränkte Fahrgäste sicher an ihr Ziel. Die DVG Mitarbeiter holen die Person an der Haltestelle oder auch zu Hause ab und begleiten sie sicher bei ihrer Fahrt im Bus oder in der Bahn. Den Termin und die Uhrzeit nimmt die DVG – Servicezentrale in der Zeit zwischen 8 und 14 Uhr unter 0203 604 45 85 entgegen.

Sportangebote für Senioren

In Duisburg gibt es viele verschiedene Sportangebote speziell für ältere Menschen. Sie werden von der Volkshochschule, Bildungsstätten und Bildungswerken, von den Begegnungs- und Beratungszentren und Seniorentreffs, von Sportvereinen und vielen anderen Einrichtungen veranstaltet. Oftmals lohnt es sich auch, bei den Krankenkassen nach einem möglichen Zuschuss für altersgerechte Sportangebote und Präventionskurse zu fragen.

Für ältere Menschen mit Zuwanderungsgeschichte hat die Kommunale Gesundheitskonferenz unter www.gesundheitswegweiser-fuer-migrantinnen-und-migranten.de einen Wegweiser für Zuwanderer eingerichtet. Wer sich beispielsweise über Ärzte, Hebammen, Psychotherapeuten, Pflegedienste oder Pflegeheime etc. informieren möchte, findet dort muttersprachliche Ansprechpartner. Beraten wird in den Sprachen Arabisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Kurdisch, Polnisch, Russisch, Serbisch/Kroatisch und Türkisch.

61 Pflegeheime und Kurzzeitpflegeeinrichtungen

Wenn es mit der Pflege daheim nicht mehr funktioniert oder auch kurzzeitig eine stationäre Pflege erforderlich ist, bieten 61 Pflegeheime und Kurzzeitpflegeeinrichtungen in Duisburg eine Möglichkeit der Unterbringung. Darunter eine Pflegeeinrichtung für gehörlose Menschen, sechs Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz, zwei Einrichtungen für jüngere Pflegebedürftige und ein Pflegeheim für Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen und somit erhöhtem Pflegebedarf. Infos und Adressen: http:/senioren.duisburg.de.